Braunschweiger Forscher auf den Spuren des metabolischen Syndroms

In einem Forschungsverbund ist die Abteilung Biochemie und Bioinformatik der TU dabei, die Krankheiten des "westlichen Lebensstils" besser zu verstehen und neue Therapie-Ansätze zu finden.

Mikroskopaufnahme von Makrophagen.
Mikroskopaufnahme von Makrophagen. | Foto: Antonia Henne / Shirin Hosseini / TU Braunschweig

Braunschweig. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat den Sonderforschungsbereich (SFB) „Metaflammation and Cellular Programming“ in eine zweite Förderperiode aufgenommen. Im Zentrum des Forschungsverbunds steht die Untersuchung von Zusammenhängen zwischen westlichem Lebensstil und chronischen entzündlichen Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, neurodegenerativen Erkrankungen (zum Beispiel Alzheimer und Parkinson) und dem metabolischen Syndrom.



Die Abteilung Biochemie und Bioinformatik der Technischen Universität Braunschweig trägt in zwei Projekten mit ihrer Expertise im Bereich Stoffwechsel von Immunzellen (Immunmetabolismus) sowie mit Massenspektrometrie-basierten Verfahren zur Analyse metabolischer Prozesse wesentlich zu den wissenschaftlichen Fortschritten des Sonderforschungsbereiches bei. Das teilt die TU Braunschweig in einer Pressemitteilung mit.

Westlicher Lebensstil als Ursache


Ein westlicher Lebensstil mit übermäßiger Kalorienzufuhr, Bewegungsmangel und Umweltbelastungen beeinflusst das Immunsystem in einem Maße, dass chronische, niedriggradige Entzündungen – sogenannte Metaflammationen – entstehen. Diese Entzündungen begünstigen die Entwicklung zahlreicher Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Neurodegeneration oder Fettleibigkeit. Der Sonderforschungsbereich „Metaflammation“, angesiedelt an der Universität Bonn, verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, um die zugrundeliegenden molekularen und zellulären Mechanismen dieser Fehlprogrammierung von Immunzellen zu entschlüsseln. Dabei werden auch die Wechselwirkungen zwischen Zellen in entzündetem Gewebe und die Auswirkungen auf molekulare Signalwege untersucht.

Entzündungshemmendes Molekül entdeckt


Die TU Braunschweig ist mit zwei Projekten in den SFB eingebunden. In der ersten Förderperiode gelang den Forschern der Abteilung von Professor Karsten Hiller in Zusammenarbeit mit Professor Eicke Latz, Direktor des Deutschen Rheumaforschungszentrums, und weiteren Kolleginnen und Kollegen aus dem SFB eine wegweisende Entdeckung: Sie identifizierten in Immunzellen ein bisher unbekanntes Molekül, Mesakonat, das entzündungshemmend wirkt. Diese Substanz könnte eine Schlüsselrolle bei der natürlichen Kontrolle von Entzündungsprozessen spielen. Gleichzeitig fanden sie heraus, dass in entzündeten Immunzellen – speziell in sogenannten Makrophagen, die Menge der Aminosäure Aspartat stark reduziert ist. Dies deutet darauf hin, dass diese Aminosäure eine wichtige Rolle bei der Steuerung von Entzündungsprozessen übernimmt.

Professor Karsten Hiller mit PhD Antonia Henne.
Professor Karsten Hiller mit PhD Antonia Henne. Foto: Julia Koblitz / Mohamed Zakaria Nassef / TU Braunschweig


In der nun beginnenden zweiten Förderperiode stehen die Fragen im Mittelpunkt: Warum fehlt Aspartat in entzündeten Makrophagen, und welche Auswirkungen hat das auf deren Funktion? Besonders interessiert die Forscher, wie Aspartat die Produktion von Stickstoffmonoxid (NO) beeinflusst – einem Molekül, das Makrophagen zur Abwehr von Krankheitserregern und zur Regulierung von Entzündungen einsetzen.

Weg für innovative Therapien


Die enge Zusammenarbeit verschiedener Experten-Teams erlaubt den Einsatz modernster Technologien, darunter Zellkultur- und Tiermodelle, um die komplexen Wechselwirkungen zwischen Aspartat, Mesakonat und weiteren Schlüsselmetaboliten zu entschlüsseln. Diese Erkenntnisse könnten den Weg für innovative Therapien ebnen, die gezielt gegen chronische Entzündungen wirken und die Gesundheit langfristig fördern.

Zentrales Serviceprojekt – Metabolisches Profiling


Beim „Metabolischen Profiling“ kommen hochmoderne Technologien der Massenspektrometrie zum Einsatz. Sie ermöglichen es, winzige Moleküle – sogenannte Metaboliten – in Zellen, Geweben und Körperflüssigkeiten zu identifizieren und zu quantifizieren. Metaboliten sind die Bausteine und Zwischenprodukte chemischer Prozesse im Körper und spielen eine zentrale Rolle bei der Energiegewinnung, dem Aufbau von Zellen und der Steuerung von Entzündungsreaktionen. Ihre Untersuchung liefert entscheidende Hinweise darauf, wie Stoffwechselprozesse und Entzündungen zusammenhängen.

Die TU Braunschweig entwickelt hierfür nicht nur spezifische Analysemethoden, sondern stellt auch standardisierte Protokolle zur Verfügung, die von den anderen Forschungsgruppen des SFB genutzt werden können. So wird beispielsweise untersucht, welche Stoffwechselprodukte bei chronischen Entzündungen eine Rolle spielen und wie diese gezielt beeinflusst werden könnten, um Krankheiten wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen besser zu verstehen und zu behandeln.

Neue Ansätze für Therapien und Prävention


Dank der zentralen Rolle dieses Serviceprojekts trägt die TU Braunschweig entscheidend dazu bei, die metabolischen Grundlagen der Metaflammation zu entschlüsseln. Die gewonnenen Erkenntnisse helfen, das Zusammenspiel von Immun- und Stoffwechselsystem zu verstehen und potenzielle neue Ansätze für Therapien und Prävention zu entwickeln. Dieses Projekt ist ein wesentlicher Baustein für den Erfolg des gesamten Forschungsverbunds.

Der Sonderforschungsbereich „Metaflammation“ vereint die Expertise von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus verschiedenen Institutionen, darunter die Universität Bonn, die TU Braunschweig, das Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung in Köln, das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen in Bonn und das Deutsche Rheumaforschungszentrum in Berlin. Gemeinsam verfolgen die Forschenden das Ziel, innovative Strategien zur Prävention und Therapie von Metaflammation-assoziierten Erkrankungen zu entwickeln.

Gesellschaftliche Bedeutung betonen


Mit der zweiten Förderphase (Januar 2025 bis Dezember 2028) wird der SFB nicht nur neue wissenschaftliche Erkenntnisse gewinnen, sondern auch deren gesellschaftliche Bedeutung betonen. Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärungskampagnen wie etwa eine Museumsausstellung und der Dialog mit politischen Entscheidungsträgern tragen dazu bei, die Relevanz eines gesunden Lebensstils für die öffentliche Gesundheit zu verdeutlichen.


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