Braunschweig. Selten fühlt man sich im Theater dem Geschehen so nah: Ein Stück, das auf einem Schiff spielt, wird auf einem Schiff gespielt. Na gut, auf einem Floß, und die Oker ist auch nicht der Ozean, aber mehr Wasser als im Theatersaal ist dort allemal, wenn das Oker-Sommertheater an der Floßstation zur Legende des Ozeanpianisten "Novecento" einlädt.
Es ist Alessandro Bariccos Geschichte von dem fiktiven Wunder- und Findelkind Danny Boodman T.D. Lemon Novecento, der auf einem Schiff gefunden wurde und dort bis zu seinem Tod lebte. Erzählt wird sie von seinem besten Freund, dem Trompeter Tim Tooney. In dessen Rolle schlüpfen im Wechsel die Schauspieler Andreas Jäger und Uwe Serafin und sie spielen das Ein-Mann-Stück in ungewohnter Umgebung.
Zwischen den Zuschauern, ohne Bühne, auf dem Floß wird gespielt, das Floß erreicht im Dunkeln auf dem Fluss immer wieder Orte, an denen kurze Filmsequenzen gezeigt werden. "Das wird richtig multimedial", sagt Uwe Serafin. Das habe eine ganz eigene Poesie, sei aber ein großer Aufwand. Mit der Hilfe von Martin Weingart sind die Stummfilmszenen entstanden, die ab und zu während des Stückes auftauchen, gemeinsam mit Musikeinspielungen. Die Musik kommt zum Teil aus der Verfilmung von 1998 - Ennio Morricone hatte den Soundtrack geschrieben.
Obwohl es so viel zu sehen gibt, gibt es keine guten und schlechten Plätze, beteuern die Macher. "Es ist wie Wohnzimmertheater, jeder sitzt mal in der ersten Reihe auf dem kleinen Floß", sagt Regisseur Kurt-Achim Köweker. Die beiden Schauspieler, die darauf bestehen, unterschiedliche Ansätze zu haben und denselben Text derselben Inszenierung unterschiedlich zu spielen, werden dabei nicht einfach in einer Ecke sitzen und die Geschichte erzählen. Sie werden sie spielen - "es ist Erzähltheater", sagt Köweker. Eineinhalb Stunden dauert die Reise in die Nacht, während der die maximal 40 Zuschauer eine Geschichte einer Freundschaft erleben, in der vieles selbst dem besten Freund unverständlich bleibt; eine Geschichte über Musik und die großen Rätsel des Lebens.
Ein Ticket kostet 31,50 Euro, Vorführungen gibt es immer donnerstags, freitags und samstags zwischen dem 28. Mai und dem 27. September. Beginn ist um 21.30 Uhr, im August um 20.30 und im September um 20 Uhr. Bei schlechtem Wetter wird die Vorstellung in die Floßstation verlagert. Dort soll bis auf das Wasser unter der Bühne alles wie draußen zu erleben sein.
Oker statt Ozean: "Novecento" auf dem Floß
von Christina Balder