Norbert Scheuer erhält den Wilhelm Raabe-Literaturpreis 2019


Norbert Scheuer erhält für sein Werk "Winterbienen" den Wilhelm-Raabe-Literaturpreis 2019.

Foto: Fritz Peter Linden
Norbert Scheuer erhält für sein Werk "Winterbienen" den Wilhelm-Raabe-Literaturpreis 2019. Foto: Fritz Peter Linden | Foto: Fritz Peter Linden

Braunschweig. Für sein Werk "Winterbienen" hat der Schriftsteller den Wilhelm-Raabe-Literaturpreis erhalten. Dies gab die Stadt Braunschweig in einer Pressemitteilung bekannt. In dem Roman geht es um einen an Epilepsie erkrankten Imker, der Juden in seinen Bienenstöcken vor dem Zugriff des Nazi-Regimes versteckt.


Der Schriftsteller Norbert Scheuer hat für sein Buch "Winterbienen" den von der Stadt Braunschweig und dem Deutschlandfunk gestifteten Wilhelm Raabe-Literaturpreis 2019 erhalten. Der Preis ist mit 30.000 Euro dotiert. Der Braunschweiger Oberbürgermeister Ulrich Markurth und Deutschlandradio-Intendant Stefan Raue überreichten die Auszeichnung am heutigen Sonntag. Die Laudatio hielt der deutsche Journalist und Autor Patrick Bahners.

"Winterbienen" erzählt die Geschichte eines Imkers gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, der in seinen Bienenstöcken Juden zur Flucht verhilft. Die Geschichte spielt in der Eifel und verwebt die Natur- mit einer Gesellschaftserzählung. Mit seinem Buch erreiche Scheuer eine äußerste Nähe von symbolischem Zeichen und konkreter Realität, so die Jury. Weiter heißt es in der Begründung: "In der Form des Tagebuchs findet er zu einer Kompaktheit der Darstellung und einer Gelassenheit der Schreibweise, die jedes Unheil in der Welt überführt in eine neue ästhetische Ordnung. Das macht ihn zu einem einzigartigen realistischen Erzähler unserer Zeit, zu einem poetisch-realistischen Erzähler auch in der Tradition Wilhelm Raabes."

Mit der Verleihung des Wilhelm Raabe-Literaturpreises zeichnen der Deutschlandfunk und die Stadt Braunschweig jährlich ein in deutscher Sprache verfasstes erzählerisches Werk aus, das einen besonderen Stellenwert in der Entwicklung des Preisträgers markiert. Es muss im Vergabejahr erschienen sein. Ausgeschlossen ist die Würdigung eines Erstlingswerkes oder des Gesamtwerkes.

Die Jury:

Prof. Dr. h.c. Gerd Biegel (Präsident der Internationalen Raabe-Gesellschaft e.V.)
Alexander Cammann (DIE ZEIT)
Thomas Geiger (Literarisches Colloquium Berlin)
Dr. Anja Hesse (Dezernentin für Kultur und Wissenschaft der Stadt Braunschweig)
Katrin Hillgruber (freie Journalistin)
Marie Schmidt (Süddeutsche Zeitung)
Dr. Michael Schmitt (3sat)
Prof. Dr. Renate Stauf (Germanistisches Institut, TU Braunschweig)
Dr. Hubert Winkels (Deutschlandfunk)

Die vollständige Begründung der Jury:
Alle Dinge dieser Welt sind einander ähnlich. Das Kleinste korrespondiert mit dem Größten, und noch im Kontrast steckt Verwandtschaft. Nikolaus von Kues ist einer der Philosophen, die diese Einsicht durch die Zeiten getragen haben. Bis heute und bis nach Kall in der Eifel, wo der Schriftsteller Norbert Scheuer lebt. Er hat seinen kleinen Eifelort in bisher acht Romanen zum Spiegel der Welt gemacht, und in jedem seiner Bücher das lokale Kleine zum Gegenstand höchster Aufmerksamkeit gesteigert. Damit hat er zugleich einen großen metaphorischen Raum geöffnet. In seinem Roman "Winterbienen" leisten dies eben jene in unserer Gegenwart über alles geschätzten, ja geradezu verehrten Insekten, die zu Tausenden einen gemeinsamen Körper bilden.

Der Roman spielt in den letzten Monaten des zweiten Weltkriegs, und mit den summenden Bienen auf den Wiesen an der Urft kontrastieren und korrespondieren die alliierten Jagdflugzeuge am westlichen Himmel. Egidius Arimond ist Epileptiker, der versucht, sich mit Medikamenten ruhig zu halten. Dabei ist es doch die kriegerische Außenwelt, die in konvulsivischen Zuckungen tobt. Ohne Aufhebens rettet er jüdische Mitmenschen vor dem Tod, mit Hilfe seiner Bienenvölker.

In "Winterbienen" erreicht Norbert Scheuer eine äußerste Nähe von symbolischem Zeichen und konkreter Realität. In der Form des Tagebuchs findet er zu einer Kompaktheit der Darstellung und einer Gelassenheit der Schreibweise, die jedes Unheil in der Welt überführt in eine neue ästhetische Ordnung. Das macht ihn zu einem einzigartigen realistischen Erzähler unserer Zeit, zu einem poetisch-realistischen Erzähler auch in der Tradition Wilhelm Raabes.

Deutschlandfunk wird den Festakt und eine Lesung des Preisträgers mit anschließendem Gespräch am Samstag, 30. November, von 20.05 Uhr bis 22 Uhr senden.


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