Braunschweig. Wie können wir den Alltag von Menschen mit Behinderung einfacher gestalten, sie besser in die Arbeitswelt integrieren und ihnen barrierefreie Teilhabe ermöglichen? Das sind wesentliche Fragen, für die verschiedene Gruppen der Stadtgesellschaft gemeinsam Antworten im kommunalen Aktionsplan (KAP) "Braunschweig Inklusiv" erarbeiten.
Jetzt steht ein entscheidender Schritt in dem Projekt an: Im Herbst ist die erste "Braunschweig Inklusiv"-Konferenz geplant. Bürgerinnen und Bürger können sich einbringen. Die Ziele der Konferenz stellte Sozialdezernentin Dr. Andrea Hanke gemeinsam mit Dr. Burkhard Wiegel vom Behindertenbeirat der Presse vor. "Der Aktionsplan "Braunschweig Inklusiv" ist ein großer Schritt Richtung inklusive Stadtgesellschaft", sagte Sozialdezernentin Dr. Andrea Hanke. "Die Konferenz ist dafür ganz entscheidend, denn alle Beteiligten können gemeinsam klären, was wir brauchen, um 2020 gut und inklusiv zusammenzuleben. Dies ist auch ein großes und wichtiges Ziel des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts ISEK. Inklusion ist ein dauerhafter Prozess, dem wir große Bedeutung einräumen."
Neben den bisher Beteiligten sind Expertinnen und Experten sowie alle interessierten Braunschweigerinnen und Braunschweiger dazu eingeladen, sich bei der Konferenz mit ihren Ideen und Erfahrungen einzubringen. In Workshops und anderen Beteiligungsmöglichkeiten sollen Projekte und Maßnahmen zu verschiedenen Lebensbereichen erarbeitet werden, die das inklusive Zusammenleben in Braunschweig fördern. Die Arbeitsergebnisse werden im Aktionsplan schließlich zusammengefasst und anschließend dem Rat der Stadt zur Beschlussfassung vorgelegt. Vorbereitet wird die Konferenz in einer Lenkungsgruppe unter Vorsitz von Oberbürgermeister Markurth. Diese hat in ihrer ersten Sitzung ein Handlungskonzept beschlossen, das sowohl die Vorbereitung der Konferenz, die Abfassung des Aktionsplans als auch dessen spätere Umsetzung und Evaluation beinhaltet und somit bis in das Jahr 2020 reicht. Die Arbeitsgruppe Inklusion wird in ihrer Sitzung am 6. April mit der Planung der Konferenz beschäftigen.
Hintergrundinformationen:
Der Rat der Stadt Braunschweig hat am 2. Juni 2015 die Leitlinie zur gleichberechtigten Teilhabe "Braunschweig Inklusiv" als Grundlage für die lokale Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention beschlossen. Diesem Beschluss ging ein im Jahr 2013 begonnener Entwicklungsprozess voraus, an dem Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wohlfahrtsverbänden, Wohnungs-unternehmen, der Agentur für Arbeit, des Jobcenters, Anbieter von Leistungen für Menschen mit Behinderungen, verschiedene städtische Fachbereiche und vor allem Menschen mit Behinderungen und Verbände zur Unterstützung von Menschen mit Behinderungen beteiligt waren.
Durch die Leitlinie "Braunschweig Inklusiv" wurde festgelegt, dass in Braunschweig ein Aktionsplan entwickelt werden soll, der sich auf globale Ziele in den folgenden sechs Lebensbereichen bezieht:
Verkehr / Mobilität: Jede/r kann sich ungehindert und selbstbestimmt von einem Ort zum anderen bewegen.
Wohnen: Jede/r soll frei wählen können wie, wo und mit wem er oder sie wohnen möchte.
Freizeit, Kultur, Sport und Gesundheit: Unterschiedliche Teilhabevoraussetzungen der Menschen werden von Kulturschaffenden und Kulturveranstaltern sowie von den Verantwortlichen für Erholung, Freizeit, Sport und Gesundheit berücksichtigt.
Arbeit: Jede/r erhält Anerkennung und Respekt für ihre/seine Fertigkeiten, Fähigkeiten und seinen verdienstvollen Beitrag zur Arbeitswelt.
Erziehung und Bildung: Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen können gemeinsam aufwachsen und lernen.
Öffentliches und politisches Leben: Es wird Mitbestimmung und Beteiligung an politischen Prozessen sowie der damit in Zusammenhang stehenden Förderung und ggf. erforderlichen Assistenzleistung gewährleistet
Städtische Koordinierungsstelle geschaffen
In der Folge wurde Mitte März 2016 im Fachbereich Soziales und Gesundheit durch einen Beschluss des Rates eine städtische Koordinierungsstelle geschaffen. Die wesentlichen Aufgaben bei der Koordinierung und Entwicklung des Aktionsplans "Braunschweig Inklusiv" sind die Geschäftsführungen für die bereits 2014 gegründete AG Inklusion sowie die nunmehr konstituierte Lenkungsgruppe. An der am 21. März erfolgten Konstituierung der Lenkungsgruppe unter Vorsitz von Oberbürgermeister Ulrich Markurth haben unter anderem teilgenommen: Heinz Kaiser, Ehrenvorsitzender des Behindertenbeirats Braunschweig e.V., Dr. Bernd Meier, Hauptgeschäftsführer der IHK Braunschweig, Annette Schütze, MdL, Vorsitzende des Ausschusses für Soziales und Gesundheit der Stadt Braunschweig, und Stadträtin Dr. Andrea Hanke, Sozial-, Schul-, Gesundheits- und Jugenddezernentin der Stadt Braunschweig, sowie Vorsitzende der AG Inklusion.
Im Zusammenhang mit Entwicklung des Aktionsplans ist die Einrichtung einer Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung in der Trägerschaft des Behindertenbeirats Braunschweig e.V. ein weiterer wichtiger Schritt. Mit dem neuen Bundesteilhabegesetz vom 23. Dezember 2016 wurden unter anderem mehr Möglichkeiten und mehr individuelle Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderung durch ein modernes Recht auf Teilhabe geschaffen. Diese Individualisierung erhöht allerdings auch den Bedarf an Beratung. Die Beratungsstelle, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales für den Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis zum 31. Dezember 2020 gefördert wird, wurde am 4. April offiziell eröffnet und bietet allen Menschen mit (drohenden) Behinderungen und ihren Angehörigen unentgeltlich ein Beratungsangebot über Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe, das nicht an die Voraussetzung einer Beitragspflicht, Mitgliedschaft oder auch besondere Voraussetzungen geknüpft ist.
Grundlage für den in Braunschweig eingeschlagenen Weg zu einer inklusiven Stadtgesellschaft ist die am 26. März 2009 in Deutschland in Kraft getretene UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), ein völkerrechtlicher Vertrag der Vereinten Nationen über die Konkretisierung der Rechte von Menschen mit Behinderungen. Anliegen der UN-BRK ist es, die volle und wirksame Teilhabe (Inklusion) von Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu begreifen und umzusetzen. Inklusion betrifft damit sowohl den privaten Sektor als auch den öffentlichen Bereich. Inklusion in allen Lebensbereichen ist damit eine große Herausforderung an eine Stadtgesellschaft, die als langfristiger Prozess verstanden und angelegt sein muss.
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