Hannover. Im Niederdeutschen hat sie einen Namen erhalten, der wohl kaum treffender sein kann: Wippsteert wird sie dort genannt, denn ihr Gang mit der stets wippenden, langen Schwanzfeder ist charakteristisch – die Bachstelze. Nicht etwa nach dem großen Komponisten benannt, nein, durchaus mit Bezug zu ihrer großen Leidenschaft, der Nähe zu Gewässern. Der NABU Niedersachsen ruft Vogelfreunde dazu auf die Bachstelzen in ihrer Brutzeit zu unterstützen und Nischen-Nistkästen aus Holz für die gefiederten Freunde anzulegen. Dies berichtet der NABU in einer Pressemitteilung.
„Die Bachstelze hat vermutlich jeder schon gesehen“, nimmt Rüdiger Wohlers vom NABU Niedersachsen an, „aber immer wieder erreichen uns Anrufe, in denen nach ihr gefragt wird, ohne dass die Person den Namen dieses auffallend schwarz-weißen Vogels kennt: Da können wir gern aushelfen!“ Und er fügt Interessantes zu ihrer Lebensweise an, denn auch für die Bachstelze kann im Garten, sogar im Kleingarten, auch im Park, auf dem Schulhof oder auf dem Gewerbegelände etwas getan werden, kann Hand angelegt werden, um mehr Artenvielfalt einzuladen: „Die Bachstelze ist eine echte Kulturfolgerin. Kam sie ursprünglich aus Uferlandschaften mit naturnahen Gewässern, Altarmen, Abbruchkanten und anderen Elementen, hat sie sich über die vergangenen Jahrhunderte mehr und mehr dem Menschen angenähert, indem sie offene Parks, Gärten, Wiesen und Weiden als Nahrungsräume und Gebäudezugänge als Brutplätze bezog. Bachstelzen sind oft und gern in der Nähe von Gewässern zu finden, auf diese jedoch nicht zwingend angewiesen“, berichtet Wohlers, „entscheidend ist das Nahrungsangebot. Das Spektrum der bevorzugten Nahrung umfasst vor allem Insekten, aber auch Würmer, Schnecken und Spinnen. Auch Ameisen werden durchaus nicht verschmäht; es kann gut sein, dass eine Bachstelze eine ‚Ameisenstraße‘ gut im Visier hat und versucht, eine nach der anderen aufzupicken, dabei wie immer flink herumtrippelnd.“
Bachstelzen ziehen im Herbst nach Süden
Bachstelzen ziehen im Herbst im Regelfall gen Süden – aber längst nicht alle. Immer wieder wird von hierzulande überwinternden Bachstelzen berichtet. Die ziehenden Tiere aus unseren Breiten legen dabei im Vergleich zu vielen anderen Vogelarten keine sehr langen Wege zurück; oft führen sie nur bis in den Südwesten Europas, nach Frankreich, Spanien oder Portugal, manchmal auch weiter bis nach Nordafrika, wo sie bis nach Marokko und Algerien ziehen, um dort die in Europa herrschende kalte Jahreszeit – die infolge des Klimawandels immer wärmer wird und sich möglicherweise auch bereits auf das Zugverhalten so mancher Vogelart auswirkt – zu verbringen.
Als Brutreviere hoch willkommen sind Bachstelzen große Gärten, offene Parks mit Wiesenflächen, auch Sportanlagen, wenn sie nicht zu künstlich sind, sowie Brachen und Weiden, wo sie oft in unmittelbarer Nähe von Schafen, Ziegen, Pferden und Kühen ihre Nahrung suchen. Im Frühjahr zurückgekehrt, werden im Brutgeschäft bis zu sieben Eiern gelegt. In dem Nest, das aus Halmen, Blätter, Moos und Federn gebaut und ausgekleidet wird, wachsen dann die jungen Bachstelzen heran. Die Brutdauer umfasst rund 14 Tage, die Aufzuchtzeit der Jungen im Nest weitere 16 Tage, bis sie ausfliegen und draußen von den Alttieren zunächst weiter gefüttert werden. „Die Bachstelze ist fleißig bei der Reproduktion“, merkt NABU-Mitarbeiter Wohlers an: „In der Brutzeit von April bis Juli, in günstigen Jahren bis in den August, werden zwei, manchmal sogar drei Bruten pro Jahr durchgeführt!“ Dann haben die Altvögel „alle Schnäbel voll zu tun“, wie er schmunzelnd ein Bild beschreibt, das viele Vogelfreunde gut kennen: „Es werden bei jedem Flug gleich mehrere Würmer und Insekten im Schnabel aufgenommen, die an den Seiten herausragen, und dann zu den aufgerissenen Mäulern der unnachlässig um Nahrung bettelnden Jungvögel gebracht werden – eine Spitzenleistung!“, zollt der Naturschützer den kleinen Tieren Respekt.
