Braunschweig. Pünktlich zur Wiedereröffnung 2028 soll die Stadthalle Braunschweig in neuem und nachhaltigem Glanz erstrahlen. Bis dahin stelle die umfassende Sanierung und Modernisierung des denkmalgeschützten Ensembles von 1965 die beteiligten Gewerke vor enorme Herausforderungen, heißt es in einer Mitteilung der Struktur-Förderung Braunschweig GmbH.
Besonders die denkmalgerechte Erneuerung der bauzeitlich typischen Waschbetonfassade im Stil des Brutalismus sei dabei von zentraler Bedeutung für den Gesamteindruck. Unter Leitung der städtischen Tochtergesellschaft Struktur-Förderung Braunschweig GmbH arbeiten hier diverse Spezialisten-Teams an einem ehrgeizigen Konzept.
Fassade ist Herausforderung
Seit vergangenem Jahr herrscht Baustellenbetrieb auf dem Gelände der Braunschweiger Stadthalle. Bis 2028 wird das denkmalgeschützte Multifunktionsgebäude im Brutalismus-Stil zu einer „State-of-the-Art“-Kongress- und Veranstaltungshalle, die höchste Ansprüche an Zukunftsfähigkeit, Nachhaltigkeit und Energieeffizienz mit denkmalgerechter Modernisierung und erhöhter Wirtschaftlichkeit vereinen soll. Eine der zentralen Herausforderungen des Denkmalschutzes sei dabei die fachgerechte Sanierung der Waschbetonfassade. Für die Planung der Fassadensanierung wurden die Architekten Woelk Wilkens von hochspezialisierten Betontechnologen des Braunschweiger Start-Ups Lowke Schiessl Ingenieure unterstützt.
Logistische Herausforderungen
Anfang Mai werden dazu die ersten Waschbetonplatten von der Fassade abgenommen. Der straffe Zeitplan sieht vor, bis zu 20 der großformatigen maßangefertigten Platten pro Tag abzunehmen, um den Prozess bis Ende des Jahres abschließen zu können. Dazu werden zunächst die schadstoffbelasteten Fugen streifenweise herausgeschnitten, um danach die Platten von oben nach unten aus den Verankerungen zu heben und auf speziell angefertigte Lagerböcke zu verladen. Um sie nach der Sanierung wieder an die exakt gleiche Position bringen zu können, muss jede Platte seitlich nummeriert werden. Eine der größten Herausforderungen dabei sind die mit PCB schadstoffbelasteten Fugen. Diese werden vor der Demontage und Reinigung aufwendig per Hand unter Einhaltung der Schutzmaßnahmen entfernt, um die Platten nicht zu beschädigen Die weitere Bearbeitung der Platten erfolgt direkt neben der Stadthalle. Dort entsteht unterhalb des Parkdecks der Stadthalle eine Feldfabrik zur Lagerung der Platten. So entsteht ein effizienter Prozess, der Zeit und vor allem Transportwege spart und beispielhaft ist für nachhaltige Sanierung von besonders dauerhaftem Material.
Aufarbeitung wie bei Fresken
Sind die Fugenreste entfernt, steht die umfassende Aufarbeitung an. Dazu werden die Platten mit einem fein abgestimmten Wasserdruck gereinigt, der den optischen Originaleindruck im Sinne des Denkmalschutzes nicht beeinträchtigt. Sollten Platten beschädigt sein, werden die Spezialisten für Betonkosmetik der Firma „Betonretusche“ aktiv: bei der Sanierung der Waschbetonplatten stehen Farbe, Körnung, Siebung, möglichst ähnlicher Ausgangskies, Aufbau der Platten, und Witterungsbeständigkeit im Fokus. Vorsichtig wie bei den Wandbildern in einer Kirche wird in Fresko-Technik mit einer eigens entwickelten Farbmischung aus spezifischen anorganischen Pigmenten gearbeitet und dabei Alterungs- und Witterungseffekte behutsam beachtet.
Auch die enthaltenen Kiesel, die mit ihren zwei unterschiedlichen Farbtönen in Hellgrau und Ocker den typischen „Look“ der Stadthalle prägten, müssen in Farbe, Herkunft, Siebgrad und Steinstruktur passen. Dazu wurden Kieselsteine ähnlicher Herkunft recherchiert, die allen Kriterien entsprechen und dem ursprünglichen „Frechener Quarz“ sehr ähnlich sind.
Nachhaltig ertüchtigt, denkmalgerecht saniert
Der aufwendige Sanierungsprozess bietet gleichzeitig die Chance, die Stadthalle für aktuelle Energieeffizienzanforderungen zu ertüchtigen. Hinter den abgenommenen Platten kann die bisher ungedämmte Halle dann umfassend energetisch saniert werden.
Geleitet wird das Projekt von Natascha Wessling, Geschäftsführerin der Hochbau-Sparte der Struktur-Förderung Braunschweig GmbH, die mit ihrem Team aus Spezialistinnen die Arbeit der verschiedenen, hoch spezialisierten Partnerunternehmen koordiniert. „Die Sanierung der Waschbetonplatten ist ein echtes 3D-Puzzle, dass aber neben allen Herausforderungen auch große Chancen bietet. Wenn die Stadthalle 2028 in neuem und nachhaltigem Glanz erstrahlt, wird sie zu einem echten Modellbeispiel, das zeigt, wie nachhaltige Instandsetzung, wirtschaftlicher Betrieb und denkmalgerechte Sanierung in der heutigen Zeit zusammengehen können“, so Wessling.