"Pille danach" ohne Rezept – eine gute Entscheidung?

von Robert Braumann


| Foto: Robert Braumann



Braunschweig. Die "Pille danach" ist seit ein paar Wochen rezeptfrei in den Apotheken zu haben. Braunschweigheute.de hat sich einmal umgehört, wie das von Experten gesehen wird.

Seit dem 16. März 2015 ist die Pille in allen deutschen Apotheken rezept­frei erhältlich. Der Bundes­rat hatte am 6. März der Änderung der entsprechenden Regelung zuge­stimmt. Die Regelung gilt nicht für für Internet­apotheken. Mit der Pille danach soll eine ungewollte Schwangerschaft schon vor der Befruchtung der Eizelle verhindert werden. Dabei ist die Wirkung am effektivsten, wenn das Medikament innerhalb von zwölf Stunden nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr eingenommen wird. Bei einer Umfrage der Bundes­zentrale für gesundheitliche Aufklärung gaben 13 Prozent der Teilnehme­rinnen an, die Pille danach schon einmal in ihrem Leben genommen zu haben. Eine repräsentative Umfrage des Marktforschungsinstituts YouGov ergab, dass mehr als 60 Prozent der Deutschen die Vergabe ohne Rezept befürworten.

Anpassung an europäische Situation


Ähnlich sieht es auch Privatdozent Dr. Heiko B. G. Franz (Chefarzt, Frauenklinik Celler Straße). Er bewertet die Entscheidung das Medikament ohne Rezept auszugeben als vernünftig. Es sei eine Anpassung, an eine allgemeine europäische Situation. Viele Länder (zum Beispiel Spanien, Schweden, Irland oder Portugal) würden so schon seit einiger Zeit verfahren. Die Vorteile würden auf der Hand liegen. Besonders am Wochenende wäre es sehr viel leichter für Betroffene an die "Pille danach" zu kommen.



Es wäre wenig produktiv, wenn die Frauen erst lange in Wartezimmern sitzen würden. Bei den Medikamenten würde es im Handel zur Zeit zwei unterschiedliche Wirkungsweisen geben. Einmal würde die hormonelle Basis für eine Schwangerschaft entzogen, beim anderen Präparat werden Rezeptoren geblockt und somit die Hormonwirkung entzogen. Dr. Franz erklärt aber auch, dass die "Pille danach" nicht immer zwingend nach ungeschütztem Sex genommen werden müsse. Man müsse sich vor Augen führen, dass es beim ungeschützten Geschlechtsverkehr in nur rund 30 Prozent der Fälle zu einer Schwangerschaft komme. Das auch nur, wenn der Zeitpunkt der Befruchtung optimal war. Deshalb könnte gerade gegen Ende des Zyklus auch ein Beratungsgespräch mit einem Facharzt helfen, der über die Notwendigkeit der "Pille danach" beraten könne. Die Risiken würden vor allem darin liegen, dass man durch die Einnahme eine Thrombose bekommen könnte. Dieses Restrisiko würde auch bestehen, wenn ein Arzt die Pille danach verschreibt, so Dr. Franz weiter. Er sagte zudem, dass das Medikament nur einmal im Zyklus eingesetzt werden könne. So sei ein Missbrauch eigentlich nicht möglich. Ansonsten wären die Apotheken angewiesen, die Kundinnen umfassend zu beraten.

Apotheken wollen umfassend beraten


Das bestätigte auf Anfrage von BraunschweigHeute.de Roland Bohlmann (Hagenmarkt Apotheke): "Selten gab es so viel Aufregung um die Befreiung eines Präparates von der Verschreibungspflicht. Wir hatten am Sonntag in der Apotheca Hutfiltern Notdienst und haben gleich fünf Packungen abgegeben, in der Hagenmarkt Apotheke am Montag im Notdienst ebenso fünf Packungen." Zu der Abgabe gehöre ein Fragenkatalog den die Kundinnen ausfüllen müssen. Bohlmann erklärte weiter: "Wir freuen uns natürlich, dass die Abgabe der Pille danach unproblematischer Möglich ist, sorgen uns nur darum, dass die Verhütung mit Kondom eventuell weniger genutzt wird. Hier ergeben sich neue Risiken."

"Wir sind sehr froh"


Sigrid Korfhage (pro famila, Beratungsstelle Braunschweig) begrüßte ebenfalls die Entscheidung der Bundesregierung. "Wir sind sehr froh, dass die Pille danach nun endlich rezeptfrei zu haben ist. Pro familia hat sich dafür schon seit vielen Jahren eingesetzt.“, sagte sie gegenüber BraunschweigHeute.de. Die Hürden wären für viele Frauen sehr hoch gewesen, um das Medikament zu bekommen, dabei wirke es am besten, wenn es schnell genommen werde. An den Erfahrungen und Studien aus anderen Ländern könne man zudem sehen, dass es zu keinem Missbrauch kommen würde. Viele geäußerten Befürchtungen könnten damit widerlegt werden. "Die Frauen können durchaus einschätzen, dass es sich um ein reines Notfallmedikament handelt." Eine Dauerverhütung mit den Präparaten würde allein finanziell keinen Sinn machen, ist sich Korfhage sicher. Die Medikamente kosten zwischen 18 und 35 Euro. "Die "Pille danach" ist ein wichtiges Mittel zur Prävention ungewollter Schwangerschaften und Schwangerschaftsabbrüche weltweit.", so Korfhage.