Das Restaurant Brodocz in Braunschweig ist etwas Besonderes. Hier treffen sich Vegetarier, Biofreunde, Fleischliebhaber, Muslime zum bewussten Genuss.
Toleranz fängt in der Küche an. Das Team im Brodocz.[/image] Gut manchmal, dass es einen Ausbilder gibt oder Eltern, die jemandem in einer Krisensituation über den Berg helfen. So eine Ausbildung nach der Schule ist ohnehin schon keine einfache Sache. Die zum Koch sowieso nicht. Nicht umsonst wird in diesen Tagen die Ausbildungsproblematik in der Gastronomie beklagt. Was zukünftigen Genießergenerationen durch schlechte Bedingungen oder Bezahlung entgehen kann, das erlebt man heute bei Ralf Brodocz. Wenn er während der Lehre zum Koch im Harz nicht bekniet worden wäre, weiterzumachen, dann würden wir jetzt kaum im gemütlichen Innenhof seines Restaurants sitzen. Schräg gegenüber von Karstadt auf der Stephansstraße liegt ein bisschen versteckt eine kleine kulinarische Oase. Dieses Restaurant hat Ralf Brodocz in 26 Jahren nicht nur aufgebaut, sondern auch in allen Belangen geprägt.
Ralf Brodocz ist gut gelaunt, wenn er in der Küche kreativ sein kann.[/image]
Der Weg zum eigenen Stil
Das fängt bei seiner eigenen, authentischen Küche an, die immer wieder Grenzen austestet, und hört bei der Musikauswahl aus, wenn der Musikliebhaber selbst auflegt. Bei der Musik sei es so wie beim Essen, erklärt Ralf Brodocz. Er möge unzählige Stile – von Hardrock bis zu Klassik; von Schnulzen bis Country-Musik. Der einzige Maßstab für ihn sei, dass die Qualität gut ist. Damals im Harz, da sei ihm das beinahe zu viel geworden, blickt der engagierte Koch zurück: »Ich habe mit 15 meine Lehre angefangen und hatte noch etwas anderes im Kopf, als in der Küche zu spuren.« Schlechte Arbeitszeiten, ein rauer Ton und viel, viel Arbeit. Statt Ordnung und Disziplin war der »Summer of Love« der Hippiebewegung verspätet auch ins Oberharzer Bergland geschwappt und faszinierte den jungen Koch. Der Traum vom Ausbruch aus der bürgerlichen Zwangswelt vertrug sich verständlicherweise so gar nicht mit dem Alltag.Eine kulinarische Oase in der Braunschweiger City.[/image]
Die Wiederentdeckung einer Leidenschaft
Dass er seine Ausbildung zu Ende gemacht hat, erweist sich heute als eine Bereicherung für die kulinarische Landschaft Braunschweigs. Ralf Brodocz hielt durch und hängte die Kochmütze erst nach der Lehre für zwei Jahre an den Nagel. Eigentlich wäre der Schulabgänger nach dem Abschlusszeugnis lieber Chemiker geworden. Aber wer konnte sich den beruflichen Weg damals schon aussuchen? In den zwei Jahren der ersten Freiheit geschieht das Erstaunliche. Was gerade noch Zwang war und unliebsam, beginnt wie ein junger Spross erneut auszukeimen. Je länger die Lehrzeit verstrichen war, umso klarer wurde für Ralf Brodocz: Kochen, das ist doch meins. Und dann war er auch bald wieder im Geschäft. Die gute Ausbildung machte sich nun bezahlt.Der Weg in die Selbstständigkeit
Der Ausgelernte, nunmehr freiwillig Kochende bildete sich weiter. An der Hotelfachschule in Berlin. Beschäftigte sich mit Management und der Tätigkeit als Geschäftsführer. Wenn man mit Ralf Brodocz spricht, wundert einen nicht, dass ihm dieser Weg nicht genügte. Die einzige Möglichkeit, um sich als Koch voll zu entfalten, das ist die Selbstständigkeit. Durch glückliche Schicksalsfügungen wurde das realisierbar. Und durch Fleiß und Kreativität hat es bis heute Bestand. Einmal mehr bewahrheitet sich eine Spruchweisheit Johann Wolfgang von Goethes: »Was du ererbt von deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen. Was man nicht nützt, ist eine schwere Last.« Für das Brodocz hieß das: Der ambitionierte Koch sah einen Weg, aus seinem Erbe ein besonderes Restaurant zu formen. Und gegen alle Widerstände verwirklichte er das.Genießen in gemütlicher Atmosphäre.[/image]
Die Idee einer vegetarischen Küche
Vor 26 Jahren war die Idee eines vegetarischen Restaurants ein echtes kulinarisches Wagnis. Menschen, die in Bioläden gingen und überdies noch vegetarisch aßen, waren mit Sicherheit nicht das Zielpublikum für eine moderne Gourmetküche. Heute hat sich ein Imagewandel vollzogen. Bio ist Gourmet und Vegetarismus heißt Geschmacksvielfalt. So viel Mut, als Trendsetter in der Provinz anzutreten: Das ist schon bemerkenswert. Stehen geblieben ist Brodocz dabei nicht. Aus Vegetarismus wurde eine konsequente Biolinie und aus der Biolinie wurde vor ein paar Jahren die Herausforderung, sein Restaurant für bewusste Fleischesser zu öffnen. Erst kürzlich schließt Ralf Brodocz auch Muslime nicht mehr aus. Es gibt Halal geschlachtetes Fleisch bei ihm.Tolerant und kulinarisch geht
Dass die Offenheit nicht ohne Risiko war, mag Ralf Bodocz klar gewesen sein. Wie alles im Leben wird er es jedoch als Herausforderung empfunden haben. »Mein Restaurant soll ein Ort für gelebte Toleranz sein«, betont er. Man müsse die Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit so akzeptieren, wie sind. Und dazu gehöre vor allem zu akzeptieren, was sie essen. Dass diese Toleranz nicht jeder aufzubringen vermag, hat er inzwischen gemerkt. Aber Ausnahmen gebe es immer, meint er. Und insgesamt werde sein weltoffenes kulinarisches Konzept angenommen. Die Gäste kämen von weit her. Auch, weil Ralf Brodocz auf die Bedürfnisse von Menschen mit Lactose und Glutenintoleranz eingeht. Das sei ebenfalls notwenig um niemanden auszuschließen, erklärt er. Und so vielfältig, wie die Menschen, die ins Brodocz gehen, ist seine Küche. Er lasse sich von allen Kulturen inspirieren und versuche, deren Geheimnissen überall auf die Spur zu kommen.Werbung für den Beruf Koch
Wenn wieder einmal diskutiert wird, warum den Küchen in Deutschland die Auszubildenden ausgehen, fragt man am besten Menschen wie Ralf Brodocz. Der hat sich selbst verwirklicht und damit seine eigene, unverwechselbare Küche geschaffen. Und wenn es während der Ausbildungszeit schwierig werden sollte, dann wünscht man sich überzeugende Ausbilder und Eltern oder Freunde, die unsere Kochtalente von morgen zum Weitermachen ermutigen. Im Brodocz erleben sie: Es kann sich lohnen. Restaurant Brodocz Stephanstraße 2 38100 Braunschweig Telefon: 0531 42236mehr News aus der Region