Zeitvertreib in der Krise: Naturnahes Gärtnern immer beliebter

Was seit zwanzig Jahren in Großbritannien als „Gardening for wildlife“ längst zur Volksbewegung wurde, beginnt sich hierzulande nun auch Bahn zu brechen.

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Symbolbild. | Foto: Pixabay

Region. Die nun bereits ein Jahr währende Corona-Krise mit den Lockdowns und Kontaktbeschränkungen hat zu einer „Renaissance des Gärtnerns“ geführt, so der NABU Niedersachsen in einer Pressemitteilung. Noch nie erreichten den Landesverband und seine Einrichtungen so viele Anfragen zu naturnahem Gärtnern wie in den zurückliegenden zwölf Monaten, berichtet NABU-Mitarbeiter Rüdiger Wohlers, der dabei einen besonderen Trend vermelden kann: „Sehr viele Menschen möchten im Garten oder Kleingarten ‚Natur einladen‘, möchten Lebensräume schaffen, ganz gleich, ob sie ‚Gartenanfänger‘ sind, die gerade erst ein Stückchen Erde übernommen haben, oder ob sie bereits seit Jahrzehnten gärtnern“, so Wohlers. „Wohl noch nie war die Sehnsucht nach einem kleinen Gartenparadies mit Rotkehlchen, Amsel, Igel, Eichhörnchen, Schmetterling, Biene und Co. so groß wie in diesen Monaten und Tagen.“ Der NABU gibt Tipps, wie das naturnahe Gärtnern gelingen kann.


Der NABU-Aktive erklärt: „Auffallend ist, dass beispielsweise viel mehr gezielte Nachfragen nach Möglichkeiten, etwas für Wildtiere im Garten ganz konkret tun zu können, sich auf speziellere Themen beziehen als bislang. Dies zeigt sich etwa darin, dass direkt nach Bauplänen für Nisthilfen gefragt wird, die jenseits der allgemein bekannten ‚Meisenkästen‘ liegen, etwa für Kleiber, Baumläufer, Hausrotschwanz, Bachstelze, Rotkehlchen und Co. Und auch Gebäudebrüter wie Mauersegler und Schwalben spielen eine viel größere Rolle als früher“, freut sich Rüdiger Wohlers, und fährt euphorisch fort: „Über allen anderen Themen thront jedoch als Nummer Eins das Insektensterben. Die Menschen haben verstanden, wie existentiell bedrohlich die Situation für die Insekten und damit für uns Menschen ist. Und: Sie sehnen sich nach der kleinen Serengeti hinter dem Gartentor, nach dem Maikäfer ihrer Kindheit, nach dem wohl auch in Folge des Klimawandels rar gewordenen Kleinen Fuchs, dem Tagpfauenauge, nach der Libelle am Teich. So entstehen in diesen Tagen viele kleine Insektenparadiese, überall in Niedersachsen – und das ist gut so! Und durch all das bekommen auch Kinder wieder mehr Bezug zur Natur – eine wichtige Grundlage, denn der Grundsatz ‚Ich kann nur schützen, was ich kenne‘ gilt uneingeschränkt.“

Hilfe für Kleintiere


Rüdiger Wohlers sehe im weiteren „Ranking“ der beim NABU Niedersachsen am stärksten abgefragten Gartenthemen den Igel, dessen stetigen Bestandsrückgang über Jahrzehnte in ganz Europa die Menschen durchaus bemerken. Möglichkeiten, Eichhörnchen zu helfen, artgerechte Vogelfütterung, die Anlage von Bruthecken für Vögel und kleiner Teiche seien die Topthemen der Menschen, die sich an den NABU wenden. „Aus vielen Anfragen der Menschen gehen auch Empörung und Ablehnung von Schottergärten und anderer Naturzerstörung, etwa durch zu starke Verdichtungen und Überbauungen in Städten und Dörfern hervor – die Menschen haben wirklich ‚die Nase voll‘ von Beton- und Asphaltorgien und seelenlosem Abstandsgrün in einstigen Gartenoasen, die zu Parkplätzen mit Kirschlorbeer und Schotter verwüstet wurden. Hier ist der Beginn einer breiten Gegenbewegung quer durch das Land erkennbar“, meint der NABU-Aktive.

Was seit zwanzig Jahren in Großbritannien als „Gardening for wildlife“ längst zur Volksbewegung wurde, beginne sich laut Wohlers hierzulande nun auch Bahn zu brechen. „Die Corona-Krise wirkt als Beschleuniger und Verstärker, wie sich auch an der Tatsache zeigt, dass heute Kleingärten stärker nachgefragt werden und viele Menschen sogar in Zeitungsannoncen Privatgrundstücke suchen, um sich einen Garten als kleine Rückzugsarche schaffen zu können“, ist Wohlers überzeugt, dass sich der Trend fortsetzen werde. „Der Siegeszug der naturnahen Gärten als Volksbewegung wird weitergehen. Wir sind Zeugen eines fundamentalen Wandels hin zur ‚Einladung an die Natur‘, die vielleicht als historisch bezeichnet werden kann“, ist sich Rüdiger Wohlers sicher.


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