In der Wolfenbüttler Rösterei Treccino gibt es seit einiger Zeit Kaffe aus dem Orang Utan Coffee-Projekt aus Sumatra. Kulinarisch38 kostete und fragte nach.
Bild: Orang-Utan Regenwald GmbH.[/image]
Beim letzten Einkauf im Treccino in Wolfenbüttel wanderte ein Orang-Utan-Kaffee in den Rucksack. Mehr wegen des Geschmacks, den Monika Steinig anpries, als wegen der freundlichen Menschenaffen, die auf dem Label zu sehen sind. Nicht, dass ich Menschenaffen nicht mögen, und den Schutz von Regenwäldern als unwichtig ansehen würde. Grund ist vielmehr das Misstrauen. Spätestens, seit in Discountern Rosen unter dem Fairtrade-Siegel feilgeboten werden. Das verheißt, die Pflückerinnen arbeiteten unter besten Bedingungen. Spätestens seit dem muss man wohl skeptisch geworden sein. Dann zog die Wochenzeitung »Die Zeit« auch kürzlich noch den letzten Zahn in Sachen »Glaube an eine gerechtere Welt«. Die Welt werde nicht mit jedem Schluck besser, wenn man nur ein paar Cent mehr ausgäbe. »Fairtrade-Kaffee hat nach Einschätzung verschiedener Forscher nur wenig bis vernachlässigbare Auswirkungen auf die Produzenten, vor allem die armen«, ist das ernüchternde Resümee der Bestandsaufnahme.
Wer schützt den Regenwald?
Umso spannender die Frage, wie es sich mit dem Orang Utan Coffee-Projekt verhält. Die Google-Suche führt zur Seite der Initiative. Die Rahmendaten sind rasch recherchiert. Offenbar garantiert das Regenwaldklima Sumatras die Voraussetzungen für einen qualitativ hochwertigen Kaffeeanbau – das schmeckt man gleich. Außerdem, so die Initiative, sei der Regenwald gleichzeitig Lebensraum für den Sumatra Orang Utan. Und dessen Bestand sei bedroht. Die Vernichtung des Regenwaldes: kein Schüler, der davon nicht im Erdkundeunterricht erfahren hätte. Kein Jahr, in dem nicht in bewegten Bildern oder Artikeln darüber berichtet werden würde. Ohne, dass sich daran etwas ändern würde. Solche Landstriche sind weit weg und für die Mehrheit erst dann interessant, wenn ein Tsunami über sie hinwegbraust. Leider. Das Kaffee-Projekt fördere nun Bauern, die ihre Plantagen unter ökologischen Gesichtspunkten bewirtschaften und damit auf Rodungen verzichtet.
Regina Frey und Suherry Aprianto. Bild: Orang-Utan Regenwald GmbH.[/image]
Vertrauen ist gut…
Papier ist geduldig. Das Internet erst recht. Auf meine Anfrage bekomme ich aber Antwort von einer Verantwortlichen, die auch vor Ort tätig ist. Vertrauen kann nur mit Transparenz entstehen. Und das persönliche Eintreten für eine Sache ist Voraussetzung dafür. Regina Frey antwortet Kulinarisch38 vom Rande des Gunung Leuser Nationalparks auf die Frage, wie sich das Projekt von anderen unterschiede und wie die Kontrollen aussähen? Schließlich seien die Verbraucher angesichts der Vielzahl von Labels verunsichert:
»Ich verstehe, dass die KonsumentInnen ob der vielen Labels verunsichert sind. Zudem sind die international anerkannten Labels wie Fairtrade Max Havelaar sehr teuer und kommen für kleine Plantagen ohne Unterstützung von außen nicht infrage, da die Inspektionen ebenso von international akkreditierten Kontrollfirmen durchgeführt werden müssen. Da wir jedoch seit vielen Jahren mit der Schweizer Kontroll- und Zertifizierungsfirma bio.inspecta beim Aufbau der von uns initiierten indonesischen Zertifizierungs- und Kontrollfirma LeSOS (Hauptsitz in Ostjava in der Nähe unseres Umweltbildungszentrums dort) zusammenarbeiten, sehen wir vorläufig von internationalen Zertifizierungen ab und produzieren nach eigenen Orang-Utan-Richtlinien, deren Einhaltung regelmäßig von LeSOS (externe Inspektion von Ostjava aus) überprüft wird.
Missbrauch ist schwierig beim Orang Utan Coffee-Projekt
Ein Missbrauch wäre jedoch ohne aktives Mitmachen unsererseits sehr schwierig zu bewerkstelligen, denn wir haben unsere eigene Agronomin, die die Plantagen besucht und die Bauern berät. Zum Beispiel ist der Einsatz von Herbiziden für das geübte Auge leicht erkennbar. Erst kürzlich haben wir Bodenproben entnommen und untersuchen lassen auf eventuelle Rückstände. Der Befund war durchgehen negativ.
