Braunschweig. Nahezu täglich erreichen uns Meldungen von IT-Sabotage, -Spionage oder „hybrider Kriegsführung“. Netzwerke, die auf quantenphysikalischen Grundlagen basieren, könnten hier ein großes Maß an Sicherheit bringen. Grundlage dafür sind sogenannte Quantenrepeater. Für diese Art von Netzwerken entwickelt die Technische Universität Braunschweig Kommunikationsprotokolle, um ihre Effizienz und Leistung zu steigern. Die TU Braunschweig ist damit Teil eines Forschungsprojekts, das das Bundesforschungsministerium (BMBF) seit Januar 2025 fördert und in dem Konzepte von Quantenrepeatern auf Teststrecken außerhalb von Laborumgebungen demonstriert werden sollen, heißt es in einer Pressemitteilung der TU am heutigen Dienstag.
Jeder kennt sie von zuhause, wo sie in abgelegenen Steckdosen ihr Dasein fristen und das heimische W-LAN in die Ecken der Wohnung schicken, die alleine mit dem Router sonst nicht erreichbar wären: Repeater. Diese kleinen Geräte erweitern, geschickt platziert, die Reichweite der Datenübertragung erheblich. An Repeatern forschen auch viele Wissenschaftler*innen in Deutschland. Allerdings handelt es sich dabei nicht um Repeater aus dem Elektromarkt, sondern um ungleich komplexere Quantenrepeater. Im neu eingerichteten Forschungsprojekt „Quantenrepeater.Net (QR.N)“ werden insgesamt 42 Partner aus Forschung und Industrie weitere Fortschritte bei der Erforschung und Einrichtung von Quantennetzwerken machen.
Für freie Gesellschaften und Schutz kritischer Infrastruktur
Solche Netzwerke können in Zukunft von entscheidender Bedeutung für freie Gesellschaften und den Schutz kritischer Infrastruktur sein – man halte sich nur die rasch steigende Zahl von IT-Sabotageakten vor Augen, die die vernetzte Welt immer stärker ins Wanken bringen. Quantennetzwerke böten hier ein ganz neues Level an Sicherheit. Denn aufgrund der quantenphysikalischen Grundlagen, auf denen ein solches Netzwerk basiert, sind diese extrem sicher vor Spionage oder Sabotage. Quantenrepeater, die eine sichere Übertragung von Informationen auch über größere Distanzen hinweg erlauben und dadurch Quantennetzwerke ermöglichen, liefern daher einen wichtigen Beitrag bei der Einrichtung einer quantengesicherten IT-Infrastruktur. Darüber hinaus bieten sie die Perspektive der sicheren Vernetzung zukünftiger Quantencomputer.
Technische Herausforderung
„Die Realisierung von Quantenrepeatern und perspektivisch von Ende-zu-Ende-Quantennetzwerken stellt eine enorme technische Herausforderung dar“, erklärt Christoph Becher, Professor für Quantenoptik an der Universität des Saarlandes und Sprecher des Forschungsverbundes QR.N. Die Quantenzustände für die Kommunikation im Quantennetzwerk müssen mit hoher Qualität erzeugt, zwischengespeichert und möglichst verlustfrei übertragen werden. Um aus einer einfachen Verbindung zwischen zwei Punkten aber ein ganzes Netzwerk entstehen zu lassen, braucht es Knotenpunkte, die diese Quantenzustände zwischenspeichern und für die Übertragung zum nächsten Knoten sorgen – Repeater eben.
