Sonderausstellung „Jurameer“: Als hier noch die Saurier schwammen

von André Ehlers




Braunschweig. Dort wo wie heute unsere Häuser bauen, auf Straßen mit dem Auto fahren oder durch die Parks schlendern, sah es vor vielen Millionen Jahren noch ganz anders aus. Unsere Stadt hätte zu dieser Zeit auf dem Meeresboden gestanden und über uns würden schuppig-glänzende Fische ebenso schwimmen wie langhälsige Saurier.

Spätestens seit dem spektakulären Fund eines Ichthyosauriers bei Hondelage ist klar, hier bei uns scheinen noch viele u Fossilien und „Schätze“ der Urzeit auf ihre Entdeckung zu warten.

Der Paläontologe Dr. Ralf Kosma hat nun zusammen mit einem Team eine Sonderausstellung mit dem Titel „Jurameer. Niedersachsens versunkene Urwelt“ konzipiert. Am 1. April wird er sie eröffnen.

Wir haben den Wissenschaftler im Naturhistorischen Museum zum BraunschweigHeute.de-Interview getroffen:




Wie sah es hier bei uns damals aus und welches Klima herrschte?

Kosma: Die Zeit, über die wir sprechen, liegt bereits 175 bis 180 Millionen Jahre zurück. Das ist die Zeit des Unteren Jura als Norddeutschland, also gerade Niedersachen, bedeckt war von den Wogen des Jurameeres. Zu dieser Zeit war das Klima subtropisch bis tropisch. Es war relativ warm, sogar global gesehen, weil wir keine Pol-Kappen oder Eis am Pol hatten. Daher war der Meerwasser-Spiegel angehoben. Das Land lag auch noch etwas tiefer. Es ist erst später leicht angehoben worden. Also unser ganzes Gebiet hier in Niedersachsen war vom Meer bedeckt. Und im Wasser lebte eine besondere Tierwelt, die wir hier in der Sonderausstellung „Jurameer“ im Naturhistorischen Museum thematisiert haben.

Wäre es demnach möglich, dass jeder auf seinem Grundstück graben könnte und etwas aus dieser Zeit findet?

Kosma: Theoretisch wäre es möglich, auf dem eigenen Grundstück etwas zu finden, aber die Voraussetzung dafür ist natürlich, dass dieses Grundstück auf dem Untergrund des Unterjura gebaut ist. Der Unterjura tritt in unserer Region nur an sehr wenigen Stellen zutage. Die meisten davon liegen östlich oder nord-östlich von Braunschweig. Das sind oft dünne Streifen von Gestein und wenn man dort gräbt, dann kann man auch etwas finden. An anderen Stellen wird es schwieriger oder man hat Fossilien aus anderen Zeiten.



Wie groß ist denn der wissenschaftliche Wert unserer Region in der paläontologischen Forschung?

Kosma: Es ist ja so, dass jeder Fundort einzigartig ist und besondere Funde hervorbringt. Wir haben es hier mit der Situation zu tun, dass wir hier in Norddeutschland eine der wenigen Fundorte haben aus dieser Zeit des Unterenjura. Es gibt europa- oder weltweit gesehen schon Fundorte, die extrem berühmt geworden sind, wie Holzmaden in Baden Württemberg oder auch Süd-England. Dort hat man aus der Zeit des Unterenjura ganz bedeutende Funde gemacht. Hier in Norddeutschland wurde diese Zeit relativ stiefmütterlich behandelt. Das hängt möglicherweise auch damit zusammen, dass das Gestein hier kaum abgebaut wurde, während man in Süddeutschland große Steinbrüche hat, die diesen Öl-Schiefer, wie er genannt wird, brechen und wenn man natürlich sehr viel Masse bewegt, dann ist die Wahrscheinlichkeit auch hoch, dass man etwas findet. Das ist in Braunschweig und in der Region kaum gemacht worden. In sofern gibt es hier relativ spärliche Funde, die aber von der Erhaltung her sehr, sehr gut sind.



Welches Exponat oder welche Bereiche der Ausstellung „Jurameer“ liegen Ihnen persönlich besonders am Herzen?

Kosma: Das ist ganz schwer zu sagen. Es gibt einige sehr interessante Stücke. Das Fossil, das wir hier neben mir sehen, ist ein Ichtyosaurier aus Schandelah. Er hat also einen direkten Bezug zur Region. ein vollständig erhaltenes Exemplar, das ich sehr schön und interessant finde. Aber auch die Schmelzschuppenfische hier aus dem Braunschweiger Land, die teilweise auch sehr groß wurden, sind unheimlich interessante Tiere gewesen. Ebenso haben wir einen Hai aus dem Unterjura in der Ausstellung, auch hier direkt aus der Region, ein ganz besonders tolles Stück und, obwohl er von weiter her aus England kommt, natürlich unser Plesiosaurier. Ein ganz fantastisches Tier, das mit seinem langen Hals unter Wasser jagt auf Fische und Tintenfische machte. Es wird bei uns im Original in einer ganz neuen Körperhaltung präsentiert. Sie ist sehr modern und zeigt den Saurier im Unterwasser-Flug.



Die Ausgrabungen bei Hondelage gehen weiter. Was hoffen Sie zu finden?

Kosma: In Hondelage graben wir bereits seit 2011 durchgehend. Da sind ja auch bereits tolle Funde gemacht worden, wie der Funde eines Ichtyosauriers. Dieses Fossil besteht eigentlich aus zwei artfremden Tieren. Ein komplettes Skelett und ein Teilskelett einer weiteren Art. Wir haben jetzt noch weiteres Projekt zusätzlich in Angriff genommen, das im Freiland in diesem Sommer starten soll und dort erhoffen wir uns weitere Funde. Möglicherweise Tiere wie Plesiosaurier oder die ganz extrem seltenen Pliosaurier mit riesigen Schädeln, die am Ende der Nahrungskette standen und alles gefressen haben, was kleiner war als sie selbst.

Daten und Fakten:


Sonderausstellung: „Jurameer. Niedersachsens versunkene Urwelt“

Laufzeit: 1. April bis 30. November 2014
Öffnungszeiten: Di bis So 9-17 Uhr, Mi bis 19 Uhr, Mo geschlossen

Eintritt: Erwachsene 4 Euro, ermäßigt 3 Euro, Kinder 1,50 Euro.