Das Saphir eröffnet Geschmackswelten

von Andreas Molau




Ein Jahr nach der ersten Begegnung traf ich André Münch wieder und ließ mich von seinem Team kulinarisch verzaubern. Im Gourmetrestaurant Saphir


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Fast genau ein Jahr ist es her. Da hatte ich mich nach Wolfsburg auf den Weg gemacht, um André Münch zu besuchen. Münch war ins idyllisch gelegene Hotel an der Wasserburg gekommen, um kulinarisch zu zaubern. Ich bin neugierig, was sich für ihn erfüllt hat, wie sich die Dinge entwickelt haben. Wir treffen uns diesmal in der Küche. Das Team um André Münch zeigt offen, wie im Saphir gearbeitet wird. Das Saphir ist das Gourmetrestaurant im Hotel an der Wasserburg. Der Name weckt natürlich Assoziationen. Soll er vermutlich auch. Ich bin ein Freund von Schallplatten. Und so wie der Saphir den gewundenen Rillen die schönsten Töne entlockt, kann man sich das in diesem schmucken Gourmettempel vorstellen, wo Aromen und Geschmackserlebnisse aus dem Gaumen gekitzelt werden. Ein Bild, das zutrifft, wie ich auf dem Nachhauseweg konstatiere. Aber von vorn. 17 Uhr: Ich treffe André Münch auf dem Parkplatz. Wenn andere von der Arbeit nach Hause kommen, fängt er erst an. Seine Küchenmannschaft um den zweiten Küchenchef Oskar Majewski ist bereits fleißig. In der Küche herrscht emsiges Treiben. Und auch wenn heute noch einiges anliegt, wie mir André Münch verrät, kann ich keinerlei Anspannung spüren. [wowslider id="206"]

Ruhige Atmosphäre

Im Gegenteil. Münch macht als Erstes Musik an, die in der Küche eine fast häusliche Atmosphäre verbreitet. Danach hievt er ein großes Paket auf die Anrichte. Neugierige Blicke. Da kommt Feines per Post. Zutaten, bei denen einem gleich das Wasser im Munde zusammenläuft. Für mich geht es heute um das Saphir Menü, das aktuell angeboten wird. Gleichzeitig läuft vom Hamburger bis zum Burger das »normale Programm« in der Küche durch. Das Restaurant selbst, in dem wir uns einen schönen Platz suchen, ist gemütlich, ein bisschen wie gedämpft und offen zugleich. Durch eine kleine Scheibe kann man sogar von einer Tischgruppe in die Küche schauen, während das Essen genossen wird. Es ist ein Raum, in dem Träume wahr werden. Träume, die mit viel Aufwand und Kunstfertigkeit direkt nebenan geschmiedet worden sind. Im Saphir kann der Gourmet sich vom 3-Gang-Menü bis zum 7-Gang-Menü laben. Viel Zeit, ein persönlich umsorgender Service und erlesene Weine machen den Abend wirklich zu einem Erlebnis.


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Die Appetizer

Ich pendele zwischen Küche und Restaurant. Zunächst ein Gruß aus der heiligen Stätte. Während ich am frisch gebackenen Kartoffelbrot schnuppern darf, formt André Münch aus Butter feine Rosen. Für ihn sicher die leichteste Übung. Ich würde vermutlich hier bereits einige Mühe haben… Das knusprige, selbst gebackene Brot, ein wunderbar kräftiges Olivenöl, das mit frischen Kräutern versetzt ist. Dazu ein hausgemachtes Kräutersalz: Es sind immer die einfachsten Sachen, an denen sich Qualität messen lässt. Frische und ein pikanter Geschmack öffnen den Gaumen. Das Brot hat eine feine, offene Krume und eine gute Kruste. Während ich noch die ersten Fotos bei der Zubereitung schieße, wird im Hintergrund schon die »Steinzeit« zubereitet. Derweil bekomme ich eine Apfeltarte vom französischen Patissier Jean Baptiste Regnard zur Probe gereicht. Herrlich. Dann im Restaurant der Appetizer des Menüs. Der Stein mit dem Moos. André Münch hatte davon im letzten Jahr berichtet. Nun sehe und schmecke ich ihn live. Und in Farbe.


