Eckert und Ziegler: Stadt schließt Erweiterungen aus, Gegnern reicht das nicht

von Christina Balder




Braunschweig. Ein Restrisiko bleibt, befinden die Gutachter zum Umgang mit radioaktiven Stoffen in dem Gewerbegebiet Harxbütteler Straße in Thune. Der Entwurf der gutachterlichen Stellungnahme über das Restrisiko liegt der Stadtverwaltung jetzt vor.  „Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass es auch bei Einhaltung aller gesetzlichen Grenzwerte ein verbleibendes Restrisiko gibt, das nicht von vornherein als irrelevant abgetan werden kann“, fasst Stadtbaurat Heinz-Georg Leuer den vom Freiburger Öko-Institut e. V. verfassten Entwurf zusammen. „Dem soll der künftige Bebauungsplan Rechnung tragen, indem er aus Gründen der Vorsorge weitere Betriebe oder Anlagen, die mit radioaktiven Stoffen umgehen, ausschließt.“ Auch Erweiterungen von Anlagen kämen danach nicht mehr in Frage. Gegnern genügt das nicht.

Anwohner in Thune sorgen sich schon länger wegen der radioaktiven Substanzen, die auf dem Gewerbegebiet an der Harxbütteler Straße verarbeitet werden. Besonders die Firma Eckert und Ziegler, die unter anderem strahlende Abfälle aufarbeitet, ist ihnen ein Dorn im Auge. Als Bürgerinitiative Strahlenschutz (BISS e.V.) kämpfen sie gegen eine Erweiterung des Betriebs und einen Hallenneubau und setzen sich dafür ein, dass das Gelände langfristig zu einem Wohngebiet wird. Mindestens der Erhalt des Status Quo ist aber das Ziel des Vereins.

Die Ergebnisse des Gutachtens sind nun in derzeitigen Fassungen der Pläne der Stadt eingeflossen - sowohl die zur Änderung des Flächennutzungsplans als auch die für den Bebauungsplan für das Industriegebiet Thune, dessen Aufstellung der Rat beschlossen hatte. Im Aufstellungsverfahren werden die Planunterlagen jetzt den zuständigen Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange zur Stellungnahme übersandt. „Wegen des erheblichen öffentlichen Interesses an diesem Thema haben wir uns entschlossen, zu diesem frühen Zeitpunkt über den Stand des Verfahrens und den Inhalt des Gutachtenentwurfs zu informieren“, sagte Leuer. Eine Verpflichtung dazu bestehe bei diesem Stand des Verfahrens nicht.

Es sollen keine neuen Anlagen mehr dazukommen, die der Strahlenschutzverordnung unterliegen


„Um ihrem Vorsorgeauftrag über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehend Rechnung zu tragen, beabsichtigt die Stadt, im Bebauungsplan zukünftig Anlagen auszuschließen, die den Bestimmungen der Strahlenschutzverordnung unterliegen“, sagt Leuer und verweist auf den Ratsbeschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplans für das derzeitige Industriegebiet in Thune, um Abfallbehandlungsanlagen an diesem Standort neu zu regeln. Der Bebauungsplan hat das Ziel, unter Berücksichtigung des Bestandsschutzes bestimmte gewerbliche Nutzungen auszuschließen. Außerdem soll er die Fläche, die in den alten Plänen für gewerbliche und industrielle Zwecke vorgesehen ist, deutlich reduzieren. Für die verbleibenden Gewerbeflächen werden darüber hinaus weitere Regeln getroffen, die das Nebeneinander von Wohn- und Gewerbenutzung verträglicher gestalten sollen. Betroffen ist davon zum Beispiel der Lärmschutz. Auch Betriebe wie Speditionen, die den Straßenverkehr deutlich verstärken würden, sollen ausgeschlossen werden.

"BISS" bemängelt, dass trotz Risiko alles bleiben soll wie gehabt


Die Stadt hat bei ihren Plänen aber auch im Blick gehabt, was die Unternehmen auf dem Gelände für Bedürfnisse haben. So bestehe weiterhin Bestandsschutz, was bereits erteilte Genehmigungen betrifft. Wenn ein Unternehmen seine Anlagen außerdem so ändern oder erneuern will, dass der Immissionsschutz verbessert wird oder die Anlagen im Sinne der Strahlenschutzverordnung sicherer gemacht werden, soll es das dürfen, beschied die Stadt. Allerdings gibt es eine Einschränkung: Die Produktion oder Kapazität der Anlage darf damit nicht erweitert werden. "So kann aus Sicht der Stadt ein angemessener Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen gefunden werden", heißt es in einer Pressemitteilung.


Peter Meyer, der 2. Vorsitzende von BISS, zeigt sich überrascht, dass das Gutachten von einem "nicht irrelevanten Restrisiko" spricht. Der Verein hatte bereits bemängelt, dass das Gutachten nicht vollständig sein könne. Dass es trotzdem so deutlich ist, erstaunt Meyer. Umso irritierter sei er aber, dass die Stadt den Bestand erhalten wolle. "Die vorhandenen Risiken werden also nicht verringert, es wird de facto gar nichts getan", beklagt er. "Das kann aus unserer Sicht nicht sein." Man wolle die Bedenken bezüglich des Gutachtens der Stadt auch noch einmal vortragen.


Zum weiteren Verfahren:

Mit Ausgabe der Planunterlagen wird die Stadt die Vertreter der Unternehmen und der Bürgerinitiative zu Gesprächen einladen, um den Betroffenen und Interessierten die Planinhalte im Einzelnen vorzustellen.

Die von Behörden und Trägern öffentlicher Belange wie Gewerbeaufsichtsamt und Landesumweltministerium eingehenden Stellungnahmen wird die Verwaltung auswerten und die Planung anpassen, wenn nötig. Noch im Herbst soll dann der Verwaltungsausschuss beschließen, ob die Öffentlichkeit bei der Änderung des Flächennutzungsplans und dem Bebauungsplan „Gieselweg/ Harxbütteler Straße“ beteiligt wird. Dann hat jede Bürgerin und jeder Bürger die Gelegenheit, über die Dauer eines Monats Stellungnahmen zur Planung abzugeben. In der Sitzung des Planungs- und Umweltausschusses am 17. September 2014 wird der Gutachter seine Ergebnisse vorstellen.