Braunschweig. Mit mehr als 4000 Bewohnern sind die Kapazitäten der Landesaufnahmebehörde (LAB) in Kralenriede längst überschritten. Die Situation rund um den Standort beschäftigt seit Monaten Bürger, Behörden, Verbände und Politiker. Im Interview wendet sich nun Braunschweigs Oberbürgermeiser Ulrich Markurth an die Bürger.
Wie bewerteten Sie die aktuelle Situation in der LAB?
Die LAB ist für eine so hohe Zahl an Menschen nicht ausgelegt und kann dann irgendwann auch nicht mehr kontrollieren, ob sich etwa unter die vielen Flüchtlinge, die aus Not aus ihren Ländern geflüchtet sind, auch solche mischen, die bewusst die Situation ausnutzen wollen. Auch Konflikte unter den Flüchtlingen lassen sich bei solcher Enge kaum vermeiden. All das passiert auch anderswo. Die Polizei hat ihre Einsatzkräfte verstärkt, auch wir als Stadt sind in Kralenriede mit dem Zentralen Ordnungsdienst präsent. Die Überbelegung der LAB ist eine Zumutung für alle Beteiligten: Für die Menschen, die zu uns kommen, die Menschen in Kralenriede, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LAB, die seit Monaten unter großen Belastungen arbeiten, für die zuständigen Stellen der Stadtverwaltung, und auch für die Polizei. Der Minister hat mir klar gesagt, dass mehr Einsatzkräfte derzeit nicht zur Verfügung stehen.
Was macht Ihnen in der aktuellen Situation Sorgen, was macht Ihnen Hoffnung?
Auch wenn Braunschweig Flüchtlinge nicht selbst unterbringen muss, hat sich das Thema auch für die Stadtverwaltung zu einem Kraftakt entwickelt, der uns an die Grenzen der Belastbarkeit bringt. Ich erwähne hier nur die steigende Zahl unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge, die ebenfalls täglich zunehmende Zahl der Erstuntersuchungen durch das Gesundheitsamt, die Suche nach weiteren Unterkünften für die LAB oder der Zug mit Flüchtlingen vor einigen Wochen, wo die Feuerwehr – mit den Freiwilligen Feuerwehren - für das Land Niedersachsen kurzfristig in die Bresche gesprungen und eine Ausnahmesituation bewältigt hat. Dazu kommt natürlich die Lage in Kralenriede mit der LAB, die wir sehr genau im Blick haben, und wo wir uns seit Monaten darum bemühen, Busverbindungen zu verbessern, für mehr Sauberkeit zu sorgen, wo der Zentrale Ordnungsdienst jetzt stark Präsenz zeigt. Derzeit ist alles Krisenmanagement, und das ist gerade auch mit Blick auf den kommenden Winter besorgniserregend. Wichtig ist nun zunächst, dass es schnell mehr Erstaufnahmekapazitäten gibt, damit die Überbelegung der bestehenden Erstaufnahmebehörden wie in Braunschweig reduziert werden kann. Daran arbeitet das Land. Ich hoffe sehr, dass es dem Land gelingt, Kapazitäten zu schaffen, damit die Zahlen in den Aufnahmestellen zurückgehen.
Was möchten Sie den Bürgern in Braunschweig in dieser Situation mitteilen?
Die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger kenne ich aus vielen persönlichen Gesprächen. Wir sollten uns vergegenwärtigen, dass der überwiegende Teil der Menschen, die da zu uns kommen, Schreckliches hinter sich haben. Ihnen freundlich und mit Respekt zu begegnen, sollte für uns alle selbstverständlich sein, auch wenn es schwierige Situationen gibt. Dass sich, wenn so viele Menschen kommen, auch solche darunter mischen, die keine lauteren Absichten haben, darf nicht dazu führen, dass alle unter einen Generalverdacht gestellt werden. Dass die Situation in Kralenriede für die Bürgerinnen und Bürger nicht leicht ist, weiß ich, ich bitte jedoch um Geduld und Verständnis. Das Land und die Polizei arbeiten an der Situation, und die Stadtverwaltung tut es auch.
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