Ein Zufluchtsort, wenn es zuhause kracht

von Christina Balder




Braunschweig. Das Kinder- und Jugendschutzhaus in Ölper feiert heute sein 30-jähriges Bestehen. Dort bekommen Kinder die Ruhe, die es zuhause nicht gibt. Damit ist die Einrichtung der Stadt Braunschweig ein wichtiger Schutzraum für Minderjährige, der seit ein paar Jahren immer wichtiger wird.

Es gibt Momente, da hält man es als Kind zuhause nicht mehr aus. Gemeint sind nicht die Momente, wo Mama und Papa einfach nerven, weil der neue Freund noch nicht über Nacht bleiben darf. Gemeint sind solche, wo Mama oder Papa zuschlägt, wo Eltern über ihre Sucht ihre Kinder vergessen oder wo sie überfordert sind mit dem kleinen Menschen, der auch bei ihnen wohnt und der so viele Bedürfnisse  hat, die so schwer zu stillen sind.



In solchen Momenten öffnen die Mitarbeiter des Kinder- und Jugendschutzhauses Ölper die Haustür. 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche sind sie da und bieten einen Zufluchtsort für diese Kinder, die sich anders nicht mehr zu schützen wissen. Seit 30 Jahren tun das die Pädagogen, heute unter der Leitung von Heike Stappmanns, in der Celler Heerstraße in Ölper, in einem Haus mit zehn Betten für Kleinstkinder bis Jugendliche kurz vor ihrem 18. Geburtstag. Die Schützlinge bleiben so lange, bis der Konflikt, unter dem sie leiden, gelöst ist. Das dauert im Schnitt 18 bis 21 Tage, sagt Susann Vollmer, Teamleiterin im Fachbereich Kinder, Jugend und Familie der Stadt. Wenn sich die Situation zuhause sich gebessert hat, und dafür sorgen die Mitarbeiter des Hauses gemeinsam mit den Eltern, können die Kinder wieder zurück. "Mehrfachbesuche sind aber durchaus an der Tagesordnung", sagt Norbert Winkler, Leiter des Fachbereichs Kinder, Jugend und Familie.

Nicht nur Braunschweiger kommen und wohnen in dem Haus. Auch minderjährige Flüchtlinge, die ohne ihre Eltern ihr Heimatland verlassen haben, werden dort für die erste Zeit untergebracht. Das Zusammenleben funktioniere gut, erzählt Regina Dirk, die Vorsitzende der Förderverein. "Zwischen den Jugendlichen besteht ein großes gegenseitiges Interesse, und sie kommen gut miteinander aus." Und obwohl sich alle Bewohner in dem Haus dort von ihrer persönlichen Situation erholen sollen, ist es kein Ferienaufenthalt. Schule bleibt Schule, Praktika machen auch keine Pause und Pflichten im Haus gibt es sowieso. Die Hauptsache ist aber, dass es dort sicher ist. Und dieses Gefühl bekommen die Kinder und Jugendlichen dort vermittelt.

220 Euro kostet der Aufenthalt eines Kindes dort pro Tag. Die Einrichtung finanziert sich über diese Tagessätze, andere staatliche Zuschüsse gibt es keine. Der Förderverein finanziert aus seinen Mitteln kleine und größere Extras, wie Fahrten in de Heidepark oder ans Meer. "Denn das ist für viele Kinder das Größte: Zum ersten Mal im Leben die Füße ins Meer halten zu können", sagt Heike Stappmanns.