Berlin. Die deutsche Industrie hat sich alarmiert über die geltenden Restriktionen Chinas beim Export von Seltenen Erden gezeigt. "Allein dadurch, dass alle Exportlizenzen nun neu genehmigt werden müssen und es einen temporären de-facto Exportstopp gegeben hat, erleben wir einen Rückstau bei den Genehmigungen neuer Exportlizenzen, der auf die Lieferketten bis heute nachwirkt", sagte Stefan Steinicke, Rohstoffexperte beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstagausgaben).
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) berichtete von ausbleibenden Lieferungen an deutsche Unternehmen: "Wir können berichten, dass deutsche Unternehmen im Zuge der chinesischen Exportrestriktionen ausbleibende Lieferungen von Seltenen Erden verzeichnen. Diese haben direkte Auswirkungen auf die regulären Geschäftstätigkeiten", teilte die DIHK den Funke-Zeitungen mit.
"Vor dem Hintergrund bereits bestehender handelspolitischer Spannungen - insbesondere im Zusammenhang mit US-amerikanischen Strafzöllen - droht die deutsche Wirtschaft zwischen geopolitischen Fronten aufgerieben zu werden", warnte die DIHK. Dabei sei für den Industriestandort Deutschland eine verlässliche Versorgung mit Rohstoffen von existenzieller Bedeutung. Zusammen mit den Außenhandelskammern in China arbeite man an einer schnellen Vergabe von Ausfuhrlizenzen und Lieferung der Rohstoffe nach Deutschland.
BDI-Rohstoffexperte Steinicke warnte vor den Folgen der derzeit geltenden Vorgaben, wonach Unternehmen "teilweise sensible Unternehmensdaten bereitstellen" müssten. So erhalte das chinesische Handelsministerium "granulare Einblicke in globale Lieferketten", so Steinicke. "Ein solches Wissen könnte in einem Konfliktszenario strategisch eingesetzt werden."
Auch das Institut der Deutschen Wirtschaft aus Köln (IW) kommt in einer Analyse, über die die Funke-Zeitungen berichten, zu dem Schluss, dass "Europa ist weiterhin vollständig vom Import Seltener Erden aus China abhängig und daher besonders erpressbar" ist. Einzelne Unternehmen könnten auf die Risiken kaum reagieren, schreibt IW-Ökonom Hubertus Bardt in seinem Papier. "Um politische Erpressbarkeit zu verhindern, muss in konkrete Rohstoffprojekte, Verarbeitung und Recycling investiert werden. Als Gegenleistung müsste zumindest im Konfliktfall ein faktisches Vorkaufsrecht geben", so Bardt.
Die Hälfte der Reserven an Seltenen Erden liege außerhalb Chinas, etwa in Brasilien, Indien oder Australien. Einen ähnlichen Ansatz verfolgen auch BDI und DIHK. Laut DIHK sei der beschleunigte Abschluss von Handelsabkommen eine Möglichkeit, die Abhängigkeiten zu reduzieren.
BDI-Rohstoffexperte Steinicke forderte einen "Dreiklang": "Wir müssen unsere Importe diversifizieren, die heimische Rohstoffwirtschaft stärken und die Recycling- und Kreislaufwirtschaft hochfahren." Der größte Hebel, um die Importabhängigkeit zu reduzieren, sei, Weiterverarbeitungsanlagen in Deutschland aufzubauen. Die EU solle zudem in eine europäische Magnetproduktion investieren. Zudem plädierte Steinicke für eine deutliche Erhöhung des Rohstofffonds. "Die Reduktion unserer Abhängigkeit bei Rohstoffen sollte uns mehr wert sein als eine Milliarde Euro."
Eine Sprecherin der EU-Kommission teilte den Funke-Zeitungen mit, dass man derzeit die Maßnahmen analysiere. Die Unternehmen würden zurecht befürchten, dass es einige Zeit dauern werde, bis man neue Lizenzen erhalte. Die Entscheidung Chinas unterstreiche daher die Notwendigkeit für die EU, ihre Lieferketten zu diversifizieren.
DIHK befürchtet gravierende Folgen chinesischer Lieferschranken
Die deutsche Industrie hat sich alarmiert über die geltenden Restriktionen Chinas beim Export von Seltenen Erden gezeigt.
Container (Archiv) | Foto: via dts Nachrichtenagentur