Die Orang-Utan-Richtlinien bestehen aus den indonesischen Bio-Richtlinien SNI, die wir mit weiteren Anforderungen ergänzt haben (kein Fangen, Handel oder Jagd von geschützten Pflanzen- oder Tierarten). Die Prämie von EUR 0.50 pro Kilogramm Rohkaffee für den Kaffeebauern (zusätzlich zu einem fairen Kaffeepreis) ist sehr großzügig und steht den Bauern zur Verfügung. Wir erwarten aber, dass sie die Prämie zusätzlich für die Anschaffung von Geräten, Aufbau von Infrastruktur zur Qualitätsverbesserung, etc. verwenden. Auch wir beteiligen uns an diesen Kosten. Wir sind überzeugt, dass es richtig ist, wenn sich die Kaffeebauern als selbstständige Unternehmer an den Kosten beteiligen und so Verantwortung übernehmen.
Behutsames Trocknen der Bohnen. Bild: Orang-Utan Regenwald GmbH.[/image]
Langfristige Partnerschaften
Zudem ist durch den Bio-Anbau eine langfristige Partnerschaft mit den Kaffeebauern gewährleistet. Anders als beim Fairtrade-Label, das mit Kontingenten arbeitet, muss beim Bio-Anbau die Rückverfolgbarkeit jedes Kilogramms Kaffee gewährleistet sein. So können wir Missbrauch vermeiden und eine nachhaltige vertrauensvolle Partnerschaft mit den Bauern aufbauen. Das braucht aber Zeit und Rückschläge kommen vor. So mussten wir bereits einige Bauern (bis zu einem Drittel einer ›growers‘ group‹) ausschließen, weil sie Herbizide verwendeten.«
Der Ökologische Fußbadruck
Wichtiges Anliegen der Initiative ist es, in Bezug auf den Orang-Utan-Kaffee den ökologischen Fußabdruck, also die negativen Auswirkungen auf die Umwelt, so gering wie möglich zu halten, versichert Regina Frey. Das schließlich soll den Bestand der Tiere gewährleisten. Mensch und Tier, so Frey, »können recht gut zusammenleben, solange der Mensch dem Orang-Utan seinen Lebensraum zugesteht, bzw. wenn Kulturland und Wildnis in einem guten Gleichgewicht zueinander stehen. Das bedeutet, dass z.B. der Wasserhaushalt noch in Ordnung ist. Das gilt auch für den Arabica-Kaffee, der am besten am Fuße des Regenwalds gedeiht, wo er von einem stabilen feucht-kühlen Mikroklima profitiert.«
Zukunft für Mensch und Tier. Bild: Orang-Utan Regenwald GmbH.[/image]
Der Kontakt zum Kunden
Der Kontakt zu den kleinen Röstereien sei für die Initiative wichtig. Die pflegten einen persönlichen Kontakt zu ihrer Kundschaft und seien wirkliche Orang-Utan-Coffee-Botschafter! Das bedeute, so Frey: »Wir weisen deshalb Anfragen nach Exklusivität ab. Obwohl wir gewisse Mengen verkaufen müssen, um etwas bewegen zu können, bauen wir auf die Kooperation mit kleinen Röstereien als Sympathieträger für unser Anliegen. Denn schlussendlich geht es darum, möglichst viele KaffeetrinkerInnen für den Regenwaldschutz zu sensibilisieren, denn ohne Regenwald kein guter Kaffee und auch kein Überleben für den Sumatra Orang-Utan!«. Dazu gibt es das Angebot, über die Röstereien das Projekt im Gayo-Hochland zu besuchen. Für Monika und Andreas Steinig ein Traum. Und Kulinarisch38 würde sich mit Kamera und Notizheft ebenfalls sofort auf den Weg machen. Keine Frage :)
Sumatra ist eine Reise Wert
Ob die Welt bei der Entscheidung für den Orang-Utan-Kaffee mit jedem Schluck besser werde, sei dahin gestellt. Aber wenn man die Wahl hat, etwas Gutes oder etwas Schlechtes zu machen, sollte die Entscheidung leicht sein. Es muss ja nicht gleich die ganze Welt sein, die gerettet wird. Ein kleiner Teil genügt. Und als Kaffeetrinker wird man beim Treccino sogar noch durch Genuss belohnt. Denn schmecken tut er, der Orang-Utan-Kaffe, vorzüglich. In Sumatra angebaut und in der Lessingstadt geröstet. Das ist Globalisierung und Regionalität unter einen Hut gebracht.
Weitere Informationen zum Orang Utan Coffee-Projekt.
Den Kaffee aus dem Projekt gibt es bei der Kaffeerösterei Treccino in Wolfenbüttel.
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