Berlin. In den vergangenen beiden Jahren wurden in Deutschland mindestens 26 Personen Opfer eines versuchten oder vollendeten sogenannten Ehrenmords. Dies geht aus einer Untersuchung von Terre des Femmes vor, über die die "Welt am Sonntag" berichtet.
Die Frauenrechtsorganisation wertet darin Presseberichte über laufende Gerichtsverfahren und Urteile zu solchen Verbrechen aus. Von Anfang 2021 bis Ende 2022 gab es demnach 13 Todesopfer von Gewalt im Namen der Ehre, davon neun Frauen. Hinzu kommen weitere 13 Opfer eines versuchten Mordes, davon acht Männer. Die vermeintliche "Ehrverletzung" besteht in diesen Fällen regelmäßig in einem Verhalten, das gegen auferlegte Verhaltensnormen zur weiblichen Sexualität und sozialen Stellung der Frau verstößt.
Den Frauen wird dabei das Recht auf eine freie Lebensgestaltung abgesprochen. Durch dieses frauenfeindliche Denken können auch Männer Opfer werden, etwa neue, "nicht legitime" Partner oder Väter unehelicher Kinder. Elisabeth Gernhardt, Referentin für Gewalt im Namen der Ehre bei Terre des Femmes, sagte der "Welt am Sonntag": "Wir gehen von einer hohen Dunkelziffer aus, da viele der Betroffenen aus Angst schweigen oder nicht wissen, an wen sie sich wenden können." Viele seien zudem minderjährig und daher in besonderem Maße von ihren Familien abhängig.
Sogenannte Ehrenmorde seien "nur die Spitze des Eisberges", so Gernhardt weiter. "Mädchen und Frauen werden im Namen der Ehre unterdrückt, misshandelt und zwangsverheiratet." Die Vizevorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Andrea Lindholz, sagte: "Die kulturellen und religiösen Zusammenhänge müssen klar benannt werden. Diese unfassbaren Taten zeugen von einer völlig verfehlten Integration. Wer einem brutalen archaischen Ehrenkodex folgt, hat in Deutschland nichts zu suchen."
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