Nach einem anfänglichen Stottern greift es endlich epidemieartig um sich: das Fußballfieber. Aber keine Angst, es geht in der Kolumne nicht um das Sommermärchen, das auf dem Sprung ist, Deutschland zu erfassen. Es geht um eine andere Gruppe, die sich aus einem anderen Grund über Fußballgroßveranstaltungen freut, denn jetzt ist die perfekte Zeit für unliebsame Gesetze.
"Wenn nicht jetzt, wann dann", scheinen die Politiker lustig in den Fluren vor sich hin zu summen, während sie völlig unbemerkt von der Außenwelt alles machen können, was sie schon immer wollten. Klar, ein paar Reporter verirrten sich auch während eine Fußballweltmeisterschaft in das Reichstagsgebäude und berichten. Doch zwischen Wetterbericht für das nächste Public Viewing und den Vor- und Nachberichten der Spiele ist die Zeit in den Nachrichtensender begrenzt. Und der Fußballfan muss den Zeitpunkt der Bier-Wegbringpause natürlich auch noch taktisch planen. Da kann das eine oder andere Gesetz schon mal an der Öffentlichkeit vorbei entschieden werden.
Politische Tradition
"Das kann nicht sein, wichtige Entscheidungen würden wir mitbekommen!" - Ok, dann machen wir mal einen kleinen Test. An die Älteren von Ihnen: War die Mehrwertsteuer schon immer in der Höhe? Wenn nicht, wann wurde sie um wieviel erhöht?
Nun ehrlich, wer wusste noch - oder hatte überhaupt mitbekommen - dass während des Sommermärchens 2006 die Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent erhöht wurde? Oder 2010, als während der Weltmeisterschaft der Beitragssatz für die gesetzliche Krankenkassen von 14,9 auf 15,5 Prozent stieg.
Es geht schon wieder los
Was in der Vergangenheit funktionierte, führt auch bei der jetzigen Weltmeisterschaft zum Erfolg. Eine "kleine" Finanzspritze in Höhe von 25 Millionen Euro haben sich die Parteien bereits gegönnt und die Obergrenze der Parteienfinanzierung auf 190 Millionen Euro angehoben. Wie? Nicht mitbekommen?
Und auch auf Europäischer Ebene bahnt sich aktuell Böses an. Fast völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit nimmt das Horrorbild eines Upload-Filters immer stärker Formen an. Spätestens, wenn die beliebten Memes aus dem Internet verschwinden, wird jedem klar sein, dass auch während der Weltmeisterschaft 2018 das politische Geschehen nichtvollständig ignoriert werden sollte. ;)