Wolfsburg. "Während Beschäftigte in den Bürobereichen im großen Stil in die mobile Arbeit wechselten, stehen die Werksarbeiter dicht an dicht am Band", aus Sicht des VW-Betriebsrates war dies ein unhaltbarer Zustand. Nun sei der Betriebsstopp für die allermeisten VW-Werke für diesen Freitag beschlossen worden. Dies gaben die Arbeitnehmervertreter in einer Pressemitteilung bekannt.
Der Konzern bestätigte die Entscheidung am Dienstagvormittag in seiner Jahrespressekonferenz, die aufgrund der aktuellen Lage ohne Gäste abgehalten wurde. Noch am Montag hatte Volkswagen Gerüchte über Produktionsstopps dementiert, die Produktion laufe weiter, hieß es (regionalHeute.de berichtete).
Die Gründe für die jetzige Entscheidung seien neben dem Schutz der Konzernangestellten auch wirtschaftlich begründet. Die Nachfrage sei drastisch eingebrochen, andererseits werde auch die Beschaffung von Bauteilen für Volkswagen in den kommenden Wochen zum Problem. Konzernchef Stefan Sommer: "Wir haben uns bis jetzt über China versorgen können, über die normale Lieferkette und sind diese Woche abgesichert. Es wird allerdings immer schwieriger, sodass wir mit Unterbrechungen der Lieferkette in der nächsten Woche rechnen müssen"
"2020 ist ein sehr schwieriges Jahr. Wir stehen vor ungekannten operativen und finanziellen Herausforderungen."
Man beobachte nun fortlaufend die Betriebssituation und die Versorgung der einzelnen Werke. "Abhängig davon werden wir auch Kurzarbeitergeld beantragend", erklärt Sommer. Weitere Pläne zur Inanspruchnahme von finanzieller Unterstützung geb es nicht. "Priorität hat die Abschaltung der Werke, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern. In Italien sind unsere Werke bereits geschlossen, seit mehreren Tagen und Wochen", berichtet Diess. In China hingegen laufe die Produktion bereits wieder an. Die Showrooms seien geöffnet, die Logistik funktioniere. Dies zeige laut Diess, dass das Krisenmanagement gut funktioniere. Die Erfahrungen aus China werden auch in Deutschland anwendung finden können.
Kritik an "Zweiklassengesellschaft"
Der Vorstand habe mit den nun anstehenden Produktionsstopps auf den Druck des Betriebsrates reagiert. Dieser kritisierte zuvor eine "Zweiklassengesellschaft" im Betrieb. "Während überall bei VW Abstandsgebote gelten, arbeiten die Kolleginnen und Kollegen im direkten Bereich Schulter an Schulter an den Fahrzeugen. Während Beschäftigte mit Gleitzeit ihre Pausen nach der Schließung der Betriebsrestaurants zu selbstgewählten Zeiten am Schreibtisch verbringen können, sitzen die Kolleginnen und Kollegen alle zu vorgeschriebenen Zeiten im engen Team-Raum", listet der Betriebsrat auf.
"Wir erwarten jetzt einen geordneten Ausstieg aus der Fertigung!
Familien müssen geschützt werden
"Die Kolleginnen und Kollegen sehen nicht mehr ein, warum sie ohne eine klare Ansage und ohne klare Worte aus dem Management für ein paar hundert Autos mehr eine Ansteckung riskieren sollen, die sie dann womöglich früher oder später nach Hause in ihre Familien tragen", argumentiert der Betriebsrat und konstatiert: "Wir Betriebsräte teilen diese Auffassung und haben dem Vorstand daher unmissverständlich klargemacht, was die Mannschaft von dieser Zweiklassengesellschaft hält."
Mit der Entscheidung zum Produktionsstopp sei damit zwar auf die Kritik reagiert worden, jedoch halte der Betriebsrat den Zeitpunkt für zu spät. Er fordert einen sofortigen Stillstand der Produktion. Ebenso bestünden Unklarheit für die übrigen Standorte, insbesondere auch das Werk in Zwickau, wo derzeit die Elektrofahrzeuge der ID-Reihe gebaut werden. "Wir erwarten eine Lösung - Denn einige im Vorstand wollen ihrer Verantwortung offenbar nicht gerecht werden", so der Betriebsrat abschließend.
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