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Eintöpfe und Weinfragen

Das Thema »Steinzeit« ist verspielt aufgegriffen und wirkt trotzdem nicht artifiziell. Alles bleibt natürlich. Mit einem Knäckebrot kann man die Kräutercreme abschaben. Oder man streicht sie sich auf ein Stockbrot, das als Kontrast zum Knäcke herrlich saftig ist. Dazu gibt es Kressevariationen, die die Oberfläche optisch »moosig« machen und allerlei Anderes, das ich so schnell gar nicht ausmachen kann. Der nächste Gang: Eintopf ist Understatement. Der Untertitel: Vom Carabiniero mit Mango, Safran und Limoncello, zeigt schon eher, worum es hier geht. Carabinieros sind rote Riesengarnelen mit einem unglaublich intensiven Geschmack. Zusammen mit den fruchtigen Aromen von der Mango und dem hausgemachten Limoncello ist das ein »Eintopf«, der Begeisterung weckt. Leider muss ich heute mit dem Auto fahren. Denn ich denke die ganze Zeit darüber nach, welcher Wein wohl am besten passen würde. Die mineralisch, komplexen Noten eines Rieslings vielleicht? Oder mehr ein fruchtigerer Weißburgunder? Ich bin mir sicher, der sympathische Sommelier, der zwischendurch vorbeikommt, wüsste bestimmt Rat.


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Effekt und Wirkung

Vor dem Hauptgang, ein BBQ vom US-Herford Rind mit Mais, Grillkartoffeln und Schalotten geht es noch mal in die Küche. Dort wird gerade das Rinderfilet geschnitten. Das heißt, wie ich später feststelle, schneidet es sich vermutlich wohl von selbst. Denn es zergeht förmlich auf dem Gaumen. Das Besondere. Unter einer Glocke wird das Ganze gesmoket. Und vor den Augen des Gastes entweicht der aromatische Dampf dann, wenn die Glocke angehoben wird. Ein Spektakel sicherlich. Aber die feinen Rauchnoten zeigen eben auch, was das Verfahren bewirkt. Davor gab es übrigens ein Sorbet spezieller Art. Wie ein Espresso serviert, reichte André Münch eine Gemüseessenz, die sich bei 68 Grad mit viel Zeit und in Apfelsaft im Vakuumbeutel reduzierte. Dieses schonende Verfahren sorgt dafür, dass alle Farb- und Geschmacksstoffe aus den Zutaten gekitzelt werden. Vorher wurden Wurzelgemüse und Pilze bei 130 Grad im Ofen geröstetet. Das wiederum erzeugt die würzigen Noten, die fast ein bisschen an den wirklichen Espresso erinnerten. Nun kamen die Desserts, die schon allein ein Menü für sich wären. Zunächst die Pflaumen Streusel mit belgischer Schokolade, Pflaume, Streusel, Schlag in Texturen. Textur, das ist ein Begriff, der sonst in anderen Zusammenhängen benutzt wird.


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Texturen und Geschmackswelten

In der Gourmetküche muss man ihn einfach erleben. Und das geht bei diesem Dessert (zu dem ein Malvasia passen würde, finde ich) bestens. Zunge und Gaumen schmecken nicht nur. Sie lassen überdies die Struktur, die Beschaffenheit der Speise »erfühlen«. Hier sind es »crispige« Texturen, cremige, pudrige, fruchtig-frische. Dazu die Geschmacksnuancen, die sich auch bei der nächsten Kreation finden, wo die leichte Süße eines weißen Beizers mit der Frische der Himbeere harmoniert. Schließlich gibt es zum Schluss eine »Zigarre«. In süßer Form. Das Ganze ist schon eine Augenweide. In einem Humidor werden Pralinen gereicht aus zarter, knackiger Schokolade und einer leichten Creme, leckere Macarons, geeister Espresso und die zwei Zigarren, die wie ihre rauchenden Verwandten aussehen. Nur eben aus Schokolade mit einer himmlischen Schokoladencreme. Was da in der Küche von André Münch gezaubert wird, ist wie ein Musikstück, deren Sätze verschiedene Stimmungslagen erzeugen.


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Die besonderen Momente

So etwas ist in der Kategorie des Essengehens eine Besonderheit. Sicher nichts für »täglich«. Dazu sind auch die Eindrücke zu überwältigend. Man bezahlt dafür natürlich mehr als bei einem »normalen« Menü, was nicht unbedingt schlechter sein muss. Egal wie einfach ein Essen ist. Ob gut oder schlecht entscheiden am Ende nur die Zutaten und die Zubereitung. Aber Geschmackserlebnisse wie im Saphir sind jedoch am Ende differenzierter und reichhaltiger und eröffnen Eindrücke, an die man sich lange erinnern wird. Für den besonderen Moment sollte man sie sich aufsparen.


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