Braunschweig. Das 6. niedersächsische Politik-Mentoring-Programm „Frau. Macht. Demokratie“ ist abgeschlossen. In unserer Region haben sich 35 interessierte Frauen beteiligt, davon mehr als die Hälfte direkt aus Braunschweig. Alle wurden von erfahrenen Kommunalpolitikerinnen und –politikern für die Dauer des Programms begleitet. Ziel war es Frauen für ein Amt in der Politik zu begeistern. Dies teilt das Gleichstellungsreferat der Stadt Braunschweig mit.
Über 800 Teilnehmende - 443 Mentees, 227 Mentorinnen und 156 Mentoren hätten im August 2019 in Niedersachsen gestartet. Das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung habe 755 der begehrten Zertifikate vergeben. Dass so ein Programm wichtig sei, würden die Zahlen zeigen: In den niedersächsischen Kommunalparlamenten liege der Frauenanteil durchschnittlich bei nur 24 Prozent, im Rat der Stadt Braunschweig aktuell bei 35 Prozent. Auch auf Bundes- (30,7 Prozent) und Landesebene (27,7 Prozent) wäre der Frauenanteil bei den letzten Wahlen rückläufig gewesen.
„Themen, die für Frauen wichtig sind, fließen in die Kommunalpolitik nur dadurch ein, dass Frauen sich dafür stark machen. Wir brauchen den Blick und das Know-how von Frauen in den Parlamenten. Dafür ist ein Mentoring-Programm nur ein Baustein. Ein weiterer wichtiger Schritt muss durch die Reform des Wahlsystems erreicht werden“, so Marion Lenz. Auch die Rahmenbedingungen wie die Vereinbarkeit von Familie und Ehrenamt müssten in den Blick genommen werden.
Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt und ihre Stellvertretung Ulrike Adam seien im Rahmen des Mentoring-Programms zugleich Standortverantwortliche für Braunschweig, Helmstedt, Peine, Gifhorn, Salzgitter, Wolfenbüttel, Wolfsburg und Goslar gewesen. Die Corona-Pandemie habe das umfangreich geplante Rahmenprogramm für die politikinteressierten Teilnehmerinnen zwar zunächst ausgebremst, aber Online-Seminare, Hybrid- Tagungen und ein Kurz-Film mit dem Titel „Gleichstellung in der Kommunalpolitik am Beispiel der Verkehrspolitik“ hätten die ausgefallenen Präsenzveranstaltungen ersetzt.
"Ärmel hoch und machen!"
„Das Mentoring-Programm war für mich empowernd“, erzählt Sabine Kluth, eine der Braunschweiger Mentees. „Der Austausch mit den anderen Mentess war für mich sehr lehrreich. Es wurde deutlich, wie unterschiedlich auch die Blickwinkel von Frauen sind.“ Eine wichtige Botschaft, die das Programm laut Kluth vermittelt habe, sei die Aufforderung gewesen, selber aktiv zu werden. Niemand werde in ein politisches Amt getragen, also: Ärmel hoch und machen.
Auch für Sina Schink aus Gifhorn sei die Zeit im Mentoring-Programm richtungsweisend gewesen. „Vor einem Jahr dachte ich noch, ich lass das lieber, aber jetzt bin ich schon mittendrin. Aus den Fortbildungen habe ich wichtiges Handwerkszeug für meine politische Arbeit mitgenommen.“
Bringe so ein Mentoring-Programm am Ende wirklich mehr Frauen in die Politik? Die Evaluation der letzten Mentoring-Programme zeige: Etwa 60 Prozent der Teilnehmerinnen hätten nach Abschluss des Programms kandidiert, etwa 40 Prozent hätten in der darauffolgenden Wahl ein Mandat errungen.
Ob die politikbegeisterten und gut vorbereiteten Braunschweigerinnen im Anschluss an das Mentoring-Programm eine Chance bekommen, ihr Engagement in den Rat der Stadt einzubringen, werde sich nach den Kommunalwahlen im September 2021 zeigen. Der jetzige Rat sei mit einem Frauenanteil von 35 Prozent jedenfalls noch ein gutes Stück von der Parität entfernt.