Streit um die Grundsteuer in Braunschweig - Wurde hier ein Fehler gemacht?

Zwei Erhöhungen innerhalb eines Jahres sorgen für Kritik - die Stadt verweist auf rechtliche Grundlagen.

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Rathaus Braunschweig (Archivfoto).
Rathaus Braunschweig (Archivfoto). | Foto: Werner Heise

Braunschweig. Die Stadt Braunschweig hat 2024 die Hebesätze für die Grundsteuer B in zwei Schritten von 500 Prozent auf 750 Prozent angehoben. Während die Stadt das Vorgehen als notwendig und gesetzeskonform bezeichnet, kritisiert der Eigentümerverband Haus & Grund Braunschweig, dass die Erhöhung gegen das Niedersächsische Grundsteuergesetz verstoßen könnte. Insbesondere die Frage, welche Berechnungsgrundlage für die sogenannte Aufkommensneutralität maßgeblich ist, bleibt umstritten.



Die Grundsteuerreform wurde notwendig, nachdem das Bundesverfassungsgericht die bisherigen Einheitswerte für verfassungswidrig erklärt hatte. Niedersachsen entschied sich für ein Flächen-Lage-Modell, das Grundstücksgröße, Bebauung und Lage als Berechnungsgrundlage heranzieht.

Kritik von Haus & Grund: Mehrbelastung oder gesetzlich gedeckt?


In Braunschweig wurde der Grundsteuer-Hebesatz zunächst im Juni 2024 von 500 Prozent auf 600 Prozent angehoben, nach Angaben der Stadt unter anderem, um den Wegfall der Straßenausbaubeiträge zu kompensieren. Im November folgte eine weitere Erhöhung auf 750 Prozent, um die Grundsteuer auf das neue Berechnungsmodell anzupassen. Die Stadt Braunschweig argumentiert, dass diese Erhöhung notwendig gewesen sei, um die bisherigen Einnahmen aus der Grundsteuer weiterhin auf gleichem Niveau zu halten.

Haus & Grund Braunschweig sieht die Erhöhung kritisch. Der Verein verweist auf § 7 Abs. 1 des Niedersächsischen Grundsteuergesetzes (NGrStG), wonach das Grundsteueraufkommen 2025 „identisch mit dem Grundsteueraufkommen sein [muss], welches im Haushaltsplan 2024 durch die jeweilige Gemeinde verabschiedet wurde.“

Nach Angaben des Verbandes habe die Stadt Braunschweig jedoch nicht den ursprünglich im Haushaltsplan 2024 veranschlagten Betrag von 54,6 Millionen Euro, sondern die tatsächlich erzielten Einnahmen von 2024 (circa 65,9 Millionen Euro) als Maßstab genommen. Das führe zu einer faktischen Steuermehrbelastung von rund 10 Millionen Euro, was aus Sicht von Haus & Grund nicht mehr mit der gesetzlichen Aufkommensneutralität vereinbar sei.

Sind rechtliche Schritte möglich? Haus & Grund empfiehlt Eigentümern, ihre Grundsteuerbescheide rechtlich prüfen zu lassen. Es sei nicht auszuschließen, dass eine Klage Erfolg haben könnte. Eine Unterstützung für mögliche Verfahren könne der Verein allerdings nicht leisten.

Stadt Braunschweig: „Hebesatz basiert auf gesetzlichen Vorgaben“


Die Stadt Braunschweig weist die Vorwürfe zurück. Auf Anfrage erklärte die Verwaltung, dass sie sich bei der Festlegung des Hebesatzes an die gesetzlichen Vorgaben gehalten habe. Der Kritik von Haus & Grund widersprach die Stadt ausdrücklich:

„Die Aussage von Haus & Grund deckt sich nicht mit dem Gesetzestext.“


Nach Ansicht der Stadt sei die Berechnungsgrundlage rechtlich korrekt, da das kommunale Hebesatzrecht gemäß Art. 106 Abs. 6 Grundgesetz nicht eingeschränkt werde. Eine Verpflichtung, sich strikt am Haushaltsansatz 2024 zu orientieren, ergebe sich aus dem Niedersächsischen Grundsteuergesetz nicht.

Zudem begründet die Stadt die Entscheidung mit dem Wegfall der Straßenausbaubeiträge. Die erste Erhöhung im Juni 2024 (von 500 Prozent auf 600 Prozent) sei erfolgt, um den Einnahmeausfall durch die Abschaffung der Beiträge aufzufangen. Eine Festlegung des Hebesatzes auf 650 Prozent hätte bedeutet, dass die erste Erhöhung von 500 Prozent auf 600 Prozent faktisch nicht als dauerhafte Gegenfinanzierung gewertet worden wäre. Da dies aus Sicht der Stadt nicht sinnvoll gewesen sei, habe man die 750 Prozent als dauerhafte Lösung beschlossen.

Auf die Frage, ob bereits eine rechtliche Prüfung dieser Berechnungsmethode vorliegt, verwies die Stadt auf die öffentliche Rede von Finanzminister Gerald Heere (Grüne) vom 31. Januar 2025 im Niedersächsischen Landtag. Dort habe der Minister bestätigt, dass Kommunen grundsätzlich von den aufkommensneutralen Hebesätzen abweichen dürfen, sofern dies begründet werde.

Kann der Hebesatz 2025 noch geändert werden?


Die Stadt Braunschweig hat eingeräumt, dass es durch Fehlerkorrekturen und noch unvollständige Daten aus den Finanzämtern zu Anpassungen der Hebesätze kommen könnte. Auf Nachfrage erklärte die Stadt:

„Eine Anpassung kann grundsätzlich natürlich nach oben oder nach unten erfolgen.“


Allerdings sei derzeit unklar, wann eine solche Entscheidung getroffen wird, da es davon abhänge, wie viele Berichtigungen durch die Finanzämter erfolgen und ob es Einsprüche gegen die neuen Grundsteuerbescheide gibt.

Wie geht es weiter?


Die Diskussion um die Grundsteuer in Braunschweig bleibt damit weiter offen. Während die Stadt ihr Vorgehen als gesetzeskonform und notwendig betrachtet, sieht Haus & Grund weiterhin offene rechtliche Fragen.

Ob und wann der Hebesatz noch einmal überprüft wird, bleibt zunächst unklar. Auch die Möglichkeit gerichtlicher Klagen ist nicht ausgeschlossen – sollten solche Verfahren Erfolg haben, könnte das noch zu einer Änderung des Hebesatzes führen.

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