Braunschweig. Die Stadt Braunschweig geht in der Baulandpolitik neue Wege. Zukünftig will sie deutlich mehr Flächen für die Stadtentwicklung erwerben als bisher, um sie sozial gerecht an den Markt zu bringen. Die Planung für Wohnbaugebiete im Außenbereich außerhalb der Kernstadt beginnt nur, wenn zuvor der Eigentümer potenzieller Bauflächen mindestens die Hälfte dieser Flächen der Stadt Braunschweig verkauft. Damit ist die Stadt Mitgestalterin des Verfahrens und kann mitbestimmen, welche Art von Wohnraum dort entstehen soll und wann. Das sind die Kernpunkte des Baulandpolitischen Grundsatzbeschlusses, den der Rat der Stadt Braunschweig am Dienstag gefasst hat.
Ein weiterer wichtiger Grundsatz ist: Der Innenentwicklung ist Vorrang vor der Außenentwicklung einzuräumen. Ihr kommt angesichts begrenzter Ressourcen eine Schlüsselrolle zu, um mit den verfügbaren Flächen nachhaltig umzugehen. So sollen die vorhandene Infrastruktur besser ausgenutzt und Siedlungsbereiche nachverdichtet werden. Bebaute oder brachliegende Flächen sollen recycelt sowie das flächensparende Bauen forciert werden. Dieses Prinzip findet bereits jetzt im Baugebiet Nördliches Ringgebiet Anwendung, das überwiegend auf ehemaligen Industriebrachen entsteht.
Oberbürgermeister Ulrich Markurth, der die Neuausrichtung der städtischen Baulandpolitik vorgeschlagen hatte, begrüßte den Beschluss: "Künftig haben wir mehr Handlungsoptionen für eine stärkere Steuerung der Stadtentwicklung im Blick auf die Ziele des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts (ISEK), für eine sozial gerechte, nachhaltige und städtebaulich sinnvolle Baulandentwicklung. Eine größere Flächenreserve ist notwendig für die mittel- und langfristige Stadtentwicklung." Flächen würden in Zukunft immer wieder gebraucht, nicht zuletzt für Erweiterungen und Neubauten von Schulen, Kitas, Sporthallen usw.
Mehr bezahlbaren Wohnraum
Ziel ist, dass die Stadt für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum vor Planungsbeginn einen hohen Anteil der dafür benötigten Flächen erwirbt. Ein wichtiger Baustein des Grundsatzbeschlusses ist weiterhin - ergänzend zur bisherigen Quote von 20 Prozent von Wohnungen für Menschen mit geringem Einkommen – zu prüfen, auf welche Weise zusätzlicher Wohnraum auch im mittleren Preissegment bereitgestellt werden kann.
Der Grundsatzbeschluss ermöglicht, dass die Stadtverwaltung, orientiert an den Zielen des ISEK, künftig mehr Flächen als in den letzten Dekaden erwirbt. Darüber hinaus sollen auch Flächen als Bodenvorrat angekauft werden, für die noch kein Verwendungszweck feststeht.
Braunschweig folgt mit diesem Beschluss dem Beispiel vieler Städte wie Münster, Bielefeld, Karlsruhe, Potsdam, Bonn, München oder Hamburg, die auf ähnlichem Wege bereits erfolgreich agieren. Die Stadt folgt zugleich der Expertise des bundesweit renommierten Deutschen Institutes für Urbanistik, das die Stadt in dieser Frage qualifiziert und umfassend beraten hat.
Im bundesweiten Vergleich zeigt sich, dass Befürchtungen, durch die neuen Regelungen würden Planungs- und Bauaktivitäten zum Erliegen kommen, unbegründet sind. So hat die Stadt Münster beispielsweise in den Jahren seit Einführung dieser Regeln deutlich mehr Bauland entwickeln können als zuvor. Auch bei der Bereitstellung gewerblicher Bauflächen müssen neue Wege beschritten werden. Ergänzend zur Ausweisung neuer Gebiete in den Außenbereichen der Stadt soll künftig auch die Baulandentwicklung im Siedlungsbestand mehr in den Blick genommen werden und aktiv Grundstücke von der Stadt aufgekauft und zu gewerblichem Bauland entwickelt werden. Zudem sollen weiterhin interkommunale Lösungen angestrebt werden.
Das alles lässt sich nicht von heute auf morgen umsetzen. Die Verwaltung hat nun den Auftrag, die Regeln im Einzelnen auszugestalten – insbesondere auch die Regeln, nach welchen Kriterien die Stadt zukünftig ihre Grundstücke vergeben soll. Zudem muss der personelle und finanzielle Mehrbedarf beziffert werden. Sie wird dem Rat nach Abschluss der Arbeit einen umfassenden Baulandbeschluss vorlegen, der die vorgenannten Detailregeln enthalten wird. Die Regelungen dieses Baulandpolitischen Grundsatzbeschlusses gelten ab dem Stichtag des Ratsbeschlusses. Alle laufenden Verfahren, für die ein städtebaulicher Vertrag über Planungsleistungen bereits abgeschlossen wurde, fallen nicht darunter.
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