Standort Hinter Aegidien des Landesmuseums öffnet wieder

Nach rund 14 Monaten Bautätigkeit ist in der ehemaligen Aegidienkirche eine neue Dauerausstellung zur deutsch-jüdischen Geschichte zu sehen.

Blick in die Dauerausstellung am Standort Hinter Aegidien.
Blick in die Dauerausstellung am Standort Hinter Aegidien. | Foto: Braunschweigisches Landesmuseum / Anja Pröhle

Braunschweig. Am morgigen Donnerstag werden die Türen der ehemaligen Aegidienkirche wieder geöffnet. Am Standort Hinter Aegidien präsentiert das Braunschweigische Landesmuseum seinen Gästen nicht nur die sanierten Räumlichkeiten des ehemaligen Benediktinerklosters St. Aegidien, sondern auch die vollständig neu konzipierte Dauerausstellung „Ein Teil von uns. Deutsch-jüdische Geschichten aus Niedersachsen“. Das teilt das Landesmuseum in einer Pressemitteilung mit.



Wie jüdische Menschen das Leben in einer überwiegend nichtjüdischen, meist ausgrenzenden und feindlichen Gesellschaft erlebt haben, wird durch die Vermittlung persönlicher Geschichten und Schicksale des 18. bis 21. Jahrhunderts in dieser Ausstellung deutlich. Die Kuratorinnen Dr. Felicitas Heimann-Jelinek (Wien) und Dr. Lea Weik (Braunschweig) haben mehrere Jahre an den Sammlungen des Landesmuseums geforscht: „Unsere neue Betrachtungsweise der Sammlungsobjekte brachte bislang unbekannte Erkenntnisse über deren Herkunft zutage. So konnten wir uns den Gegenständen anders nähern und auch die Geschichten ihrer ehemaligen Besitzerinnen und Besitzer erzählen. Und manchmal half uns auch einfach der Zufall weiter.“

Ehemalige Hornburger Synagoge


Ein einzigartiges Exponat der Ausstellung ist die barocke Inneneinrichtung der ehemaligen Hornburger Synagoge. Sie war nach Abwanderung der Mitglieder der kleinen jüdischen Landgemeinde im Süden von Braunschweig gegen Ende des 19. Jahrhunderts dem Verfall preisgegeben. Karl Steinacker, der damalige Direktor des Vaterländischen Museums, erkannte ihre kulturhistorische Bedeutung. 1924 ließ er die Inneneinrichtung mit tatkräftiger Unterstützung der Jüdischen Gemeinde Braunschweig, der TU Braunschweig und weiterer Bürger nach Braunschweig überführen, wo sie in der ehemaligen Aegidienkirche gezeigt wurde. Durch zahlreiche Schenkungen kam über die Jahre eine Sammlung zustande, in der sich sowohl jüdisch-religiöser Kultus als auch deutsche und niedersächsische Kultur widerspiegeln.

Die Einrichtung der Hornburger Synagoge.
Die Einrichtung der Hornburger Synagoge. Foto: Braunschweigisches Landesmuseum / Uwe Brodmann


„Die Sammlungen der Judaica sowie zur jüdischen Kultur des Braunschweiger Landes sind in ihrem Kern in den 1920er Jahren entstanden, als Menschen jüdischen Glaubens ihre Geschichte im Museum anerkannt und gewürdigt sahen. Ähnlich war es ab 1987 mit der Einrichtung des Jüdischen Museums im Braunschweigischen Landesmuseum durch meinen Vorgänger Prof. Dr. Gerd Biegel. Für mich ist die Neueinrichtung der Dauerausstellung zur deutsch-jüdischen Geschichte in Niedersachsen eine Herzensangelegenheit, denn vor diesem Hintergrund sehe ich das Landesmuseum in einer besonderen Verantwortung“, erklärt Museumsdirektorin Dr. Heike Pöppelmann. Anhand dieses materiellen Erbes gibt die Ausstellung Einblicke in ein vielfältiges jüdisch-niedersächsisches Beziehungsgeflecht. Sie dokumentiert aber auch die Wirkungen des staatlichen und individuellen Antisemitismus und das Selbstbewusstsein der jüdischen Gemeinschaft vor und nach dem NS-Terror.

"Angebot räumlicher Sequenzen"


Den Inhalten der Ausstellung will der Wiener Architekt Martin Kohlbauer mit seiner Konzeption Raum geben: „Das Gestaltungskonzept der Ausstellung ‚Ein Teil von uns‘ versteht sich nicht als Designkonzept, sondern als Angebot räumlicher Sequenzen. Allererstes Exponat bleibt das in authentischer Aufstellung vorhandene Interieur der ehemaligen Hornburger Synagoge. Der museale Charakter wird durch die spezifische räumliche Intervention eines transluzenten Raumteilers für die neue Dauerausstellung herausgestrichen.“


Chanukka-Leuchter, Tefillin-Beutel und andere Judaica.
Chanukka-Leuchter, Tefillin-Beutel und andere Judaica. Foto: Braunschweigisches Landesmuseum / Anja Pröhle


„Ich freue mich sehr, dass das Landesmuseum Braunschweig die umgebauten Räumlichkeiten des Standorts Hinter Aegidien mit einer so hochkarätigen Ausstellung wieder mit Leben füllt“, sagt Thomas Popp, Leiter des Staatlichen Baumanagements Braunschweig. „Trotz der Corona-Pandemie ist es uns gelungen, das Gebäudeensemble in nur rund 14 Monaten umfassend zu sanieren – insbesondere barrierefrei zu erschließen und an die Anforderungen des Brandschutzes anzupassen.“

Gefördert wird die Ausstellung durch die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur, die Stiftung Niedersachsen und die Günter Kalkhof Stiftung.


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