Braunschweig. Dass der JVA Standort in Braunschweig aufgegeben und nach Wolfenbüttel verlegt wird, ist schon länger bekannt. Wie das Niedersächsische Justizministerium auf Anfrage mitteilt, haben die Häftlinge den Umzug bereits vollzogen. Doch wie geht es jetzt am Standort mitten in Braunschweig weiter? Neben dem Ministerium fragten wir auch bei der Stadt Braunschweig nach möglichen Perspektiven.
"Die Entscheidung zur Schließung der Abteilung Braunschweig wurde im Jahr 2014 getroffen", erinnert Dr. Marcel Holthusen vom Niedersächsischen Justizministerium. Seinerzeit sei festgestellt worden, dass sowohl die Gebäude in Braunschweig als auch das sogenannte „Graue Haus“ in Wolfenbüttel dringend sanierungsbedürftig waren. Nach der Entwicklung der Belegungszahlen sei man davon ausgegangen, dass auf Dauer nur eines der beiden Gebäude benötigt werden würde. "Eine daraufhin durchgeführte Analyse kam zu dem Ergebnis, dass auch aufgrund von Synergieeffekten durch Konzentration am Standort Wolfenbüttel die Sanierung in Wolfenbüttel bei Schließung der Abteilung Braunschweig günstiger sei als eine Sanierung in Braunschweig", so Holthusen.
Gefangene ausgezogen
Die Belegungsfähigkeit des Gefängnisses sei zuletzt am 1. Juni 2023 auf 68 Haftplätze neu festgesetzt worden. Zuvor waren es 152. Zuletzt seien in der Abteilung Braunschweig 47 Gefangene untergebracht gewesen. Doch inzwischen haben auch diese den Standort am Rennelberg verlassen.
"Der Umzug der Gefangenen (und des Personals) ist abgeschlossen. Nun erfolgt der Rückbau von Sicherheitstechnik und Sicherheitseinrichtungen, bevor das Grundstück übergeben wird", berichtet Dr. Marcel Holthusen weiter. Dieser Vorgang werde noch einige Monate in Anspruch nehmen. Nach Freistellung des Gebäudes werde es an den Landesliegenschaftsfonds übergeben, der dann über die Nachnutzung entscheide.
Schon seit 2018 wird geplant
Hier kommt auch die Stadt Braunschweig ins Spiel, die sich bereits seit einigen Jahren mit dem Thema beschäftigt. "Die Stadt hat bereits im Jahr 2018 einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan an dieser Stelle gefasst („Bebauungsplan Rennelbergstraße, AP 26“), der das Gelände der JVA gemeinsam mit der angrenzenden Bebauung und weiteren Potentialflächen umfasst", berichtet Stadtsprecher Rainer Keunecke. Man habe auch Gespräche mit dem Land Niedersachsen zur JVA Rennelbergstraße geführt und stehe hierzu weiterhin in Kontakt.
Die Stadt habe dem Land als Eigentümerin empfohlen, eine Machbarkeitsstudie anfertigen zu lassen. Darin sollten insbesondere die baulichen Rahmenbedingungen erhoben werden (Bausubstand, Brandschutz, Denkmalschutz, Grundrisse, Sanierungskosten etc.), auf deren Basis dann Nutzungskonzepte entwickelt werden könnten.
Kauf durch Stadt wird ausgeschlossen
Das Land könne das Grundstück zum Verkauf öffentlich ausschreiben, wenn der Umzug in die JVA Wolfenbüttel vollzogen wurde, da dann eine Besichtigung der Liegenschaft durch Interessenten möglich sei. Zwischen Stadt und Land sei vereinbart worden, dass die Stadt Braunschweig an dem Ausschreibungsverfahren beteiligt werde. Das bedeute, dass die Stadt Braunschweig die Rahmenbedingungen, die die Ausschreibung enthalten soll, einbringen könne. Doch eines stellt Rainer Keunecke auch klar: "Weder die Stadt noch eine ihrer Gesellschaften werden das Grundstück der JVA erwerben."
Die Verwaltung habe von Mitte Januar bis Mitte Februar dieses Jahres die frühzeitige Behördenbeteiligung gemäß Baugesetzbuch durchgeführt (grundlegende Rahmenbedingungen für das Planungsgebiet um das JVA-Grundstück). Die Inhalte aus den eingegangenen Stellungnahmen sollen unter anderem als Grundlage zur Formulierung der Rahmenbedingungen für das Ausschreibungsverfahren dienen.
TU wird eingebunden
Für die Suche nach geeigneten Nachfolgenutzungen für die JVA sei es auch beabsichtigt, ein optional vorgeschaltetes Hochschulprojekt an der TU Braunschweig durchzuführen, um unverbindlich verschiedene Nutzungsansätze zu erhalten, die zur Diskussion gebracht werden können. Vor der Aufstellung des Bebauungsplans – was dann Aufgabe der Stadt wäre – sei jedoch zunächst der Umzug der JVA und anschließend das Ergebnis des Ausschreibungsverfahrens des Landes abzuwarten. Aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen der JVA (marode Gebäude, Denkmalschutz) könne ein Konzept für das Gelände nur in Zusammenarbeit mit einem Projektentwickler erstellt werden und Basis für einen Bebauungsplan sein.
Insgesamt sei zu erwarten, dass auf dem Gelände ein multifunktionales Nutzungskonzept verwirklicht werden könne, bestehend aus Wohnungen, Gastronomie, Dienstleistungen (zum Beispiel Schülerhilfe), sonstige nicht störende Gewerbe (zum Beispiel Büros) und sonstigen freien Berufen (zum Beispiel Arztpraxen, Steuerberater), Beherbergungsbetrieb (zum Beispiel Hostel). In diesem Rahmen könnten hier grundsätzlich auch Gemeinbedarfseinrichtungen untergebracht werden, sofern ein entsprechender Bedarf bestehe (zum Beispiel Nachbarschaftszentrum, Kindertagesstätte). Auch die Einrichtung eines Gedenkortes sei wünschenswert und möglich, sofern es hierfür einen Betreiber gebe.
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