Braunschweig. Die Stadtverwaltung wird bis 2023 ein Grundsatzkonzept für Bürgerbeteiligungsverfahren erarbeiten und dem Rat zur Entscheidung vorlegen. Ziel sei es Richtlinien festzulegen, wann und in welchem Umfang in Braunschweig eine Bürgerbeteiligung durchgeführt werden soll. Ähnliche Richtlinien gibt es bereits in etwa 100 deutschen Kommunen, berichtet die Stadtverwaltung am Mittwoch.
In der Vergangenheit wurden Bürger- bzw. Einwohnerbeteiligungen bereits bei ausgewählten Projekten wie dem Stadtbahnausbau, dem Bahnhofsquartier oder dem Hagenmarkt durchgeführt, klare Kriterien gibt es jedoch nicht. Solche zu erarbeiten ist auch ein Auftrag aus dem Integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK). Die Aufstellung des Grundsatzkonzepts sieht eine Ratsvorlage vor, über die der Rat in seiner Sitzung im Februar beschließen soll.
"Wir wollen Bürgerbeteiligung stärken und verstetigen", sagte Oberbürgermeister Dr. Thorsten Kornblum. "Immer wieder haben Großprojekte bundesweit in den vergangenen Jahren gezeigt, dass die gesetzlichen Vorgaben zur Information und Anhörung etwa von Planverfahren oft nicht ausreichend sind, um Akzeptanz herzustellen. Es muss Möglichkeiten geben für die Einwohnerinnen und Einwohner, Bedenken und Hinweise aktiv und auf Augenhöhe mit Politik und Planern einzubringen."
Zugleich sei zu bedenken, dass ernsthafte Bürgerbeteiligung große personelle Ressourcen und hohen Aufwand erfordere und oft auch dazu führe, dass Prozesse länger dauerten – mit dem Vorzug von größerer Akzeptanz und durchaus auch Qualität hinterher. Wegen des hohen Aufwands könne Bürgerbeteiligung nicht bei jedem Projekt stattfinden. Genau für diese Fragen Kriterien zu entwickeln werde die Anforderung des Grundsatzkonzepts sein. Wichtig sei ihm auch: Die letztgültige Entscheidung über Projekte und deren Ausgestaltung liege grundsätzlich immer beim Rat bzw. bei den Ratsgremien.
Leitlinien erstellen
Ein Arbeitskreis aus Politik, Verwaltung und Bürgerinnen und Bürgern, die sich für die Teilnahme bewerben können, soll bis Anfang nächsten Jahres Leitlinien erarbeiten und dem Rat vorlegen. In einem zweiten Schritt soll der Arbeitskreis das Grundsatzkonzept selbst mit Handlungsempfehlungen und Standards zur Umsetzung erstellen, das wiederum vom Rat beschlossen wird. In beiden Arbeitsphasen sind online-Beteiligungen für alle Bürgerinnen und Bürger vorgesehen. Zum Auftakt des Gesamtprozesses soll im Mai eine öffentliche Veranstaltung stattfinden, die Verfahren und Ziele vorstellt.
Bürgerbeteiligung ist Pflicht
Eine förmliche Bürgerbeteiligung ist nach dem Baugesetzbuch vorgeschrieben und gilt etwa auch bei Planfeststellungsverfahren. Dort können etwa im Rahmen von Auslegungen Hinweise oder Einwände eingereicht werden. Diese förmliche Beteiligung kann durch informelle Verfahren ergänzt werden, indem sich Bürgerinnen und Bürger nach der Kommunalverfassung im Rahmen von Einwohnerinformation und der Erörterung von Projekten auf Einwohnerversammlungen einbringen können. Wie diese informelle Beteiligung ausgestaltet wird liegt im Ermessen der Kommune. Diesen Spielraum gilt es zu definieren.
Nach dem Ratsbeschluss sind zunächst folgende erste Schritte geplant: Für beide Prozessteile soll eine Moderation ausgeschrieben werden. Nach der Auftaktveranstaltung werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Arbeitskreises ausgewählt. Zehn Mitglieder aus der Einwohnerschaft sind vorgesehen, die nach Geschlecht und Alter ausgelost werden, zudem eine Vertretung des Behindertenbeirats sowie eine Vertretung benannt durch den Ausschuss für Integration und Vielfalt. Details werden zu gegebener Zeit bekannt gegeben.
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