Ein Holzfällersteak im Pfannenrestaurant Anders

von Andreas Molau




Rituale müssen gepflegt werden. Für meinen Freund Paul und mich ist das ein Holzfällersteak im Pfannenrestaurant Anders.


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Es gibt viele Rituale. Der Ritus war in der römischen Antike eigentlich eine religiöse Regel. Der Begriff ist sozusagen schnurstracks in die deutsche Sprache eingewandert und meint dort so viel wie Sitte oder Gewohnheit. Beim Essen sind solche Rituale eine feine Sache. Beim ersten Frost freue ich mich auf deftigen Braunkohl. Im November pflege ich Soleier einzulegen. Im Frühjahr wird der erste Spargel zelebriert. Und wenn ich mit meinem Freund Paul in die Kneipe gehe, dann essen wir ein Holzfällersteak. Nicht dass wir entsprechende Körperertüchtigung hinter uns hätten. Paul lehrt Interessierten in seiner Schule den Gebrauch der englischen Sprache. Ich traktiere die Tastatur meines iMacs. Bei beiden Tätigkeiten muss man wohl dicke Bretter bohren. Aber Körperertüchtigung sieht anders aus. Gut. Paul läuft Halbmarathon. Ich gehe immerhin regelmäßig mit dem Hund. Wie dem auch sei. Das Holzfällersteak ist Ritual. Und beim Anders – meiner Lieblingskneipe – verdrehen die geduldigen Servicekräfte schon (allerdings freundlich) die Augen, wenn wir »ganz überraschend« das gewünschte bestellen.


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Mehr als eine Kneipe

Das heißt. Kneipe ist beim Anders wahrlich nicht der richtige Ausdruck. Man kann sich hier ganz gemütlich nur auf ein oder zwei gepflegte Biere treffen. Aber der Untertitel »Pfannenrestaurant« ist absolut nicht übertrieben. Ob Rumpsteak oder Gans zur Weihnachtszeit (auch so ein Ritual): Im Anders schmeckt alles. Die Qualität eines Restaurants mit einer nicht so überladenden Speisekarte (man kann einfach nur eine Currywurst oder ein Backcamembert essen) korrespondiert mit der Gemütlichkeit einer guten Kneipe, bei der die Servicekräfte schon wissen, dass es ein kleines schickes Wolters zur Begrüßung sein darf. Man muss sich nicht groß erklären. Ein Stück Heimat also. Das Holzfällersteak ist so, wie man sich das wünscht. Zarte Nackensteaks und zünftige Bratkartoffeln mit ordentlich Zwiebeln. Dazu ein knackiger feiner Beilagensalat. Serviert in der stilvollen Pfanne. Einmal sind wir fremdgegangen und wurden unter dem gleichen Namen des Gerichts herb enttäuscht. Da schwammen die zähen Nackensteaks in Fett und die Bratkartoffeln waren labberig. ANZEIGE So ein kleiner Seitensprung tut einer echten Liebe nicht weh. Und deshalb freue ich mich auf das nächste frisch gezapfte Bierchen mit Paul. Natürlich mit einem Holzfällersteak im Anders. Denn Rituale müssen gepflegt werden.


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