Deutscher Sportbund kritisiert "Zweckentfremdung" von Turnhallen

von Robert Braumann


In ganz Niedersachsen werden Flüchtlinge in Turnhallen untergebracht. Der Deutsche Sportbund kritisiert das. Wie sieht die Situation in Braunschweig aus? Symbolbild: A. Donner
In ganz Niedersachsen werden Flüchtlinge in Turnhallen untergebracht. Der Deutsche Sportbund kritisiert das. Wie sieht die Situation in Braunschweig aus? Symbolbild: A. Donner | Foto: Anke Donner



Braunschweig. Der Deutsche Sportbund hat in einem Positionspapier gefordert, dass man Turnhallen nur noch im absoluten Notfall für Flüchtlinge bereitstellen sollte. Die Vereine würden große Integrationsarbeit leisten und wären durch eine "Zweckentfremdung" der Sportstätten unter Druck, da die Hallenzeiten schlichtweg fehlen würden. Norbert Rüscher, Vizepräsident des Stadtsportbundes Braunschweig, sagt, dass man hinter die Positionspapier stehe. Allerdings sei die Situation in Braunschweig nicht als so dramatisch anzusehen.

Dadurch, dass in Braunschweig die LAB ihren Standort hat, ist die Stadt nicht verpflichtet Flüchtlinge dauerhaft aufzunehmen (ausgenommen unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge). Nur in absoluten Notfallsituationen müssten Sporthallen genutzt werden, um Asylbewerber wenige Tage unterzubringen, so Rüscher (regionalBraunschweig.de berichtete). Dazu ist die Halle auf dem Gelände der LAB momentan zur Unterbringung genutzt. "Die voraussichtliche Beeinträchtigung in Braunschweig wird sich nach aktueller Sicht in Grenzen halten und nicht so hoch ausfallen, andere Städte haben damit viel mehr zu kämpfen", sagt der Vize-Präsident. Man sei noch in einer vergleichbar komfortablen Situation. Doch in die Zukunft könne auch er nicht schauen, sollte es wider erwarten dazu kommen, dass immer mehr Hallen "Zweckentfremdet" werden, würde man dies auch kritisch hinterfragen. Es sei nachzuvollziehen, dass man in erster Linie auf öffentliche Gebäude zugreifen würde, doch irgendwann müsse vielleicht auch ein Umdenken stattfinden und Baumärkte oder ähnliches ins Visier genommen werden, meint Rüscher. Natürlich nur nach vorheriger Sanierung. Die Sportvereine seien ein Ort an dem Flüchtlinge integriert werden könnten. Nehme man ihnen die Sportstätten, gerate auch die Integration ins Stocken "Da beißt sich die Katze selbst in den Schwanz", so Rüscher.

Gemeinsam ein Angebot bieten


In Braunschweig würde man sich hauptsächlich um die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, die dauerhaft in der Stadt blieben, kümmern können. Die verschiedenen Vertreter (Stadt, Freiwilligen Agentur, Stadtsportbund, Schulen, etc.) würden schon Koordinierungsgespräche führen, um gemeinsam vernünftige Angebote bieten zu können. Das Ganze soll auch mit regionalen Partner abgestimmt werden, um Synergien nutzen zu können. "Willkommen im Fußball" sei ein erster guter Schritt, so der Vize-Präsident.

Im Positionspapier des Deutschen Sportbundes finden sich folgende Punkte:
Die Belegung von Sporthallen mit Flüchtlingen und Asylsuchenden darf nur eine Notlösung sein. Sporthallen sind Sport- und Integrationsräume gleichermaßen und als Massenunterkünfte nicht geeignet. Bundes- und landeseigene sowie kommunale leerstehende Liegenschaften sind unbürokratisch zur Verfügung zu stellen, um die Belegung von kommunalen und vereinseigenen Sporthallen zu vermeiden. Die Forderungen im Einzelnen:

Wenn Kommunen oder Landkreise als Notlösung auf Sporthallen zurückgreifen,  dann müssen Vereine hierüber rechtzeitig informiert werden, damit sie die Möglichkeit erhalten, auf die Situation angemessen zu reagieren,  dann muss es auch Aufgabe der Kommunen sein, die daraus entstehenden Engpässe für Sportvereine gemeinsam mit diesen zu bewältigen,  dann muss die Nutzungsdauer auf das absolut unvermeidbare Maß beschränkt werden,  dann muss die Aufrechterhaltung des lokalen Trainings- und Wettkampfbetriebs ein Kriterium bei der Hallenauswahl sein.

Wenn Sportvereine und -verbände vereinseigene Sportanlagen zeitweise zur Unterbringung von Flüchtlingen und Asylsuchenden zur Verfügung stellen, dann dürfen hieraus keine steuerlichen oder gemeinnützigkeitsrechtlichen Nachteile für sie entstehen.

Wenn dadurch Sportangebote zeitweise nicht mehr aufrechterhalten werden können, dann darf den Vereinen daraus kein wirtschaftlicher Schaden entstehen.

Fördermittel aus dem Bundesprogramm „Integration durch Sport“ müssen von Vereinen unbürokratisch und für alle Menschen, mit denen sie arbeiten, eingesetzt werden können. Eine Unterscheidung von Menschen mit und ohne Bleibeperspektive oder von Menschen aus sicheren und nicht sicheren Herkunftsländern kann nicht Aufgabe ehrenamtlicher Vereinsmitarbeiter/-innen sein.

Angesichts des großen Zuwachses an Flüchtlingen und Asylsuchenden und der Aufgaben ihrer mittelund langfristigen Integration sind die Mittel des Bundesprogramms „Integration durch Sport“ signifikant zu erhöhen.

Die Länder müssen angesichts der anstehenden Aufgaben und des Integrationspotentials der Sportvereine eigene Förderprogramme auflegen. Die anstehenden Aufgaben können nicht allein durch ehrenamtliches Engagement bewältigt werden. Daher muss neben der direkten Vereinsförderung auch der Einsatz bezahlter Mitarbeiter/-innen auf lokaler Ebene ermöglicht werden, um die Vereine in ihrer Integrationsarbeit zu unterstützen.

Sportvereine bieten unverzichtbare Integrationsmöglichkeiten. Die Grundlage dafür sind geeignete Sporträume. Diese müssen in ausreichender Quantität und Qualität zur Verfügung stehen.




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