Ein Leben nach dem Tod - das sagt die Wissenschaft


Passie, Beckermann, Biegel und Sonnek (von links), Foto: Gerd Sonnek
Passie, Beckermann, Biegel und Sonnek (von links), Foto: Gerd Sonnek



Braunschweig. Die große Aula im Haus der Wissenschaft platzte aus allen Nähten, als am schönen Frühlingsabend des 9. Mai zwei Experten über Nahtoderfahrungen diskutierten. Junge und alte Menschen waren gekommen, um von wissenschaftlicher Seite zu erfahren, ob sich ihre Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod bestätigen ließ.

Das hängt von der Perspektive ab, erklärte Professor Beckermann und nannte die Philosophen Platon und Descartes als Vertreter eines dualistischen Standpunktes. Der besagt, dass Leib und Seele getrennt voneinander existieren. „Nicht ich liege im Grab und vermodere“, sagte Sokrates, „sondern nur mein Körper.“ Er selbst, Ansgar Beckermann, könne sich eine körperlose Existenz des Geistes aber nicht vorstellen. Auch in der 4. Folge der Wissenschaftsreihe MATERIE UND GEIST versuchten die Veranstalter KOLLEG 88 und Institut für Braunschweigische Regionalgeschichte, uralte Fragen der Menschheit mit aktuellen Sichtweisen in Einklang zu bringen. Eingeladen waren diesmal der Psychiater Torsten Passie von der Harvard Medical School, international bekannter Experte für veränderte Bewusstseinszustände, und der Philosoph Ansgar Beckermann von der Uni Bielefeld. Auch Professor Passie meinte, dass Geist nur in Verbindung mit dem Gehirn existieren könne. Neue Forschungen hätten zwar verblüffende Übereinstimmungen in der Schilderung von klinisch toten Patienten ergeben, die aus der Vogelperspektive ihre Reanimation „gesehen“ hatten, aber die Ergebnisse seien immer noch umstritten. Passie kam zu dem Schluss, dass es sich um Halluzinationen handelt, die evolutionär bedingt seien und einen Überlebensvorteil bieten. Schon bei den Affen setze dieser Notfallmechanismus ein, wenn sie vom Baum fallen.

Aus dem Publikum kam der Einwand, dass die Inhalte des Denkens eine eigene Existenz besitzen, da der Geist anderen Regeln folgt als die Materie. Das Gehirn bringt ihn zwar hervor, aber wenn er einmal da ist, konstruiert er komplizierte Gedankengebäude wie die englische Grammatik oder das kleine Einmaleins. Die könnten im Gehirn nicht gefunden werden. Der berühmte Gehirnforscher John Eccles hätte es auf den Punkt gebracht: „Der Geist spielt auf dem Gehirn Klavier!“ Damit spiegelte diese Braunschweiger Podiumsdiskussion genau die internationale Situation: Es gibt materialistische und dualistische Ansätze, aber immer noch keine Beweise. Wie Kant schon sagte: „Die Unsterblichkeit der Seele kann nicht nachgewiesen werden, aber ebenso wenig das Gegenteil. Deshalb dürfen wir hoffen.“