Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser. Die Polizei darf bei der Fußball-Europameisterschaft Farbe bekennen. Allerdings nicht die ihres Landes. Typisch Deutschland - bloß keinen Patriotismus zeigen.
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Ich hatte das Thema ja schon vor einer ganzen Weile angeschnitten. Wenn es darum geht, Flagge zu zeigen, beschränken sich die meisten Deutschen auf die Zeit von sportlichen Großereignissen. Dazwischen halten wird uns meist gerne zurück.
Farbe bekennen! Aber welche?
Doch nun steht genau die Zeit der jubelnden und Fahne schwenkenden Fußballfans vor der Tür - die EM im eigenen Land. Manch einer träumt bereits vom Titel der Deutschen Elf und davon, dass das Sommermärchen endlich wahr wird. Andere haben die Fahne schon gebügelt - bereit, sie am Haus aufzuhängen. Doch wer in Deutschland als Gesetzeshüter während des Turniers die Uniform überstreifen muss, der hat die gebügelte Flagge bitte zu Hause zu lassen. Typisch Deutschland, oder? Immer bedacht darauf, bloß niemandem auf die Füße zu treten.
Natürlich wäre Deutschland nicht Deutschland, wenn es nicht für alles eine ordentliche Erklärung gäbe. Das Verbot der Schwarz-Rot-Gold-Fahne wird damit begründet, dass die Polizei als neutraler Hüter der Ordnung auftreten muss. Und während andere Nationen ihre Flaggen stolz zur Schau stellen, drehen wir uns in einem Wirrwarr aus Regelungen und Vorschriften. Unsere Nachbarn stellen selbstbewusst und selbstverständlich ihre Landesfarben an der Uniform mit Inbrunst zu Schau, während wir hierzulande darüber diskutieren, ob ein Polizist überhaupt noch eine Flagge zeigen darf – und wenn ja, welche Farben sie haben darf.
Dieselbe Polizei, die in diesem Land für Recht und Ordnung sorgt, von diesem Land finanziert wird und bei Fußballspielen den Kopf hinhält, darf also Regenbogenfahnen tragen, Schwarz-Rot-Gold-Fahnen aber nicht schwingen. Denn die Regenbogenfahne ist nicht nur erlaubt, sondern fast schon erwünscht. Sie steht immerhin für Vielfalt, Toleranz und Inklusion. Allesamt nobel und unterstützenswert. Ich finde ja auch, dass die Regenbogenfahne ein wichtiges Symbol ist. Aber warum darf die nationale Flagge bei den Ordnungshütern nicht das gleiche Privileg genießen? Vielleicht, weil man wieder Angst hat, ZU patriotisch zu wirken. Gott bewahre, dass jemand denken könnte, wir seien einfach bloß stolz auf unser Land... Darf ich das überhaupt noch sagen?
Vielleicht sollte man die beiden Fahnen einfach kombinieren. Eine Schwarz-Rot-Gold-Regenbogenfahne wäre doch was! Das wäre dann ein Symbol von nationaler Identität und Vielfalt. Und es würde sicher für einige erstaunte Blicke sorgen, wenn die Polizisten mit solch einer hybriden Fahne durch die Straßen patrouillieren.
Einen schönen DONNERstag wünscht Ihnen
Ihre Anke Donner
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