Verwaltung legt rückwirkende Änderungssatzungen für Abwassergebühren vor




Braunschweig. Die Verwaltung hat am Mittwoch den Entwurf rückwirkender Änderungssatzungen für die Abwassergebühren der Jahre 2005 bis 2009 vorgelegt.

Am 24. September 2013 hatte das Oberverwaltungsgericht Lüneburg über vier Musterklagen zu den Abwassergebühren der Jahre 2005 und 2006 entschieden. Nicht gefolgt wurde dem Hauptanliegen der Kläger, es lägen Rechtsverstöße im Zusammenhang mit der Abwasserprivatisierung vor. Beanstandet wurden lediglich Formmängel sowie Einzelaspekte der Gebührenberechnung, die ganz überwiegend nicht von den Klägern vorgetragen, sondern erst vom Oberverwaltungsgericht aufgegriffen wurden. Diese Mängel werden nun rückwirkend bereinigt. Betroffen sind die beklagten Jahre 2005 und 2006 sowie die Folgejahre 2007 bis 2009, zu welchen noch derzeit ruhende Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig anhängig sind. Die Entwässerungsgebühren der Jahre ab 2010 sind nicht beklagt, so dass dafür keine Neuberechnungen notwendig sind. Für das laufende Jahr 2014 hatte der Rat, dem Vorschlag der Verwaltung folgend, die Abwassergebühren bereits im Dezember vergangenen Jahres entsprechend den Vorgaben des Gerichts angepasst.

„Ausgangspunkt der Neuberechnung der Abwassergebühren ist die geänderte individuelle Abrechnung der Kläger. Insoweit sind die direkten finanziellen Auswirkungen sehr gering“, erläutert Finanzdezernent Christian Geiger. Die Kläger erhalten für die betroffenen Jahre neue Gebührenbescheide und eine Erstattung, die über alle Jahre und die etwa 60 Kläger hinweg insgesamt etwa rund 3.000 € beträgt. Alle anderen nicht beklagten Gebührenbescheide sind längst bestandskräftig geworden und werden nicht nachträglich angepasst. Insbesondere wird niemand rückwirkend mit einer erhöhten Gebührenrechnung belastet. Dies gilt auch für die Besitzer abflussloser Gruben, für die das Gericht eine gesonderte Gebührenberechnung und –festsetzung verlangt hat.

Die von den Urteilen betroffenen Jahre werden rückwirkend neu berechnet. Durch die vom Gericht beanstandeten Einzelaspekte der bisherigen Gebührenkalkulation (Einbeziehung der abflusslosen Gruben in die Kalkulation der Schmutzwassergebühr, Einbeziehung von Aufwendungen für die Ableitung von sonstigem Wasser in die Kalkulation der Niederschlagwassergebühr) reduziert sich der über die Gebühren umzulegende Aufwand im Bezugszeitraum 2005 bis 2009 im Bereich Schmutzwasser um insgesamt rund 610.000 € und im Bereich Niederschlagswasser um rund 650.000 €. Auch diese geänderten Beträge führen zu nur geringen finanziellen Auswirkungen (Reduzierung der Gebühren für Schmutzwasser um 0,01 € pro Kubikmeter  und für Niederschlagswasser um 0,06 €/pro zehn Quadratmeter Grundstücksfläche). Die sich hieraus ergebenden Ertragsausfälle für die Sonderrechnung sind durch eine Rückstellung im Jahresabschluss der Sonderrechnung Stadtentwässerung abgedeckt.

Der Großteil der nachträglichen rechnerischen Anpassung der Gebührensätze beruht nicht auf veränderten Vorgaben zur Gebührenberechnung, sondern auf einer generellen Vorgabe der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zur rückwirkenden Berechnung von Gebührensätzen. Danach ist es erforderlich, die ursprünglichen Prognose-werte der Kalkulation (Kosten, Einnahmen, Leistungsmengen) im Nachhinein durch die tatsächlich eingetretenen Werte zu ersetzen. Da die tatsächlichen Werte natürlich stets von den Prognosewerten abweichen, verändern sich hierdurch zentrale Kalkulationsgrößen nachträglich.

„Die nach den geschilderten Berechnungen insgesamt in den Jahren 2005 bis 2009 überzahlten Gebühren bleiben der Gemeinschaft der Gebührenzahler erhalten“, so der Dezernent weiter. „Sie werden nämlich im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben auf die Folgejahre 2015 bis 2017 vorgetragen, in denen sich dadurch der jeweilige Gebührenbedarf zugunsten aller Gebührenpflichtiger verringert.“ Bei der Erarbeitung ihrer Entscheidungsvorlage (Anlage: Zahlentableau) hat sich die Verwaltung hierbei von dem Prinzip leiten lassen, einen möglichst gleichmäßigen Gebührenverlauf zu bewirken. Für das kommende Jahr bleiben nach derzeitiger Einschätzung die Gebühren für Schmutz- und Niederschlagswasser konstant.

Die rechtliche Zulässigkeit der geplanten Vorgehensweise hat die auf Gebührenrecht spezialisierte Kanzlei bestätigt, von der die Stadt auch im Gerichtsverfahren vertreten wurde. Die in den Berechnungen zugrunde gelegten konkreten Kosten und Kostenzuordnungen wurden von einem Wirtschaftsprüfer geprüft und bescheinigt. Die formellen Anforderungen des Gerichts an die Gestaltung der Gebührenbescheide wurden bei der Erstellung von Bescheiden inzwischen berücksichtigt, so dass auch insoweit nunmehr Rechtssicherheit besteht.

Es ist vorgesehen, dass der Rat am 15. Juli über die vorgelegten Änderungssatzungen entscheidet, nachdem zuvor der Finanz- und Planungsausschuss sowie der Verwaltungsausschuss darüber beraten haben.