Die Bundesagentur für Sprunginnovationen hat die Teilnehmer der ersten SPRIND Challenge „Ein Quantensprung für neue antivirale Mittel“ bekanntgegeben. Von insgesamt 45 Bewerbungen aus Deutschland und Europa wählte die Jury insgesamt neun Teams aus. Darunter auch vier mit Forschern des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung in Braunschweig. Die Teams erhalten im ersten Jahr des drei Jahre dauernden Wettbewerbs jeweils bis zu 700.000 Euro für die Entwicklung von neuen Wirkstoffkandidaten gegen virale Erkrankungen. Hierüber berichtet das Zentrum in einer Pressemitteilung.
Prof. Mark Brönstrup vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig und Prof. Chase Beisel vom Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI), einer gemeinsamen Einrichtung des HZI mit der Julius-Maximilians-Universität (JMU) in Würzburg, überzeugten die Jury mit den von ihnen geleiteten Projekten. Die HZI-Wissenschaftler Prof. Carlos A. Guzmán und Dr. Christian Sieben sind als Kooperationspartner an zwei weiteren Vorhaben beteiligt.
Impfstoffe sind nicht alles
Die Covid-19-Pandemie, aber auch schon viele frühere Epidemien, haben deutlich gezeigt, dass Viren eine Bedrohung für die Gesundheit der Menschen weltweit sind. Trotz des beachtlichen Erfolgs von Impfstoffen werden auch antivirale Medikamente benötigt, um Erkrankten helfen zu können. Für viele Viruserkrankungen, die uns seit langem begleiten, gibt es bis heute noch keine wirksamen Medikamente. Der Blick auf Ausbrüche von SARS-CoV-1, MERS-CoV, Ebola oder Influenza verdeutlicht, dass wir uns für zukünftige Epidemien und Pandemien wappnen müssen. Damit ein Durchbruch bei der Entwicklung neuer antiviraler Medikamente gelingt, hat die Bundesagentur für Sprunginnovation zu dieser SPRIND Challenge aufgerufen. Dabei hat die Jury aus Wissenschaft und Wirtschaft vier Teams mit HZI-Beteiligung ausgewählt.
Prof. Mark Brönstrup, Leiter der Abteilung „Chemische Biologie“, nimmt mit dem Team PROTAC die Verdauung von Virus-Bestandteilen durch die Wirtszelle in den Blick. „Unsere Kernidee ist, dass man Virusproteine nicht nur temporär blockiert, sondern sie durch die Körperzellen abbaut. Die Technik hat Plattform-Charakter und kann rasch an neu auftretende Viren adaptiert werden“, sagt Brönstrup.
Bakterien gegen Viren
Bakterien haben zahlreiche Abwehrsysteme entwickelt, um sich gegen Viren, die Bakterien infizieren, zu verteidigen. Die Genschere CRISPR-Cas, die ebenfalls auf dem bakteriellen Immunsystem basiert, ist der Forschungsschwerpunkt der Gruppe „Biologie synthetischer RNA“ von Prof. Chase Beisel am HIRI. Mit seinem Team BacDefense will Beisel sich die Vielfalt der bakteriellen Abwehrkräfte als mögliche neue Quelle für antivirale Wirkstoffe zunutze machen. Die Forschenden suchen ein Abwehrsystem, das auch in menschlichen Zellen gegen Virusinfektionen wirkt und effektiv in die Zellen transportiert werden kann.
Noch im Körper eine Infektion verhindern
Dr. Christian Sieben, Leiter der Nachwuchsgruppe „Nanoinfektionsbiologie“, ist Mitglied des ebenfalls geförderten Teams „MucBoost“, das von Dr. Daniel Lauster an der Freien Universität Berlin koordiniert wird. Ziel des Projekts ist, die natürliche Schleimhautbarriere in den Atemwegen zu verstärken. Die Forschenden wollen den dort produzierten Mucus (Schleim) mit Molekülen ausstatten, die Viren gezielt binden. Somit wird der Abtransport unterstützt, bevor die Viren an eine geeignete Wirtszelle anhaften und eine Infektion auslösen können. Das HZI-Projektquartett komplettiert Prof. Carlos A. Guzmán, Leiter der Abteilung „Vakzinologie und angewandte Mikrobiologie“, mit dem Konsortium „EXIGENT“, koordiniert von Dr. Barbara Ensoli vom italienischen Istituto Superiore di Sanità (ISS). EXIGENT entwickelt bis zur Phase-I-Studie Moleküle mit einer doppelten antiviralen Wirkung durch die gleichzeitige Blockade von Viren und einer Verstärkung von Immunabwehrmechanismen gegen ein breites Spektrum von Virusinfektionen.
„Wir freuen uns sehr, dass das HZI in diesem Ideenwettbewerb so stark vertreten war und hervorragend abgeschnitten hat“, sagt Prof. Dirk Heinz, Wissenschaftlicher Geschäftsführer des HZI. „Dieser Erfolg zeigt, dass unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hochinnovative Ansätze verfolgen, um Viruserkrankungen künftig noch wirksamer bekämpfen zu können.“
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