Deutschland. Die Städte fürchten um den Bestand der großen kommunalen Krankenhäuser. Die Defizite sind schon in den vergangenen Jahren gestiegen. Jetzt wirke die Corona-Pandemie wie ein Brandbeschleuniger. Der Deutsche Städtetag fordert Bund und Länder laut einer Pressemitteilung auf, die finanzielle Lage der Krankenhäuser schnell zu verbessern, damit sie ihre lebensnotwendigen Dienstleistungen weiter in hoher Qualität erbringen können. Strukturelle Probleme, die die Corona-Krise besonders deutlich gemacht hat, müssten jetzt angepackt werden. Oberbürgermeister Ulrich Markurth stellt sogar infrage, ob das Braunschweiger Klinikum unter den aktuellen Bedingungen auf Dauer städtisch bleiben kann.
Burkhard Jung, Präsident des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister von Leipzig, betonte:
„Die Corona-Pandemie hat uns gezeigt: Große kommunale Krankenhäuser sind zusammen mit den Universitätskliniken das Rückgrat einer hochwertigen Gesundheitsversorgung. Jeder Tag der Pandemie ist eine neue Bewährungsprobe, die sie mit Bravour stemmen. Zudem übernehmen viele Maximalversorger und Schwerpunktkrankenhäuser Verantwortung für eine ganze Region. Doch viele Krankenhäuser sind inzwischen selbst Patient. Sie sind chronisch unterfinanziert. Nahezu alle kommunalen Großkrankenhäuser haben mit Defiziten zu kämpfen. Im Corona-Jahr 2020 ver- schlechterte sich ihr Jahresergebnis um durchschnittlich rund 6 Millionen Euro. Schon vor der Corona-Pandemie bestanden strukturelle Finanzierungsdefizite kommunaler Großkrankenhäuser. Sie zeigen sich jetzt noch stärker. Im Jahr 2019 haben rund 40 Prozent der öffentlich-rechtlichen Häuser ihre Haushalte mit Verlusten abgeschlossen. Für 2020 rechnen wir mit knapp 80 Prozent der Häuser.
Die Finanzierung der kommunalen Maximalversorger und Schwerpunktkrankenhäuser ist völlig unzureichend. Es bleiben finanzielle Löcher in Millionenhöhe. Dann werden die kommunalen Träger zum Ausfallbürgen. Sie müssen einspringen, um die Krankenhäuser erhalten zu können. Und das, obwohl die Städte ohnehin schon einen erheblichen Teil der Krankenhausinvestitionen mitfinanzieren. Gleichzeitig fehlen den Städten durch Corona Steuereinnahmen. Das engt den Handlungsspielraum deutlich ein."
"Ein brisantes Gemisch"
Städtetagspräsident Jung erläutert weiter: „Krankenhausdefizite in ungeahnter Höhe und wegbrechende Steuereinnahmen durch Corona sind ein brisantes Gemisch. Wir warnen davor, die Kommunen finanziell zu überfordern. Sonst wächst die Gefahr, dass manche Kommunen keine Möglichkeit mehr sehen, das Großkrankenhaus mit erheblichem Defizit zu erhalten." Bund und Länder müssten die erforderlichen Mittel bereitstellen, damit kommunal getragene Großkrankenhäuser wieder auf gesunden Füßen stehen können. "Die Länder müssen endlich ihrer Investitionspflicht nachkommen und den Investitionsstau von mindestens 30 Milliarden Euro auflösen. Wir brauchen frisches Geld", fordert Jung. Nicht zuletzt in der Corona-Krise habe sich die Bedeutung der kommunal getragenen Krankenhäuser gezeigt. Sie werden für eine sichere Versorgung dringend gebraucht, nicht nur in Pandemiezeiten.
Kann das Klinikum Braunschweig städtisch bleiben?
Braunschweigs Oberbürgermeister Ulrich Markurth meint: „Die Corona-Krise zeigt, was kommunal getragene Krankenhäuser leisten. Das gilt auch für das Städtische Klinikum Braunschweig. Als Maximalversorger der Region Braunschweig versorgt es in seinem Einzugsgebiet über die Stadtgrenzen hinaus eine weitere Million Menschen. Aktuell kann das Klinikum bei weitem nicht kostendeckend betrieben werden und muss zudem Bauprojekte im Umfang von rund 800 Millionen Euro größtenteils selbst finanzieren. Die Stadt engagiert sich notgedrungen selbst und unterstützt als Trägerin intensiv bei der Finanzierung der nicht durch Fördermittel gedeckten Investitionen, muss aber ihrerseits im laufenden Jahr rund 42 Millionen Einnahmeausfälle als Folge der Corona-Pandemie verkraften. Wir brauchen deshalb adäquate Vergütungsregelungen des Bundes, die es einem kommunal getragenen systemrelevanten Maximalversorger ermöglichen, den laufenden Betrieb auskömmlich zu finanzieren. Zugleich ist es notwendig, dass das Land Niedersachsen zumindest die Hälfte der dringend erforderlichen Investitionen im Zuge der Konzentration auf zwei Standorte übernimmt. Wie auch bei anderen Großkrankenhäusern geht es mittelfristig um die Frage, ob eine städtische Trägerschaft möglich bleibt.“
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