Braunschweig. Am 20. Oktober 2018 startet die Raumfahrtmission BepiColombo, ein gemeinsames Projekt der Europäischen und der Japanischen Weltraumagenturen (ESA und JAXA). Eine Ariane-5-Rakete wird vom Europäischen Weltraumbahnhof in Französisch-Guayana abheben und zwei wissenschaftliche Satelliten auf ihre Reise zum Merkur bringen.
Mit an Bord sind auch an der Technischen Universität Braunschweig entwickelte Geräte und Instrumente. Ziel der BepiColombo-Mission ist die Erkundung des Merkurs, der sonnennächste und kleinste Planet unseres Sonnensystems, berichtet das Institut für Geophysik und extratrerrestrische Physik der TU Braunschweig.
BepiColombo, benannt nach dem italienischen Mathematiker Guiseppe „Bepi“ Colombo (1920-1984), besteht aus zwei wissenschaftlichen Satelliten – dem europäischen „Mercury Planetary Orbiter“ (MPO) und dem japanischen “Mercury Magnetospheric Orbiter“ (MMO). Beide Satelliten werden den Merkur auf unterschiedlichen Umlaufbahnen erkunden. MPO wird die Oberfläche des Planeten kartografieren und die innere Zusammensetzung erforschen. Der japanische Satellit wird Merkurs Magnetfeld und dessen Wechselwirkung mit dem Sonnenwind untersuchen.
Magnetometersensoren der TU Braunschweig auf beiden Sonden
Auf beiden Satelliten, MPO und MMO, befinden sich die sehr empfindlichen und für die Vermessung kleinster Magnetfelder gebauten Magnetometersensoren. Entwickelt haben diese Sensoren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts für Geophysik und extratrerrestrische Physik (IGeP) an der TU Braunschweig. An der MPO-Sonde sind zwei dieser Sensoren auf einem 2,8 Meter langen Ausleger montiert. Ein Ziel dieser sogenannten Dual-Magnetometer-Konfiguration ist es, die magnetischen Störungen durch das Raumschiff zu detektieren und deren Einflüsse so bestimmen zu können. Auf MMO befindet sich ebenfalls ein Magnetometersensor der TU Braunschweig.
Die beiden Magnetometersysteme werden das planetare und interplanetare Magnetfeld in der Umgebung des Planeten Merkur im Abstand von einigen Hundert bis einigen Tausend Kilometern vermessen. „Wir erhoffen uns von den Messungen ein deutlich besseres Verständnis der inneren Struktur und Dynamik des Planeten Merkur und seiner Wechselwirkung mit dem Sonnenwind“, sagt Professor Karl-Heinz Glaßmeier, Leiter der Arbeitsgruppe Weltraumphysik und Weltraumsensorik am IGeP und Principal Investigator des internationalen MPO-Magnetometerteams.
Es ist das erste Mal, dass ein anderer Planet als die Erde mit zwei Satelliten gleichzeitig vermessen wird. Wenn sich der MMO-Satellit im freien Sonnenwind und der MPO-Satellit innerhalb der Magnetosphäre befindet, kann man genau beobachten, wie die Magnetosphäre auf Schwankungen im Sonnenwind reagiert. Durch die geringe Größe der Merkur-Magnetosphäre kann sich diese wesentlich schneller (innerhalb weniger Minuten) auf Änderungen im Sonnenwind einstellen als beispielsweise die trägere Erdmagnetosphäre. Auf Grund der geringen Anziehungskraft des Merkur, der hohen Oberflächentemperatur und des hohen Strahlungsdrucks der Sonne kann dieser keine Atmosphäre auf Dauer halten. Durch dynamische Prozesse in der Magnetosphäre können beschleunigte Teilchen also ungebremst auf die Oberfläche einschlagen.
„Dadurch sind die dynamische Merkur-Magnetosphäre und der Planet selbst viel stärker verbunden, als es bei der Erde der Fall ist – also ein sehr interessantes Forschungsobjekt“, sagt Dr. Daniel Heyner, Co-Investigator des Magnetometer-Teams, der zur Zeit vor Ort in Kourou ist, um den Start zu verfolgen. Spannend werde es eine Woche nach dem Start, wenn der Ausleger mit den Magnetometern ausgeklappt und das MPO-MAG-Instrument das erste Mal im Weltraum eingeschaltet wird.
Prozessoreinheit auf MMO-Sonde
Mit an Bord von MMO ist eine am Institut für Datentechnik und Kommunikationsnetze (IDA) der TU Braunschweig entwickelte und gebaute Prozessoreinheit, die für das MSA-Instrument (Mass Spectrum Analyzer) die Steuerung der Sensoren und Verarbeitung der wissenschaftlichen Daten übernimmt. MSA ist ein Ionenspektrometer, das gemeinsam von ISAS (Japan), LPC2E–CNRS (Frankreich), dem Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen und dem IDA entwickelt wurde. Es gehört als eines von sieben Instrumenten zum Merkur Plasma-Teilchen-Experiment (MPPE), das sich auf der japanischen Sonde (MMO) befindet. Das wissenschaftliche Ziel des MSA-Instrumentes ist die Messung der 3D-Verteilungsfunktionen für niederenergetische Ionen sowohl im Sonnenwind als auch im planetaren Umfeld des Merkur.
Die Prozessoreinheit ist eine zuverlässige Hochleistungselektronik auf kleinem Raum (ca. 16 x 14 Zentimeter), die neben der Sensorsteuerung von MSA auch komplexe Datenverarbeitungsaufgaben bei kleinstem Energieverbrauch durchführen muss, da jedes Watt Leistung im Merkurorbiter durch die Nähe zur Sonne nur schwierig abzuführen ist und damit potenziell den Orbiter aufheizt.
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