Braunschweig. Eine Kundin betritt eine Apotheke, verwirrt die anwesenden Kolleginnen völlig, rennt ins Büro und zeigt dort mehrfach ihren Hintern, tauscht eine Salbe um, nur um sie dann doch zu kaufen und am Ende fehlen 300 Euro. Klingt verwirrend, aber genau das ist am vergangenen Mittwoch gegen 18:15 Uhr in der Apotheke am Botanischen Garten in Braunschweig passiert. Tatsächlich ist die seltsame Masche der Diebin kein Einzelfall - Sie schlug schon mehrfach zu. Bislang hauptsächlich in NRW.
Rita Lindemann (Name geändert) arbeitet als Apothekerin. Sie ärgert sich darüber, so hintergangen worden zu sein. Um 18:15 Uhr war es nur noch eine Viertelstunde bis Geschäftsschluss, als die spätere Diebin den Laden betrat und nach Paracetamol fragte. Sie bezahlte drei Euro und packte die Tabletten ein. "Danach hat sie auf ihren Popo gezeigt und rief 'Infektion', und hat in den hinteren Bereich der Apotheke gezeigt. Sie wollte die Hose schon vorn herunterlassen", erzählt Lindemann. Eigentlich wollte sie die Dame in den Beratungsraum bringen, an dem rannte sie jedoch schnurstracks vorbei und zog in den Büroräumen im hinteren Teil der Apotheke blank. "Ich hab sie dann ganz schnell wieder nach vorne geholt und ihr eine Creme herausgesucht, die sie auftragen kann", berichtet Lindemann weiter. Die Salbe habe sie dann mit einem 200-Euro-Schein bezahlt und fing plötzlich an, nach Antibiotikum zu fragen. "Sie bestand darauf. Als ich verneinte, zeigte sie wieder auf ihren Hintern, dass das doch so dolle weh tut." Dabei habe die Frau ständig auf die Schränke mit den Verschreibungspflichtigen Medikamenten gezeigt.
Salbenkauf, die Zweite
Lindemann machte ihr klar, dass sie dafür ein Rezept vom Arzt brauchte - woraufhin sie die Salbe plötzlich nicht mehr haben wollte. Die Apothekerin wickelte den Umtausch ab und gab ihr ihren 200-Euro-Schein zurück, als die aufgebrachte Kundin plötzlich eine andere, etwas ältere Kollegin im hinteren Bereich erblickte und rief: "Madame, Doktor, Doktor!" Auch die Kollegin war kein Arzt, Lindemann holte sie dennoch nach vorne, falls es helfen sollte, die Frau zu beruhigen. Diese hatte jedoch anderes im Sinn: "Plötzlich stand sie wieder hinten im Backoffice bei der Warenannahme und ließ die Hose runter." Die beiden hätten versucht ihr zu erklären, dass die ältere Kollegin erstens keine Ärztin ist und zweitens wo sie einen Arzt finden könnte. "Dann lief sie noch ein paar Mal um den Tresen herum und hat auf verschiedene Medikamente gezeigt. Als wir ihr erklärt haben, dass das auch keine Antibiotika sind, wollte sie die Salbe wiederhaben", erklärt Lindemann. Also legte sie wieder den 200-Euro-Schein in die Kasse, gab das Wechselgeld und die Salbe heraus. Die Kundin verließ den Laden.
Plötzlich fehlten 300 Euro
Dass etwas nicht stimmte, sei sofort aufgefallen. Nicht nur der 200-Euro-Schein war offensichtlich weg, insgesamt hatte die Diebin ganze 300 Euro erbeutet. Wie genau, wisse auch die Polizei nicht: "Die Frage, die offen ist, hat sie es geschafft, die Angestellten bei der Herausgabe des Wechselgeldes so weit zu verwirren, dass sie den falschen Betrag herausgegeben haben oder hat sie irgendwann in die Kasse gegriffen? Beides ist gut möglich, aber wir wissen noch nicht, welche Variante sie angewendet hat", erklärt Dirk Oppermann, Sprecher der Polizei Braunschweig im Gespräch mit regionalHeute.de. Lindemann könne dies ausschließen: "Naja, selbst wenn ich den falschen Betrag herausgegeben hätte - Der 200-Euro-Schein war ja weg. Den habe ich ja nicht herausgegeben."
"Sehr großer, weißer Hintern gesucht"
Bei dieser "Masche", die man laut Oppermann durchaus als solche bezeichnen könne, handelt es sich nicht um einen Einzelfall. Die Polizei Märkischer Kreis suchte im Mai bereits per Facebook unter den prägnanten Überschrift "Sehr großer, weißer Hintern gesucht" nach einer kleinen, korpulenten Frau die in einer Apotheke in Hemer mit nahezu der gleichen Taktik Beute machen wollte. Weitere ähnliche Fälle seien aus Berlin und Iserlohn bekannt. Ob es sich tatsächlich um die gleiche Täterin handele, könne Oppermann weder bestätigen, noch ausschließen. Die Ermittlungen hierzu laufen jedoch. Der Polizeisprecher meint auch: "Es kann natürlich auch sehr gut sein, dass jemand genau diese Pressemeldung gesehen hat und sich gesagt hat: 'Hey, das probiere ich auch!'" Auch die Zeitung "Apotheke-Adhoc" hatte schon über die Fälle berichtet. Diese verlieh der Täterin auch den Namen "Popo-Diebin".
"Ich wollte einfach nur helfen"
Lindemann beschäftigt der Fall noch immer: "Ich wollte einfach nur helfen. Dass sie mich da so überrumpelt hat, dass sie mich so wuschig gemacht hat in meinem Beruf ärgert mich tierisch." Sollte noch einmal eine solche Situation zustande kommen, würde sie gleich eine andere Kollegin nach vorne holen. "Wir sind immer zu zweit", erklärt Sie. Davon auch Gebrauch zu machen, würde sie auch anderen Apotheken raten.
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