Die Welt der Düfte – Gedanken zum guten Essen

von Andreas Molau




Axel von Fliesteden beschäftigt sich heute mit der Welt der Düfte, mit Erinnerungen an vergangene Tage und dem Blick auf die Zukunft.


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Sie war eine meiner wichtigsten Bezugspersonen als Kind. Meine geliebte Oma Klara, die Mutter meiner Mutter. Meine übrigen Großeltern sind kurz vor oder nach meiner Geburt verstorben, sodass ich zu ihnen keine tiefe und langfristige Bindung aufbauen konnte. Auch deshalb wurde meine Großmutter für mich so ungemein bedeutungsvoll. Sie war schließlich meine einzige Oma und ich liebte sie sehr. Wir verstanden uns auch ohne große Worte, wurden einander nicht überdrüssig und verbrachten gerne Zeit miteinander. Schnell wurde ich zu ihrem Lieblingsenkel, der viele Wochenenden auf ihrer Couch im Wohnzimmer verbrachte und ich kümmerte mich noch um sie, als ich schon lange den Kindesbeinen entwachsen war. Bis zu jenem traurigen Tag im November vor 11 Jahren, als sie an den Folgen einer missglückten Operation verstarb...

Duft und Erinnerung

Neben den vielen schönen Erinnerungen an gemeinsame Spaziergänge zum Ententeich, den auf Plattdeutsch vorgesungenen Kinderliedern und den zahlreichen Anekdoten und Erzählungen über ihre geliebte norddeutsche Heimat sind mir vor allem noch die Gerüche ihrer selbst zubereiteten Speisen bestens in Erinnerung. Kein Wunder. Schließlich entstehen 90% aller Sinnesendrücke beim Essen in der Nase. Immer wenn ich mich jetzt an den herrlichen Duft ihres Zitronenkuchens, Baisers oder ihrer zu besonderen Familienfesten zubereiteten Hühnersuppe erinnere, sehe ich sie wieder vor mir. So als wäre sie nur eine kurze Fahrtstrecke von mir entfernt, mit einer Schürze in der kleinen Küche stehend und darauf wartend, dass ich ihr dabei helfe den Teig für das weihnachtliche Spritzgebäck in Form zu pressen. Manchmal genügt bereits ein ähnlicher Duft, der mir in die Nase steigt, um diese oder andere Erinnerungen deutlich aus dem Unterbewusstsein zutage treten zu lassen.


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Das Geheimnis des Geruchssinns

Jeder von uns hat sicherlich schon eine ähnliche Erfahrung gemacht. Der Geruchssinn zeichnet uns mit kräftigen Strichen immer wieder Bilder auf die Leinwand unseres geistigen Auges, nimmt uns bei der Hand und führt uns zurück in nahe oder auch entfernte Winkel des großen Palastes unserer Erinnerung. Selbst lange verloren geglaubte Erinnerungen an unsere Kindheit, die erste große Liebe, die ersten verstohlen ausgetauschten Zärtlichkeiten und Millionen andere Begebenheiten sind eng verknüpft mit unserem olfaktorischen System. Dieses liegt nicht zufällig neben der Amygdala, unter anderem dem Sitz unserer Emotionskontrolle, sowie dem Hippocampus, welcher unsere Erinnerungen koordiniert.

Geruchstraining bewahrt Erinnerungen


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Unser Autor Axel Reitz alias Axel von Fliesteden.[/image] Nutzen wir also die Möglichkeit, mittels Düften Erinnerungen zu bewahren! Der aromatische Geruch eines frisch gebrühten Kaffees am Morgen, lässt uns nicht nur besser in den Tag starten, sondern bewahrt uns zudem das Bild eines idyllischen Beisammenseins mit geliebten Menschen am Frühstückstisch. Das innen durchgängig rosa leuchtende Stück Rinderhüfte, aus dem köstlicher Fleischsaft austritt, mit köstlicher Knoblauchbutter gereicht, hilft dabei, bereits das Diner mit einer Angebeteten als solches unvergesslich werden zu lassen. Das vollmundige Bouquet eines schönen Rotweines mit leicht fruchtiger Note umschmeichelt nicht nur Nase und Gaumen, sondern trainiert auch unser Gehirn. Gutes Essen besitzt einen guten Geruch und dieser hilft uns dabei, sämtliche Sinneseindrücke zu bewahren. Ein weiterer Grund also auf geruchs- und geschmacksneutrale Fertiggerichte tunlichst zu verzichten. Gaumen, Nase und Verstand werden es uns danken! In diesem Sinne, Bon appétit! Ihr Axel von Fliesteden