Braunschweig. Am kommenden Samstag soll in Braunschweig unter dem Motto "Let's Pimp our World" eine Demonstration gegen die aktuellen Schutzmaßnahmen vor der Verbreitung des Coronavirus stattfinden. Bündnis gegen Rechts Mitglied und ver.di Geschäftsführer Sebastian Wertmüller betrachtet diese sogenannten "Hygienedemos" mit Argwohn: Die Erfahrung zeige, dass die Bewegung nicht nur Esoteriker und Impfgegner, sondern auch Nazis und andere Rechte anziehe.
Die Anmelderin veröffentlicht auf ihrer Facebook-Seite verschiedene Posts zur angeblichen Überflüssigkeit von Schutzmaßnahmen und erklärt, dass sie sich nicht an diese hält, das diese Einschränkungen vielmehr Bürgerrechte und Grundgesetz aushebeln. Dagegen wolle sie sich wehren. "Zugleich betreibt sie mit ihren Aufrufen auch hemmungslos Werbung in eigener Sache für ihr Geschäft als Coach", merkt Wertmüller an.
Gleichzeitig geht aus dem Flyer für die Veranstaltung hervor, dass man sich nicht nur gegen die durch das Infektionsschutzgesetz gerechtfertigten Maßnahmen richte, sondern auch gegen "Impfzwang". Hierbei bezieht sich die Anmelderin höchstwahrscheinlich auf das im März in Kraft getretene Masernschutzgesetz, welches eine Impfpflicht für Kinder und Jugendliche, sowie bestimmte Berufsgruppen gegen die Masern vorsieht. Auch der Verschwörungstheorie, dass der ehemalige Microsoft-Chef Bill Gates die Corona-Pandemie maßgeblich beeinflusse, hängt die Anmelderin scheinbar an.
Stadt erteilt strenge Auflagen
Trotz der Tatsache, dass sich die Demo direkt gegen die von Bund und Ländern erlassenen Auflagen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie richtet, fordert die Anmelderin zum Mitbringen von Schutzmasken auf. Aus guten Grund - Die Stadt darf Veranstaltungen unter freiem Himmel wieder erlauben, aber unter den Maßgaben des Infektionsschutzgesetzes beauflagen.
Stadtpressesprecher Fabian Kappel dazu: "In diesem Fall ist die Teilnehmerzahl auf maximal 50 Personen limitiert. Zudem muss der Demonstrationsbereich durch eine entsprechende Markierung begrenzt werden. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen einen Mund-Nase-Schutz tragen und einen Abstand von zwei Metern zueinander einhalten." Mögliches Informationsmaterial, wie es normalerweise auf Demonstrationen verteilt wird, dürfe außerdem nicht persönlich an die Teilnehmenden übergeben werden, sondern müsse beispielsweise an Auslagestellen platziert werden. Desweiteren müsse je zehn Teilnehmenden ein Ordner gestellt werden, um die Einhaltung der Auflagen durchzusetzen. "Wie auch bei anderen Versammlungen üblich, werden die Stadt als Versammlungsbehörde sowie die Polizei den Verlauf der Veranstaltung beobachten", so Kappel abschließend.
Bündnis befürchtet Unterwanderung durch Rechte
Während es tatsächlich eine national vernetzte Bewegung zu den "Hygienedemos" gibt, die sich auf ihrer Startseite gegen Rechtsradikale positioniert, vermisse Wertmüller ein solches Statement bei der Anmelderin der Braunschweiger Demo:
"Bereits bei der Kundgebung der „Fridays gegen Altersarmut“ im Januar dieses Jahres in Braunschweig versuchten Rechte diese Proteste für sich zu instrumentalisieren. Während die Anmelderin der Kundgebung sich im Vorfeld gegen eine rechte Übernahme aussprach, gibt es eine solche Abgrenzung und klare Positionierung gegen Rechts bei (Name der Demoanmelderin entfernt) bisher nicht. Vielmehr zeigt sie sich offen gegenüber menschenverachtenden Positionen deutlich, wenn sie auf einen Kommentar mit der Aussage 'ich sterbe lieber frei mit einer Waffe in der Hand!' antwortet: 'jeder wie er will. Man kann auch friedlich Widerstand leisten.'"
Das Braunschweiger Bündnis gegen Rechts wolle laut Wertmüller nicht zulassen, dass rechte Verschwörungstheoretiker unter dem Deckmantel des Schutzes von Bürgerrechten ihre Ideologien verbreiten können. "Deshalb ruft das Bündnis dazu auf, die Hygienedemo im Blick zu behalten und rechten Ideologien und Propaganda unsere Positionen entgegenzusetzen. (Name der Demoanmelderin entfernt) muss den Nachweis noch antreten, wie sie es mit Rechten und Nazis hält. Wer die Tür scheunentorweit aufreißt, muss sich nicht wundern, wenn – wie andernorts – die rechte Szene sich anhängt", so Sebastian Wertmüller vom Bündnis gegen Rechts.
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