Braunschweig. Landesbischof Dr. Christoph Meyns hat davor gewarnt, die Kirchengemeinden als Basis der evangelischen Kirche anzusehen. Das möge zwar die mehrheitsfähige Meinung vieler Pfarrer und Synoden sein, greife aber „auf fatale Weise“ zu kurz, weil diese Auffassung eine bestimmte, geschichtlich gewachsene Struktur verabsolutiere.
Die Ortsgemeinde sei eine „Erfindung des Mittelalters“ und habe der Regelung des kirchlichen Lebens in ländlichen Gebieten gedient, sagte der Landesbischof beim Empfang der Evangelischen Stiftung Neuerkerode am 23. September im Braunschweiger Dom. Die Basis der evangelischen Kirche, so Meyns weiter, sei vielmehr „das Evangelium der Liebe Gottes in Christus Jesus. Und der Auftrag der Kirche bestehe darin, das Evangelium prägnant und glaubwürdig zu bezeugen. Dieser Auftrag habe stets „vielfältige Sozial-, Organisations- und Leitungsformen und Ämter“ erfordert: „Eine reine Gemeindekirche würde in der Provinzialität versinken. Sie wäre kulturell isoliert, verlöre ihre Anschlussfähigkeit an die moderne Gesellschaft und würde sich früher oder später selbst marginalisieren.“
Für eine zukunftsfähige Kirche brauche es die mittlere, die landeskirchliche und bundesweite Ebene des kirchlichen Lebens, die übergemeindlichen Arbeitsfelder sowie die diakonischen Einrichtungen. Auch die Bereiche Leitung und Verwaltung seien ein legitimer Teil der Kirche, sagte der Landesbischof. Trotzdem gebe es „gewichtige sachliche Gründe“, die für die Sozialform Ortsgemeinde sprechen. Sie erlaube zum Beispiel den „unmittelbaren Zugang zum Glauben vor Ort“. Außerdem ermögliche sie die persönliche Begegnung untereinander.
Meyns lobte darüber hinaus die Landeskirche: „Was hier bei vergleichsweise bescheidenen Ressourcen an Output und Outcome geleistet wird, ist enorm und braucht den bundesweiten Vergleich nicht zu scheuen.“ Gleichzeitig beobachte er eine „eigenartige Diskrepanz“ zwischen der Qualität der Arbeit und „dem, was sich mir als Selbstwertgefühl vermittelt“. Es gebe eine Tendenz, „sich selbst konstant abzuwerten, Probleme und Defizite großzureden und eigene Erfolge, Qualitäten, Möglichkeiten und Ressourcen kleinzumachen“.
Vor diesem Hintergrund ermunterte der Landesbischof zu „gelassenem Engagement“ und „ruhigem Selbstbewusstsein“. Außerdem wünschte er für Kirche und Diakonie im Braunschweiger Land eine gute Verwurzelung in der Gegenwart Gottes, „denn von dort aus wächst Vertrauen und Zuversicht“.
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