Braunschweig. Was des einen Segen, ist des anderen Fluch: Beim Thema Stadttauben scheiden sich die Geister. Um sowohl Tierfreunde und die Tiere selbst, als auch Menschen, deren Hab und Gut durch Stadttauben in Mitleidenschaft gezogen wird, sowie diejenigen, die Tauben schlichtweg nicht mögen zufrieden zu stellen, fordert der Stadttiere Braunschweig e. V. nun die Einführung eines integrierten Stadttaubenmanagements.
Vielen Braunschweigerinnen und Braunschweigern sind die Damen und Herren in den orangefarbenen Warnwesten mit der Aufschrift „Notfütterung“ in den vergangenen Wochen bei einem Bummel durch die City bereits aufgefallen: Seit Corona-Beginn füttern Mitglieder des Stadttiere Braunschweig e. V. mit Genehmigung der Stadt tagtäglich die Stadttauben an sechs kontrollierten Futterstellen. Was mit einer Notfütterung der Tiere begann, entpuppte sich schnell als großer Erfolg: Denn die Tiere konnten durch die kontrollierten Fütterungen zu Fressschwärmen zusammengeführt werden, in denen sie sich sogar steuern und lenken lassen.
Taubenprobleme lassen sich auf einen Schlag lösen
„Wir sollten diesen Erfolg unbedingt nutzen und im Zuge unser Konzept eines integrierten Stadttaubenmanagements nach den Empfehlungen des Landes Niedersachsen in Braunschweig realisieren“, rät Beate Gries, erste Vorsitzende des Vereins und Fachreferentin für Stadttaubenmanagement im Landestierschutzverband Niedersachsen e.V.
Mit den kontrollierten Fütterungen an den festen Futterstellen haben die Tierschützer bereits einen großen Schritt in ehrenamtlicher Arbeit geleistet. Nun ist jedoch die Stadt Braunschweig gefordert, mit der sich der Verein bereits in regem und regelmäßigem Austausch befindet: „Mit betreuten Taubenschlägen würden sämtliche Probleme im Zusammenhang mit der Stadttaubenpopulation gelöst“, weiß Beate Gries.
Der Verein nennt die Vorteile, die mit der flächendeckenden Errichtung von Taubenschlägen verbunden wäre:
• Die Tiere bekämen ausreichend und artgerechtes Futter.
• In der Innenstadt gäbe es weniger Verschmutzungen durch Taubenkot, da die Tiere gut 80 Prozent ihrer Hinterlassenschaften räumlich begrenzt an den Futterstellen und später im Taubenschlag absetzen.
• Die Population könnte durch das Austauschen der Eier kontrolliert werden.
• Die Tauben müssten in der Innenstadt nicht länger nach Futter suchen und würden weder Gäste noch Passanten belästigen.
• Dies hätte auch zur Folge, dass die Tiere weniger Verschnürungen an ihren Füßen aufgrund von umherfliegenden Fäden und Haaren hätten, was zu einem schmerzhaften Absterben ihrer Zehen oder sogar ganzen Füßen führt.
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„Im Grunde tun wir nicht nur den Tieren etwas Gutes, sondern handeln vor allem im Interesse derer, die sich durch die Tiere gestört und belästigt fühlen“, so die Fachfrau. Mit der Kampagne „SCHLAGartige Lösung für eine saubere Stadt“ möchte der Verein Stadttiere Braunschweig nun Mensch und Tier glücklich machen: „Nur so können wir die menschengemachten Probleme rund um die Stadttauben dauerhaft in den Griff bekommen.“
Andere Ansätze zeigen keinen Erfolg
Das reine Fütterungsverbot, das seinerzeit lediglich einem Gesamtkonzept entnommen und in Braunschweig verabschiedet wurde, habe in den vergangenen Jahrzehnten keinen erkennbaren Erfolg gezeigt. „Darüber hinaus ist der Entzug von Futter eine Zuwiderhandlung im Sinne des Tierschutzgesetzes, da es sich bei Stadttauben nicht um Wildtiere handelt“, so Gries. Denn was viele nicht wissen: Stadttauben sind gestrandete Brief-, Zucht- oder sogenannte Hochzeitstauben, die infolge von Erschöpfung oder Orientierungslosigkeit nicht mehr den Weg in ihre heimischen Schläge finden, sowie deren Nachkömmlinge. „Da den Tieren in den vergangenen Jahrhunderten ein ganzjähriges Brutverhalten angezüchtet wurde, ist auch die Population nicht durch Futterentzug regulierbar, sondern schlichtweg herzlos.“
Fütterungsverbot muss bleiben
Von einer Aufhebung des allgemeinen Fütterungsverbots rät die Fachreferentin jedoch strengstens ab: „Dadurch würden die durch uns mühsam in vielen Wochen zusammengeführten Schwärme wieder zerstreut, sodass wir die Tiere nur noch schwer in einen Taubenschlag locken könnten. Wir sprechen uns deshalb ganz klar für ein allgemeines Fütterungsverbot aus und wünschen uns für unseren Verein eine unbefristete Genehmigung zum kontrollierten Füttern der Schwärme über den Lockdown hinaus – für ein erfolgreiches Stadttaubenmanagement.“
"Städte wie Augsburg, Torgau und Lüneburg machen es bereits vor – mit großem Erfolg. Braunschweig hätte hier die Möglichkeit, auch eine Vorreiterrolle einzunehmen", so der Verein abschließend.
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