Bachstelzen bevorzugen Nischenbrutplätze
Die Bachstelze bevorzugt als Brutplatz – wie auch ihre Unterart, die Trauerbachstelze, die über ein fast durchläufig schwarzes Rückengefieder verfügt – Nischenbrutplätze; und diese fand sie von alters her an Häusern. Oft sind es kleine Nischen unter oder hinter Verschalungen, hinter abstehenden Mauerstücken, über Windfängen oder in Maueraussparungen, stets möglichst geschützt, mit einem „Dach über dem Kopf“. Mit der Perfektionierung von Bauweisen, der Altbausanierung und aus Energiespargründen stark isolierten Neubauten hat sie – wie viele Gebäudebrüter – zunehmend Probleme, geeignete Brutplätze zu finden. „Und wir begrüßen die bessere Isolierung der Gebäude ja ausdrücklich“, betont Rüdiger Wohlers, „weil sie ein wichtiger Beitrag zum alles Leben bewahrenden Klimaschutz ist.“ Deshalb rät der NABU Niedersachsen allen, die der Bachstelze helfen möchten, einen Nischen-Nistkasten, eine sogenannte Halbhöhle, an einer Gebäudewand anzubringen, möglichst geschützt, möglichst unter einem Vorsprung, der nach oben hin Regenschutz und Deckung bietet, und Richtung Südosten ausgerichtet. „Ein solcher Nistkasten sollte nicht zu niedrig angebracht werden, und stets für Katzen unerreichbar“, fügt Wohlers an: „Er kann leicht selbst aus Holz gefertigt werden. Oder es wird auf einen Nistkasten aus dem witterungsbeständigen Material Holzbeton im Fachhandel zurück gegriffen, sodass der Kasten dann viele Jahrzehnte halten kann.“ Sinnvoll sei es, ihn im Herbst vom alten Nistmaterial durch Ausfegen zu befreien, sodass sich darin im kommenden Frühjahr keine für die Vögel lästigen Parasiten finden können. „Oft findet der Kasten auch einen anderen ‚Mieter‘, nämlich den Grauschnäpper oder einen Hausrotschwanz; aber auch diese sind herzlich willkommen, denn wir wollen ja Vielfalt in unseren Gärten und unserer Landschaft!“
"Tierfreunde sollten aktiv werden"
Und so hofft der NABU-Mitarbeiter darauf, dass die Bachstelze noch viel mehr Freunde finden wird: „Auch, wenn diese Art heute noch als im Bestand stabil und ungefährdet gilt, kann sich dies schnell ändern“, mahnt er, für alle Tier- und Pflanzenarten aktiv zu sein, ungeachtet ihrer aktuellen Gefährdung. „Artenvielfalt einzuladen, ist eine wunderbare Sache, und dabei zu beobachten, wie oft bereits durch einfache Maßnahmen die Artenfülle steigt, auch im heimischen Garten, ist beeindruckend.“ Er hofft, dass viele Gärten noch naturnäher werden – „auch Schulhöfe, Parks und Gewerbeflächen“ – und viele neue Halbhöhlenkästen gebaut und angebracht werden. „Das geht auch gut an Scheunen und Werkshallen sowie an Schulen“, sagt Rüdiger Wohlers, der sich auch gut vorstellen kann, dass in Schulen im Werkunterricht solche Kästen mit den Kindern gebaut werden und die Lebensweise der Bachstelze im Biologieunterricht behandelt wird. „Wenn dann die Kästen gemeinsam mit den Kindern in einem Schulgarten oder andernorts angebracht und immer mal wieder beobachtet werden, kann das auch noch einen guten umweltpädagogischen Effekt haben“, schlägt der NABU-Mitarbeiter auch Lehrern vor, aktiv zu werden.
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