Braunschweig. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge der Technischen Universität Braunschweig haben in Zusammenarbeit mit Projektpartnern aus Industrie und Forschung das Konzept für eine freiwillige Selbstverpflichtung zur CO2-Reduktion von Land- und Baumaschinen entwickelt. Gemeinsam mit Vertretern der europäischen Hersteller und Herstellerverbände stellten sie das Konzept im Rahmen eines internationalen Symposiums am 10. und 11. März in Braunschweig vor.
Angesichts der absehbaren Klimaveränderung und Knappheit fossiler Energieträger bringt die Europäische Union Maßnahmen zur Förderung der Energieeffizienz und zur Verringerung des CO2-Ausstoßes auf den Weg. Einen Beitrag zur Erreichung dieser Ziele müssen nahezu alle Industrieprodukte und Wirtschaftsbereiche leisten, so auch die Land- und Baumaschinen. Bei diesen so genannten Mobilen Arbeitsmaschinen handelt es sich jedoch weder um reine Fahrzeuge noch um stationäre Maschinen. "Mobile Arbeitsmaschinen stellen eine besondere Klasse dar. Sie müssen nicht nur fahren, sondern vor allem arbeiten. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass sie neben ihrem Fahrantrieb insbesondere Antriebe für ihre Werkzeuge besitzen, die es ermöglichen, definierte Arbeitsprozesse auszuführen", erklärt Prof. Frerichs, Leiter des Instituts für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge der TU Braunschweig.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Prof. Frerichs haben im Auftrag des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) gemeinsam mit der Universität Hohenheim sowie dem Landmaschinenhersteller CLAAS, dem Braunschweiger Thünen-Institut und weiteren Projektpartnern aus Forschung und Industrie das Konzept für eine freiwillige Selbstverpflichtung der Hersteller zur CO2-Reduktion von mobilen Arbeitsmaschinen entwickelt. Im Ergebnis spricht sich das Projektteam für eine Bewertung der Maschinen in ihren Verfahrens- und Prozessketten aus. Die Bauarten und vor allem die Verwendungen der mobilen Arbeitsmaschinen seien so vielfältig, erläutert Frerichs, dass es nicht ausreiche, die einzelne Maschine zu optimieren und zu bewerten.
"Es ist den Klimazielen nicht damit gedient, wenn eine einzelne Maschine durch einen vereinfachten Prozess weniger Kraftstoff verbraucht, aber die Arbeitsqualität der gesamten Prozesskette dadurch schlechter wird und dieses durch eine folgende Maschine mit höherem Energieaufwand wieder ausgeglichen werden muss. Ein Energielabel, wie wir es bereits von Autos oder Kühlschränken kennen, ist daher für mobile Arbeitsmaschinen unsinnig", erklärt Prof. Frerichs. Die Konzeption sieht daher für die Landtechnik die Definition von Modellbetrieben und Verfahrensketten in typischen europäischen Regionen vor. Durch Modellierung und Simulation des Systems können die Effekte von Maßnahmen zur CO2-Emissionsreduzierung ermittelt und nachgewiesen werden. Für Baumaschinen und ihre vielfältigen Verwendungen wird eine analoge Vorgehensweise von der Universität Karlsruhe (KIT) und in Zusammenarbeit mit Baumaschinenherstellern ausgearbeitet.
Im Rahmen des internationalen Symposiums zur Reduktion der CO2-Emission bei Land- und Baumaschinen unterstrichen die europäischen Land- und Baumaschinenhersteller die Bedeutung und die Notwendigkeit der gemeinsamen Konzeptionierung der freiwilligen Selbstverpflichtung. "Die Zusammenarbeit von Industrie, Wissenschaft und Verbänden ist existenziell, um eine ganzheitliche CO2-Reduzierung landtechnischer Verfahren voranzutreiben und bei der EU-Kommission vorzustellen", erklärt Dr. Eberhard Nacke von der Firma CLAAS in seiner Rolle als Projektverantwortlicher im Verband der europäischen Landmaschinenhersteller CEMA und ergänzt: "Leider führten in der Landmaschinenindustrie die gesetzliche Abgasregulierung, bei der enorme Entwicklungskapazitäten investiert wurden, in den letzten Jahren nicht zu einer CO2-Reduktion oder Kundennutzen durch Verbrauchsreduzierung." Zustimmung erhielt Nacke von Dr. Wolfgang Burget, Geschäftsführer der Liebherr EMTec und Vorsitzender der „High-Level Technical Policy Advisory Group" des europäischen Baumaschinenverbandes CECE: "Das Vorgehen bei der Einführung der einzelnen Abgasstufen war nicht optimal und zielt zudem lediglich auf die Senkung von Stickoxiden und Dieselpartikelausstoß ab, ohne die Effizienz der Maschinen und der Arbeitsprozesse zu betrachten. Die Bemühungen um eine Reduktion der Treibhausgasemissionen ist richtig und wichtig, jedoch werden uns Grenzwerte, die sich nur auf die Maschine beziehen und wie wir sie von PKWs kennen, bei den mobilen Arbeitsmaschinen nicht weiter bringen."
Das Konzept zur CO2-Reduktion beim Einsatz von Maschinen und Verfahren wurde im Rahmen des internationalen Symposiums "Efficiency of Mobile Machines and their Applications – A Contribution to the Reduction of GHG" am 10. und 11. März in der Stadthalle Braunschweig vorgestellt. Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Verbänden und Behörden diskutierten in diesem Rahmen die Rolle von Land- und Baumaschinen bei der Emission von Treibhausgasen sowie den Beitrag, den sie im Rahmen europäischer Klimazielvorgaben leisten können. Das präsentierte Konzept stellt eine Vorstudie für eine freiwillige Selbstverpflichtung dar, bis zu deren Umsetzung, so erklärte das Projektteam, noch viele Detailfragen zu klären, Forschungsaufgaben zu bewältigen und auch die politische Akzeptanz zu schaffen seien.
mehr News aus Braunschweig