Braunschweig. Freiwillige Feuerwehrkräfte, Sporttrainer, Hospizbegleiter oder Lesepaten, sie alle haben etwas gemeinsam – sie schenken ehrenamtlich Zeit und Kraft für Menschen. Um dieses Engagement zu würdigen und die Zukunft des Ehrenamtes zu diskutieren, veranstaltete die Bürgerstiftung Braunschweig am Mittwochabend den Ehrenamtstag.
"Zeit ist mehr als Geld", diese These stellte die Bürgerstiftung als zu diskutierendes Podiumsthema in den Raum und lud dazu Gäste aus Vereinen, Stiftungen, Wirtschaft, Wohlfahrt und Kirche ein. Unter den Gästen war auch der Niedersächsische Finanzminister Peter-Jürgen Schneider, der sich der gesellschaftlichen Relevanz der freiwilligen Arbeit zu wendete. "Wir wollen in einer Gesellschaft leben, in der sich die Stärkeren um die Schwächeren kümmern. Die Ehrenamtlichen sorgen für den Kitt der Gesellschaft." Er führte das Beispiel der Flüchtlingsthematik an: "Das Schicksal dieser Menschen bewegt viele. In der Flüchtlingspolitik sind wir ein ganzes Stück vorankommen – der Umgang mit Flüchtlingen hat sich geändert", so Schneider. Eine Willkommenskultur könne jedoch nicht funktionieren, wenn sie in einer Landesaufnahmestelle ende. An dieser Stelle würden oftmals Ehrenamtliche helfen, denn Hauptamtliche könnten nicht alles leisten. "Ehrenamt ersetzt nicht die staatliche Verantwortung, ist aber eine Ergänzung", sagte Schneider.
Wie sieht die Zukunft des Ehrenamtes aus?
An der Podiumsdiskussion beteiligten sich Pfarrer Friedhelm Meiners, der Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtverbandes Henning Eschemann, Stiftungsvorsitzender Ulrich Deissner, Unternehmerin Hildegard Eckhardt sowie der Präsident des Stadtsportbundes Franz Matthies. Die Moderation übernahm Armin Maus. Ehrenamt brauche Nachwuchs, sagte Franz Matthies und verwies auf die Problematik der Neubesetzung der vereinsinternen Vorstandsmitglieder. Ein weiteres Hindernis seien bürokratische Formalia, die bei einem Vereins-Betrieb beachtete werden müssten. Auch die wortwörtliche Regelung des Mindestlohnes hätte ihre Schwierigkeiten mit sich gebracht, so der 73-jährige Matthies. Alles in allem seien die Zahlen der sich ehrenamtlich Engagierenden sowohl in Niedersachsen als auch Braunschweig gestiegen. "Der Sport lebt vom Ehrenamt. Zeitweilig ist der Anspruch an einige Mandatsträger vielleicht zu hoch und auch der Zeitaufwand, den ein Ehrenamtlicher aufbringen muss, ist sehr hoch", so Matthies. Der Stadtsportbund beschäftigt bei 60.000 Mitgliedern zirka 5.500 Ehrenamtliche.
Ein weiterer Bereich, der von ehrenamtlichem Engagement lebt, ist die Kirche. "Die evangelische Kirche ist letztendlich ehrenamtlich organisiert", sagte Pfarrer Friedhelm Meiners. Die Kirche gewinne oftmals den Nachwuchs aus Konfirmandenunterricht und Jugendangeboten. Junge Menschen müsse man mit Spaß, Anerkennung sowie dem Nutzen zum Ehrenamt führen, sagte Henning Eschemann, Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtverbandes. "Junge Menschen wollen lernen und mitgestalten. Also muss man mehr Lebendigkeit schaffen." Das Geld könne man auch nicht ganz außen vor lassen: "Sie kriegen nur mehr Zeit durch mehr Geld", so Eschemann.
Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Ehrenamt
Die Braunschweiger Unternehmerin Hildegard Eckhardt erklärte ihre Sicht der Dinge aus sozial-wirtschaftlicher Verantwortung heraus. Für sie sei es eine Selbstverständlichkeit, ihren Mitarbeitern Zeit für Ehrenamt und Familie einzuräumen. "Ich wünsche mir für mein Unternehmen sozial-kompetente Mitarbeiter. Bei uns gibt es ein großes Miteinander zwischen den Eltern – man springt für einander ein, wenn es nötig ist. Dies bedarf natürlich auch der Flexibilität", so Eckhardt. Ihr Konzept käme auch bei den Unternehmenskunden gut an.
Abschließend der Podiumsdiskussion meldete sich ein Redner aus den Reihen des Publikums. Dieser erinnerte daran, dass man den Trainern auf den Sportplätzen, den vielen Helfern in sozialen Bereichen, einfach mal danken könne. Dies würde vielen Ehrenamtlichen schon ausreichen, sagte er.
Zahlen der Ehrenamtlichen bleibt bundesweit stabil
Der demografische Wandel zeigt sich indes auch im Ehrenamt, wobei der Durchschnitt von Bereich und Wohngebiet abhängt. So sind die Engagierten im Sportbereich jünger als in Ortsbürgervereinen in ländlichen Regionen. Dennoch ist die Zahl der Engagierten stabil. Laut dem Statistik-Portal Statista gab es im Jahr 2013 in der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahre rund 12,67 Millionen Personen, die ein Ehrenamt hatten beziehungsweise unentgeltlich in einer Bürgerinitiative, einem Verein, Verband oder Ähnlichem tätig waren. Insgesamt 50 Prozent der befragten 12 bis 13-Jährigen gaben in 2014 an, dass sie sich ehrenamtlich engagieren.
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