Mord auf der Oker: Beruhigendes Floßschaukeln zu beunruhigenden Geschichten

von Christina Balder




Braunschweig. Abends auf der Oker trifft man besonders im Sommer auf besondere Gestalten. Pianisten, Polizisten, Mörder und Mordopfer schwimmen darauf umher - in Form von literarischen oder musikalischen Floßtouren. Eine davon ist die "Mord auf der Oker"-Tour. Der Braunschweiger Autor Klaus Nührig liest dann aus seinem Braunschweig-Krimi "Das Haus an der Paulikirche".

Eine tote Katze, tote Vögel und am Ende ein toter Jüngling: bei Nührig geht es blutig zu. Er erzählt die Geschichte des Afro-Deutschen Dr. Moses Ajayi, der zwischen seiner Frau, einer Künstlerin, deren Geliebten und seiner eigenen ehemaligen Geliebten in eine verwickelte Lage gerät. Alles beginnt mit zwei E-Mails, die der Physiklehrer erhält. Aus Angst um das Leben seiner Frau geht er in ihr Atelier, wo er ihren Liebhaber schlafend findet. Als dieser in derselben Nacht erstochen wird, wird natürlich Ajayi verdächtigt.

Nührig liest Ausschnitte aus seinem Krimi, muss zwischendurch immer ein paar Details erklären. Zeitsprüngen in die Vergangenheit zu folgen, ist beim Zuhören nicht ganz leicht, doch spätestens nach der Episode aus früheren Jahren holt Nührig die Zuhörer wieder zurück in die Gegenwart. Unterhaltsam ist die Geschichte, die Dialoge wirken allerdings manchmal etwas hölzern. Nührig verleiht seinem Roman mit der Auswahl der Handlungsorte Lokalkolorit (Torhausgalerie, Paulikirche, Jasperallee), steigt jedoch darüber hinaus kaum in das Braunschweiger Leben ein. Lacher erntet er, als er vorliest, wie Moses Ajayi mit seiner Geliebten einen schaurig-romantischen Abend bei einer Krimilesung auf der Oker verbringt.

Die Atmosphäre an Bord des Floßes, die Dunkelheit um die Lesungsszenerie herum, kommt der Stimmung zugute. Unterbrochen wird sie nur von konkurrierenden Flößen, die mit anderen Angeboten - einer Lesung vom selben Anbieter und dem Stück "Novecento" von der Konkurrenz - mehr oder weniger geräuschvoll den Vorleser stören. "Es wäre nett, wenn es hier mehr Absprachen gäbe", sagte Nührig in der kurzen Lesepause, die er während der Floßbegegnung eingelegt hat.

Lange stört das aber nicht, bald sind die Floßpassagiere wieder eingetaucht in die Geschichte um Moses Ajayi. Als Nührig am Ende von seinen Zuhörern wissen will, wer denn nun der Mörder war, sind sie trotzdem aufgeschmissen: "Da fehlen uns doch Informationen", beschwert sich einer. Das stimmt - denn der Roman Nührigs ist länger als die rund 75 Minuten, die er an Bord vorlesen konnte. Der Autor klärt auf, fügt Puzzlestücke dazu und lässt schließlich auch diejenigen von Bord, die von alleine im Leben nicht auf des Rätsels Lösung gekommen wären.

Die mörderischen Floßtouren laufen noch bis in den September. Alle Termine und Autoren gibt es hier.


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