Hannover. Am heutigen Mittwoch hat Innenminister Boris Pistorius Stellung zu den Vertuschungs-Vorwürfen rund um die LAB in Braunschweig bezogen.
Im Januar berichtete der NDR, dass die Braunschweiger Soko ZErm in rund 300 Fällen von Sozialbetrug ermittelt. Es soll sich dabei um Asylbewerber handeln, die bei ihrer Einreise mehrere Identitäten angenommen haben. Dann erhob eine frühere Mitarbeiterin der LAB schwere Vorwürfe gegen ihren Vorgesetzten – dieser habe nicht gewollt, dass die Akten an die Polizei gehen (regionalHeute.de berichtete).
Das ist der Hintergrund
Durch eine mehrfache Registrierung in den Aufnahmelagern wie in Braunschweig, konnten Asylbewerber die ihnen zustehenden Sozialleistungen gleich mehrfach beziehen. Dabei, so teilte ein Ermittler mit, griffen die vorwiegend männlichen Asylbewerber in die Trickkiste. Durch verschiedene Verkleidungen sei es den meist aus Afrika stammenden Männern gelungen, sogenannte Alias-Identitäten anzunehmen. Mit diesen falschen Identitäten konnten sie in den ihnen zugewiesenen Kommunen das Geld mehrfach kassieren. Gegenüber "Hallo Niedersachsen" hatte die ehemalige Mitarbeiterin berichtet, dass ihr gemeinsam mit ihrem Team aufgefallen sei, dass einige Asylbewerber versuchten durch Verkleidungen, mit Brille oder einen neuen Bart, mehrfach abzukassieren. Es habe aber kein System zur Erfassung gegeben. Also sei man dazu übergegangen, die Fälle aufzulisten und gemeinsam mit Digitalfotos zu sammeln. Trat ein Fall auf, wurde die Polizei alarmiert. Nachdem der Flüchtlingsstrom zurück gegangen sei, habe sie sich an die Auswertung der vergangenen Monate gemacht. Dabei seien viele Fälle aufgetreten, gemeinsam mit ihren Kolleginnen habe sie diese gesammelt und wollte dann zur Polizei gehen. Nach ihrer Aussage, habe das ihr direkter Vorgesetzter aber nicht gewollt und ihr gesagt, dass sie die Akten in den Keller bringen solle. Man werde da erstmal nichts unternehmen. Das habe sie nicht hinnehmen können und sei auf eigene Faust zur Polizei gegangen. Es kam Vertuschungs-Verdacht auf.
Pistorius weist Vorwürfe zurück
Dies wies Pistorius am Mittwoch zurück. Es habe keine Vertuschung gegeben, die Vorwürfe der Mitarbeiterin seien nicht zutreffend. Es habe keine Ansage gegeben, dass die Akten nicht an die Polizei gehen sollten. Dies würde auch überhaupt keinen Sinn machen, denn man habe ein hohes Interesse daran, solche Straftaten aufzuklären. Er stellte es wie folgt dar: Die Frau habe zum ersten Mal im Februar 2016 einen Aktenordner mit 30 Fällen dem Leiter der LAB übergeben. Der Standortleiter sei sich nicht sicher gewesen, ob die Qualität der schwarz-weiß Ausdrucke ausreiche und wollte die Dinge noch einmal durchschauen, um die Belastbarkeit der Daten zu klären. Er habe die Polizei über die Existenz informiert. Hier habe es aber wohl eine Kommunikationspanne gegeben und beide Seiten hätten auf ein Signal gewartet, wie es denn nun weitergehen solle. Man müsse die teilweise schwierigen Zustände in der LAB zu diesem Zeitpunkt berücksichtigen und die hohe Belastung vor Ort. Die Behörde habe vielleicht nicht alles getan, was möglich und nötig gewesen wäre, aber eine Vertuschung könne er so nicht stehen lassen, so Pistorius.
"Fakt ist aber auch, es ist nichts weggekommen"
Die Mitarbeiterin habe dann wochenlang ohne Kenntnis des Vorgesetzten weiter Daten gesammelt. Der Standortleiter habe erst Ende Mai von diesen Daten erfahren und sie erst einmal sichten wollen, die ehemalige Mitarbeiterin sei aber kurze Zeit später eigenmächtig zur Polizei gegangen. Da die Frau aus Sicht des Standortleiters über ihre Zuständigkeiten eigenmächtig gehandelt habe, wurde sie freigestellt. Die Polizei habe nicht sofort jemanden bei der LAB Braunschweig erreicht und sich deshalb an die Staatsanwaltschaft gewandt. Daraufhin seien die Daten innerhalb einer Woche bei der Polizei gelandet, erklärte der Innenminister.
"Fakt ist aber auch, es ist nichts weggekommen", so Ulf Küch, von der Soko ZErm. "Was tatsächlich in der LAB passiert ist, dass kann ich von außen nicht beurteilen. Nach meiner Kenntnis hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen aufgenommen und dann werden wir sehen, was dabei heraus kommt."
Pistorius stellte klar: Die Frau habe auf eigene Faust gehandelt und für ihre Arbeit sei er durchaus dankbar, aber sie habe auch außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs gehandelt. Dass die Frau zwei Wochen vor Ende ihres befristeten Vertrages freigestellt wurde, befand der Innenminister als sehr unglücklich. "Ich finde, wenn eine Mitarbeiterin sich so auf eigene Faust einsetzt, dann hat das unseren Dank verdient." Ob er sich persönlich bei der Frau bedanken werde, darüber müsse er noch nachdenken. Insgesamt geht es wohl um 300 Fälle in Braunschweig, das Ministerium habe im Dezember 2016 von der Sachlage erfahren, hieß es.
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