Braunschweig. Auf Anfrage der Ratsgruppe Direkte Demokraten äußerte sich die Verwaltung zum Thema "Offene Bruchstraße". Erörtert wurde, ob man die Tore entfernen und das Rotlichtviertel Braunschweigs mehr ins Stadtbild integrieren sollte. Während die Stadt zu einem recht eindeutigen Ergebnis kam, sorgte das Thema allerdings für reichlich Diskussion bei unseren Lesern.
Die Bruchstraße ist aktuell auf Seite der Friedrich-Wilhelm-Straße mit einem Tor verschlossen und nur über einen schmalen Zugang zu erreichen. Dies versperrt den Blick in das Rotlichtviertel. Die andere Seite der Straße steht in der Regel offen - hier gibt es tagsüber aber aber auch weniger Passanten, die den Weg kreuzen.
In der Anfrage an die Stadt verwiesen die Direkten Demokraten auf verschiedene öffentliche Äußerungen zur Bruchstraße. Darin hieß es, dass man den Bereich nicht mehr als Tabuzone behandeln solle. Eine Öffnung würde helfen, das Schmuddel-Image loszuwerden, auch würde sich eine attraktive Sichtachse ergeben und den Blick auf einige der ältesten nach dem Krieg erhaltenen Häuser offenbaren. Als Vorbild wurden Städte wie Amsterdam und Hamburg genannt, in denen man viel offener mit dem Rotlicht umgehe - dies wird hier sogar für touristische Zwecke genutzt.
Stadt fällt eindeutiges Urteil
Die Verwaltung befasste sich mit dem Thema und kam zu dem Schluss, dass es zwar keine Notwenigkeit geben würde, den Bereich durch Tore abzusperren, dies aber eine Jugendschutzmaßnahme bedeute. Dies würde auch dem Wunsch der Bevölkerung entsprechen, die sich beispielsweise bei der Debatte um ein Rotlichtbetrieb in Gliesmarode klar positioniert hätte. Auch die Polizei habe eine klare Empfehlung ausgesprochen, die Tore so zu belassen. Bereits Ende der 80er Jahre sei die Bruchstraße als ein Ort eingestuft worden, „von dem eine Gefährdung für Kinder und Jugendliche im Sinne des Jugendschutzgesetzes ausgeht“. Die Überlegung, die Bruchstraße an die Flaniermeile des Friedrich-Wilhelm-Viertels anzugliedern, werde von der Polizei äußerst kritisch gesehen.
Leser reagieren unterschiedlich
Auch unsere Leser haben in den Sozialen Medien auf die Idee einer offenen Bruchstraße reagiert. Hier zeigt sich, wie divers die Gesellschaft noch immer mit dem Thema Prostitution umgeht - ein Umstand, den auch die Verwaltung in ihrer Stellungnahme berücksichtigte. Während es sehr liberale Meinungen dazu gibt, die eine offene Bruchstraße sogar befürworten würden, gibt es auch ganz klare Gegenstimmen - sie würden die Bruchstraße am liebsten ganz abschaffen.
So zeigt sich ein Leser entspannt: "Warum nicht. Da ist doch nichts, was Kinder nicht schon längst auf dem Handy entdeckt haben." Ein weiterer Leser sieht hier sogar Potenzial für den unverkrampfteren Umgang mit Prostitution: "Wenn das Tor 'fällt', wäre das ein richtiger Schritt und würde wie in Hamburg zum Beispiel für einen offeneren Umgang sorgen und vor allem weniger Grau-Bereich zulassen."
Gefährlich für Kinder
Andere Reaktion fallen da kritischer aus: "Also ich habe kein Bock darauf, dass Kinder das sehen müssen oder gar da aus Versehen reinrennen, weil sie zum Beispiel fangen spielen. Als Mutter / Frau wirst du da doch blöd angeguckt oder sogar beleidigt, wenn du da dann hinterher läufst. Die sollen das Tor schön da lassen!"
Ein Leser weiß von besonders unangenehmen Begegnungen zu berichten: "Aber auch Besoffene die mit runtergelassen Hosen rumtaumeln, umfallen und sich nass machen sind ein Klassiker, zu den obligatorischen Faustschlägen gegen die Scheiben und den täglich fliegenden Flaschen."
Oder doch nicht so schlimm?
Barbusig würde da niemand hinter der Scheibe sitzen, erklärt ein Leser. Eine andere Leserin ist sogar selbst mal hineingetappt: "Ich bin da als Teenie mal unbefangen durchgelaufen, weil mein Handy mir den Weg so angegeben hat - bis auf ein paar dumme Anmachsprüche ist da nix passiert. Dachte halt, das sei eine Straße mit Discos und hatte es eilig."
In Rotlichtvierteln halten sich normalerweise eher Männer auf - gegenüber privater Frauen soll es zu Anfeindungen seitens der Sexdienstleisterinnen kommen. Ein "Tag der offenen Tür" in der Bruchstraße weckt bei einer Leserin deswegen die Neugierde: "Dann kann ich auch endlich mal sehen, was bisher nur euch Männern vorbehalten war."
Gibt es ein Fazit?
Tatsächlich reagieren die Menschen sehr unterschiedlich, eine klare Tendenz lässt sich daraus nicht ableiten. Doch bei der Diskussion darüber, ob und wie sehr die Menschen doch negativ durch den Anblick der Bruchstraße betroffen oder sogar gefährdet sind, sollte man vielleicht nicht vergessen, dass dort hinter den Fenstern immer noch echte Menschen sitzen, die nur ihren Job machen.
So waren auch Verwaltung und Polizei zu dem Schluss gekommen, dass die Entfernung der Tore und die Belebung der Straße durch erlebnisorientierte Neugierige die Arbeitsbedingungen der dort Tätigen nicht verbessern würde. Aus Sicht der Polizei wäre die Entfernung der Tore mit Blick auf eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen der dort Tätigen eher kontraproduktiv.
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