Der Vier-Lindenwirt Wolfgang »Elvis« Haberkamm hat auf seiner Karte eine Rehterrine, die nach einem alten provenzalischen Familienrezept zubereitet wird. Ein besonderer Genuss.
Ihre Blätter sind herzförmig. Und schon die Minnesänger ließen sich vom Blütenduft der Linde berauschen. Sie priesen ihn als Baum der Liebe und Leidenschaft. Kein Wunder, dass es Tradition wurde, ihn vor Gast- und Wirtshäusern zu pflanzen. Wolfgang »Elvis« Haberkamm hat bei seiner Kultkneipe, Wirtshaus und Restaurant gleich vier Exemplare im Namen. Zu den Vier Linden ist eine Adresse, wo man der kulinarischen Leidenschaft frönen kann. Ich treffe den Kultwirt in seiner Wirkungsstätte. Nachdem wir vor einiger Zeit seine Rotwurstspezialität vorgestellt hatten, geht es jetzt um ein altes Familienrezept. Es ist Mittagszeit. Für Haberkamm die Zeit, um Logistisches für seine Vier Linden zu erledigen. Telefonate, Zulieferer, Küchenplanung. Aber der Szenewirt hat noch mehr Ideen und Impulse. Während die Rehterrine nach original südfranzösischem Rezept, um die es heute gehen soll, in der Küche zubereitet wird, erzählt er von seinen kulturellen und kulinarischen Aktivitäten. Man fragt sich immer, wo der Mann die Ideen hernimmt. Vielleicht sind es die ausgedehnten Spaziergänge im schönen Reitlingstal. Vielleicht seine Begegnungen mit den Gästen und interessanten Menschen. Vielleicht auch nur ein Geschenk, das dem Wirt und Entertainer in die Wiege gelegt wurde.
Provenzalische Leckerei
Jedenfalls ist »Elvis« Haberkamm auch bekennender Cineast. Braunschweig ist seit Längerem Filmstadt, und er ist nicht nur passionierter Filmkenner, sondern zudem Förderer. In diesem Jahr habe er sich entschlossen, einen Preis zu stiften, erzählt er. Passend zur Location sind das selbstverständlich die »Vier Linden«. Nebenbei berichtet er, dass sein Lokal überdies noch Drehort für kleine regionale Krimiproduktionen ist. »Das ist schon ganz schön spannend zu erleben, wie so etwas läuft«, meint er. Und natürlich ist er damit selbst zum Nebendarsteller geworden. Denn ein gutes Bier muss stilecht serviert werden. Auch vor der Kamera. Also übernimmt er diese Rolle. Schließlich war er kürzlich an einer Buchproduktion des Hauses der Kulturen beteiligt. In Braunschweigs »Kochbuch der Kulturen« tritt er als Gastkoch auf und stellt seine Rehterrine vor – ein altes provenzalisches Rezept von Josephine Bach (Jahrgang 1924) aus Saint-Pantaléon im Limousin. Gemeinsam mit dem Lindenkoch Hansgeorg Burhenn, der die Spezialität heute serviert, wurde es für die Linde neu interpretiert. Zusammen mit süßlichen Komponenten – ein hausgemachter Senf und Preiselbeeren – zergeht die Rehterrine auf der Zunge. Der typische Wildgeschmack ist von einer frischen Rosmarinnote begleitet. Thymian, Wacholderbeeren und Salbei verleihen dem Gericht die sehnsuchtsvolle provenzalische Note. Der frische Salat, Baguette und ein Gläschen trockener Rotwein runden dieses Essen zu einem kulinarischen Erlebnis ab.
Variatio delectat – Abwechslung erfreut!
Je nach Jahreszeit wird die klassische Rehterrine abgewandelt. Diesmal ist zum Beispiel eine Kaninchenterrine dabei. »Wir verarbeiten genauso Wildschwein und stimmen das Rezept dann neu ab«, verrät »Elvis« Haberkamm. Frische und Regionalität sind eben in den »Vier Linden« Programm. Es lohnt sich also, immer mal wieder nachzufragen und die hausgemachte Terrine neu zu probieren. Und wer sich einmal selbst heranwagen möchte, für den gibt der Lindenwirt auch das alte Familienrezept preis. Im bereits erwähnten Kochbuch »Weltgeschmack« und natürlich bei Kulinarisch38. Rehterrine für ca. 6 Pers. Nach einem alten provenzalischen Rezept von Josephine Bach (Jahrgang 1924)) aus Saint Pantaléon, Limousin, überarbeitet von Lindenkoch Hansgeorg Burhenn Zutaten: 475 g Rehfleisch ohne Knochen 1 Tl frischen Rosmarin 125 g Kalbsleber 1 Tl frischen Thymian 300 g fetten Speck (mild geräuchert) 1 Tl frischen Salbei 100 ml Sahne 1 Prise gem. Nelke 1 Eigelb 1 Prise gem. Piment 25 g Butter 1 Prise gem. Muskat 1 mittlere Zwiebel 25 ml Weinbrand 1 Knoblauchzehe 1 Lorbeerblatt Salz und Pfeffer aus der Mühle 40 g Walnüsse Zubereitung: 75g Rehfleisch und 75 g Kalbsleber in lange dünne Streifen schneiden. Zwiebel und Knoblauch in Würfel schneiden, Rosmarin, Thymian und Salbei fein hacken. 200 g fetten Speck in dünne Scheiben schneiden und die Terrinenform damit auslegen, so dass der Speck gut überlappt. Walnüsse grob zerstoßen. Das geschnittene Rehfleisch und die Kalbsleber in der Butter anbraten, mit Salz und Pfeffer leicht würzen und in eine Schale legen. Für die Marinade Zwiebeln und Knoblauch in die noch heiße Pfanne geben und anschwitzen, die frischen gehackten Kräuter dazu geben, durchschwenken und mit dem Weinbrand ablöschen. Die Marinade auf das angebratene Fleisch geben und zwei Stunden ziehen lassen. Das restliche Fleisch, Kalbsleber und 100 g fetten Speck in kleine Stücke schneiden, die Gewürze dazu tun und durchrühren. Das angebratene Fleisch und die Leber aus der Marinade nehmen und an die Seite legen. Die Marinade zu dem rohem Fleisch geben und vermengen, das ganze durch einen Wolf mit mittlerer Lochscheibe drehen. Ofen vorheizen auf 160° Sahne, Eigelb und die zerstoßenen Walnüsse in die Masse geben, gut vermengen und mit Salz und frisch gemahlenem Pfeffer abschmecken. Ein Drittel der Masse in die Terrinenform füllen und fest andrücken. Das gebratene Rehfleisch und die gebratene Kalbsleber je zur Hälfte darauf verteilen. Das zweite Drittel der Masse darüber verteilen und festdrücken. Darauf das restliche gebratene Fleisch legen und dann die letzte Schicht der Masse gut verstreichen. Das Lorbeerblatt in die Mitte der Terrine legen und mit dem überlappenden Speck zudecken. Die Terrinenform mit Alufolie gut abdecken. Die Terrineform in ein Wasserbad stellen und ca 60 Minuten im Ofen bei 160° garen. Die fertige Terrine auskühlen lassen und den Fond abgießen. Die kalte Terrine in Scheiben schneiden und mit frischen Blattsalaten in Balsamicovinaigrette, Preiselbeeren und Quittensenf anrichten. Dazu warmes Ciabatta reichen.