TU-Braunschweig untersucht chemische Emissionen aus Windkraftanlagen

Das Anemoi-Projekt prüft nun die Auswirkungen der Offshore-Windenergie.

Das Anemoi-Projekt untersucht mögliche Verschmutzungen der Meeresumwelt durch Schadstoffe aus den Windkraftanlagen.
Das Anemoi-Projekt untersucht mögliche Verschmutzungen der Meeresumwelt durch Schadstoffe aus den Windkraftanlagen. | Foto: ILVO/RBINS; über TU Braunschweig

Braunschweig. Bis 2030 soll die Offshore-Windenergie massiv ausgebaut werden. Im Zuge des Ausbaus in der Nordsee werden die Umweltauswirkungen im Hinblick auf die Einführung neuer Lebensräume, Unterwasserlärm oder den Wegfall der Fischerei überprüft. Die mögliche Verschmutzung der Meeresumwelt durch gelöste und partikelförmige Schadstoffe aus den Windkraftanlagen, beispielsweise aus den Korrosionsschutzsystemen, ist jedoch noch weitgehend unbekannt. Hier setzt das über das Interreg-Nordseeprogramm finanzierte Anemoi-Projekt an, an dem auch die Technische Universität Braunschweig beteiligt ist. Dies teilt die TU in einer Pressemitteilung mit.



Im Rahmen des Projekts arbeiten Forschende aus elf europäischen Instituten eng mit politischen Entscheidungsträgern und der Industrie zusammen. Zu einem ersten Stakeholder-Treffen kommen die Partner am 30. und 31. Mai 2023 in Hamburg zusammen.

Das Meer kann verschmutzt werden


Chemikalien gelangen über zahlreiche Quellen, die mit Industrie, Verkehr oder auch Haushalten zusammenhängen, sowie über Aktivitäten auf See wie Schifffahrt, Aquakultur, Baggerarbeiten und Offshore-Energie in die Meeresumwelt. In den kommenden vier Jahren werden elf europäische Institute das Auftreten und die Auswirkungen chemischer Emissionen aus Offshore-Windparks in der Nordsee untersuchen. Die Fundamente der Windturbinen enthalten Korrosionsschutzsysteme, die Metalle wie Aluminium oder Zink ins Meer leiten. Die Anstriche der Turbinen leiten organische Verbindungen ins Wasser, während die Farbe durch Wellenbewegungen reißen und von den Turbinen abplatzen kann. Ebenso können Kunststoffpartikel von den Turbinenblättern ins Meer getragen werden.

Welche Auswirkungen haben chemische Emissionen auf Meereslebewesen?


Im Rahmen von Anemoi, einem Interreg-Nordseeprojekt, werden die Emission, die Konzentration und die Verteilung bekannter und unbekannter chemischer Verbindungen im Wasser und in den Sedimenten durch Feldbeobachtungen und Laborexperimente, wie zum Beispiel durch Nachahmung der Partikelverteilung in einem Wellenkanalsystem, ermittelt.

Zweitens werden die Auswirkungen chemischer Auswaschungen aus Windparks auf Meereslebewesen und verschiedene Aquakulturprodukte durch ökotoxikologische Studien und Risikobewertungen untersucht. Außerdem modellieren die Wissenschaftler*innen die Auswirkungen auf verschiedene Lebensräume sowohl durch einzelne als auch für gemischte chemische Verbindungen.

Vorschlag für einheitlichen Rechtsrahmen in der Nordseeregion


Drittens gibt es derzeit auf nationaler und europäischer Ebene unterschiedliche Vorschriften zur Begrenzung der Auswirkungen chemischer Emissionen aus Offshore-Windparks. Um die potenziellen Belastungen weiter zu verringern, wollen die Forschenden die verschiedenen Vorschriften in der Nordseeregion überprüfen und einen einheitlichen Rechtsrahmen vorschlagen. Schließlich wird Anemoi den Einsatz von nachhaltigen und nicht schädlichen Lösungen prüfen, um alternative Möglichkeiten zu finden und die chemischen Emissionen aus Windparks weiter zu reduzieren.

Experimente im Wellen-Strömungs-Kanal des Leichtweiß-Instituts für Wasserbau


Die Abteilung Hydromechanik, Küsteningenieurwesen und Seebau des Leichtweiß-Instituts für Wasserbau (LWI) der TU Braunschweig untersucht im Rahmen des Anemoi-Projekts speziell das Verhalten von makroskopischen Farbpartikeln aus der Korrosionsschutzschicht von Offshore-Windanlagen unter Wellenbelastung. Hierzu entwickeln die Wissenschaftler*innen zunächst Methoden zur realistischen Nachbildung der Farbpartikel und deren Ablöseverhalten im Modellmaßstab. Im Anschluss werden dann weitreichende Untersuchungen im Wellen-Strömungs-Kanal des LWI durchgeführt. „Das Verständnis des Strömungs- und Absinkverhaltens von Farbpartikeln erlaubt wichtige Schlüsse über das Ausmaß des Umwelteinflusses von Offshore-Windenergieanlagen. Die am LWI durchgeführten Experimente liefern dazu bisher nicht verfügbare Daten“, sagt Projektmitarbeiter Dr. Christian Windt.

Um die Projektziele zu erreichen, wird Anemoi eng mit der Offshore-Windpark-Branche und mit politischen Entscheidungsträgern zusammenarbeiten. Eine erste Stakeholder-Veranstaltung findet am 30. und 31. Mai 2023 in Hamburg statt, um Wissen über die Auswirkungen und Risiken chemischer Emissionen aus den Windparks auszutauschen und mögliche Lösungen zur weiteren Verbesserung der Nachhaltigkeit der Offshore-Windenergie zu diskutieren.

Über das Anemoi-Projekt


Das Anemoi-Projekt wird von 2023 bis 2027 mit rund 3,2 Millionen Euro über das INTERREG Nordseeprogramm finanziert. Davon entfallen rund 470.000 Euro an das Leichtweiß-Institut für Wasserbau. Anemoi hat folgende Ziele: Identifizierung relevanter chemischer Emissionen bekannter und unbekannter Schadstoffe aus Offshore-Windparks, Bewertung der Auswirkungen auf Ökosysteme und Aquakulturmaßnahmen, Überprüfung geltender Vorschriften und Vorschläge für nachhaltige Lösungen und Möglichkeiten zur Reduzierung chemischer Emissionen aus den Windparks.


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