Hannover/Braunschweig. Als erstes und bisher einziges Bundesland hat Niedersachsen die Zeit des sogenannten Radikalenerlasses und der daraus resultierenden Berufsverbote aufgearbeitet. In dem die Ergebnisse präsentierenden Buch sind auch zehn Schicksale Betroffener aufgezeigt. Darunter der Braunschweiger Ratsherr Peter Rosenbaum. Wir baten ihn zum Interview.
In der Zeit des Kalten Krieges, der Außerparlamentarischen Opposition und des aufkommenden Links-Terrorismus erließ Bundeskanzler Willy Brandt 1972 den sogenannten Radikalenerlass, mit dem Personen, die radikalen Organisationen in irgendeiner Form nahe standen, vom Beamtenstatus und öffentlichen Dienst ausgeschlossen oder sogar entlassen werden konnten. In Niedersachsen wurde dieser 1990 offiziell aufgehoben.
Auf Initiative der letzten Rot-Grünen Landesregierung wurde diese Zeit nun aufgearbeitet, der Landtag entschuldigte sich mehrheitlich bei den Betroffenen für ihr "erlittenes Unrecht".271 Verfahren und 62 Entlassungen wurden im Rahmen der Recherche erfasst. Das Buch will aber auch zeigen, was mit den betroffenen Menschen passierte - vom Gefühl der Verfolgung bis hin zu Sorgen um die wirtschaftliche Existenz.
Peter Rosenbaum zu den Gefühlen eines Betroffenen:
Einer der Betroffenen ist Peter Rosenbaum, heuteVertreter der BIBS im Rat der Stadt Braunschweig. 1978 absolvierte er - nach dem Abschluss des Ersten Staatsexamens an der TU Braunschweig - sein Referendariat am Studienseminar in Celle. Anders als in anderen Fällen war es nicht die sogenannte Regelanfrage zur Überprüfung seiner Verfassungstreue die ihn ins Visier der Fahnder brachte. Ein Mitarbeiter des Studentenwerks Braunschweig, in dem sich Rosenbaum während seines Studiums auch engagiert hatte, agitierte gezielt gegen ihn. Seine Ausbildung konnte Rosenbaum noch beenden, doch eine Anstellung als Lehrer an einer öffentlichen Schule fand er nie. Selbst eine Berufsbildende Schule in Braunschweig, die den Physiklehrer dringend benötigt hätte und mit der Rosenbaum auch schon einig war, machte einen Rückzieher.
"Erst einmal hat mich das natürlich hart getroffen", erzählt Rosenbaum im Interview mit regionalHeute.de. Doch wirtschaftlich habe er sich schnell berappelt und in Richtung Erwachsenenbildung umorientiert. Was geblieben ist, sind die negativen Gefühle. "Die Stigmatisierung durchzieht mein ganzes Leben", so Rosenbaum. Der Rufmord und die politische Verfolgung hätten ihn geprägt, zumal bis zum heutigen Tag fleißig Daten über ihn gesammelt würden. Doch andererseits habe dies auch dazu geführt, dass er sich bis heute so stark politisch engagiere.
Peter Rosenbaum zur Aufarbeitung durch das Land:
Rosenbaum hofft, dass sich nun weitere Bundesländer anschließen, die Zeit aufarbeiten und öffentlich bekennen, dass dort Menschen Unrecht widerfahren ist. Zudem sei geplant, dass es für einige Betroffene in Niedersachsen, die bis heute wirtschaftlich unter den Maßnahmen zu leiden haben, einen Fonds einzurichten.
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