„Zum einen möchten wir zwischen zwei Endpunkten einer Netzwerkverbindung Zwischenknoten einrichten, an diesen Knoten Quantenspeicher einbauen und Gatteroperationen durchführen“, sagt Professor Becher. „Das soll einen Quantenvorteil bei der Übertragung erzielen und die Fehlerkorrektur für leistungsstärkere Quantenrepeater-Protokolle ermöglichen.“
Mehr Effizienz, mehr Daten und mehr Sicherheit
Im Rahmen des Verbundprojektes forscht die Arbeitsgruppe von Dr. Christian Deppe an der Technischen Universität Braunschweig am Institut für Nachrichtentechnik zum Thema „Verschränkungsassistierte Kommunikation in Netzwerken mit Quantenrepeatern“. Hier werden Kommunikationsprotokolle für Quantenrepeater-Netzwerke entwickelt, um Effizienz und Leistung zu steigern. Ein Fokus liegt auf der Weiterentwicklung von Post-Shannon-Protokollen, die neue Effekte der Quantenmechanik nutzen und damit die Datenmenge erheblich reduzieren und den gleichzeitigen Transport von Informationen erhöhen. Die Quantenverschränkung spielt eine zentrale Rolle etwa bei Berechnungen mittels Qubits durch die Reduzierung von Rechenschritten. In der Kommunikation kann die Quantenverschränkung als Ressource genutzt werden, um die Performance der klassischen Kommunikation zu verbessern. Sie gewährt zudem einen sicheren Austausch von Schlüsseln zwischen Kommunikationspartnern, da jeder Abhörversuch den Zustand der Quanteninformation verändert und somit bemerkt wird.
Insbesondere werden an der TU Braunschweig Varianten der superdichten Kodierung erforscht, mit der zwei klassische Bits über ein Qubit übertragen werden können. „Ein Proof-of-concept in Laborumgebungen soll die Praxistauglichkeit der Technologien validieren. Ziel ist es, die Grundlagen und Anwendungen der verschränkungsassistierten Kommunikation zu verbessern und Netzwerke durch Quantenressourcen sicherer und leistungsfähiger zu machen“, sagt Dr. Christian Deppe vom Institut für Nachrichtentechnik in Braunschweig.
Noch keine etablierte Hardware-Basis
Eine weitere Forschungsfrage, der sich die Partner in QR.N widmen, betrifft die Hardware, auf der das Quantennetzwerk basiert. Denn bisher gibt es noch keine Hardware-Basis, die sich in der Forschung durchgesetzt hat. Grundlage für Quantenspeicher und Quantennetzwerke können einzelne Atome und Ionen sein, Halbleiterstrukturen, künstliche Atome in Diamanten und Selten-Erd-Atome. „Daher möchten wir außerdem nach plattformübergreifenden Methoden und Protokollen suchen und verschiedene Hardware-Plattformen zu hybriden Systemen zusammenfassen, um am Ende hardwareunabhängige Quantenknoten zu erlangen“, sagt Professor Becher. Zudem möchten die beteiligten Einrichtungen bestehende, „klassische“ Kommunikationsnetzwerke mit Methoden der Quantenverschränkung, dem Grundprinzip der Quantentechnologie, unterstützen.
Ein erklärtes Ziel des Projektkonsortiums ist es, die Grundlage dafür zu erarbeiten, dass in einigen Jahren eine quantengesicherte Kommunikation in Deutschland aufgebaut werden kann. Diese ist von hoher gesellschaftlicher Bedeutung, insbesondere, was die IT-Sicherheit und den Schutz kritischer Infrastruktur anbelangt. „Längerfristig werden Quantenrepeater somit zur Entwicklung einer Quanten-Informationstechnologie für öffentliche Kommunikationssysteme beitragen“.
Quantenrepeater werden also keine Elektronikmarkt-Massenware werden wie ihre unscheinbaren Brüder und Schwestern in den Steckdosen landauf, landab. Aber ihre Bedeutung für unsere Gesellschaft wird umso größer sein.
Projektdaten
Das Projekt „Quantenrepeater.Net (QR.N)“ startete am 1. Januar 2025. Es wird über drei Jahre vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit insgesamt 20 Millionen Euro gefördert. Insgesamt arbeiten darin 42 Forschungseinrichtungen und Unternehmen zusammen, um die grundlegenden Bausteine einer auf Quantenrepeatern aufbauenden Quanten-Netzwerkstruktur zu entwickeln.
Das Projekt basiert auf Ergebnissen des ebenfalls BMBF-geförderten Projektes „Quantenrepeater.Link (QR.X)“, das unter der Federführung von Christoph Becher von 2021 bis Ende 2024 bundesweit die Grundlagen für die Entwicklung eines Quantenrepeaters erforscht hat. Diesem waren seit 2010 weitere Projekte vorangegangen.