Braunschweig. Deutschland könnte nach Auffassung des Sozialverbands Deutschland (SoVD) in Niedersachsen mehr gegen häusliche Gewalt und Gewalt gegen Frauen tun. Jedenfalls hat die Bundesregierung als einziger Mitgliedsstaat der Europäischen Union die Istanbul-Konvention, das Übereinkommen über die Verhütung solcher Vorfälle, trotz Unterschrift noch nicht ratifiziert. Die erste Kreisvorsitzende in Braunschweig und Bundesfrauensprecherin Edda Schliepack sieht auch in Braunschweig hohen Handlungsbedarf.
Allen in 2013 wurden im Gebiet der Polizeidirektion Braunschweig insgesamt 1.460 Fälle von häuslicher Gewalt registriert. In 1.125 Fällen waren Frauen als Oper betroffen. Niedersachsenweit waren es fast 11.000 Fälle. „Und in dieser Situation will sich Deutschland raushalten?“ fragt Edda Schliepack. Der SoVD-Kreisverband hat jetzt allen Bundestags- und Landtagsabgeordneten ihres Wahlkreises einen entsprechenden Brief geschrieben.
Für den SoVD sei die Haltung der Bundesregierung unverständlich. Deutschland umgehe scheinbar vorsätzlich die mit der Konvention verbundenen Verpflichtungen und Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und ihren Kindern. Dabei sei die Gewalt gegen Frauen ein großes Problem – nicht nur in Braunschweig, Niedersachsen oder Deutschland, sondern europaweit. „Laut Europarat werden innerhalb Europas pro Tag zwölf Frauen aufgrund ihres Geschlechts getötet“, weiß Edda Schliepack – dazu kämen die Selbstmorde, 120 alleine pro Jahr in Frankreich.
Deutschland habe besonders großen Bedarf: Immer noch können jährlich mindestens 9.000 Frauen und Kinder nicht im Frauenhaus ihrer Wahl aufgenommen werden. Grund dafür sei meist Überfüllung, oft aber auch mangelnde Barrierefreiheit, Auflagen der Geldgeber oder Finanzierungsprobleme. Schliepack: „Die Finanzierung von Frauenhäusern muss endlich auf eine verlässliche gesetzliche Grundlage gestellt werden.“
Weiteren Handlungsbedarf sieht der SoVD im Sexualstrafrecht. Der Paragraf 177 des Strafgesetzbuches stelle drei Bedingungen, damit eine sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung strafbar wird. Der Täter müsse nicht nur den Willen der betroffenen Person missachten, diese in eine s.g. schutzlose Lage bringen sondern zusätzlich auch Gewalt anwenden oder androhen. „Warum reicht nicht ein einfaches Nein?“ fragt die Bundesfrauensprecherin des SoVD. Sie weiß, dass sich viele Frauen nicht wehren und dadurch vor Gericht eine Verurteilung erschweren. Diese Gesetzeslücke müsse schnell angepasst werden: „Ein Nein muss genauso viel gelten wie körperliche Gegenwehr“, betont Schliepack.
Edda Schiepack bittet die Politikerinnen und Politiker, sich direkt bzw. über indirekte politische Initiativen für beide SoVD-Anliegen einzusetzen.
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