Region. Nach wochenlangen Verhandlungen zwischen Volkswagen und der IG Metall konnte endlich eine Tarifeinigung erzielt werden. Die Nachricht sorgt auch in unserer Region bei den Beschäftigten der Werke in Salzgitter, Braunschweig und Wolfsburg für Erleichterung. Im Fokus der Gespräche standen Themen wie die Lohnanpassung, die Zukunft der Standorte sowie die Arbeitsplatzsicherung.
Betriebsbedingte Kündigungen seien bis Ende 2030 ausgeschlossen, hieß es in einer Mitteilung. Sollte nach Auslauf keine Anschlussregelung vereinbart werden, müsse das Unternehmen eine Milliarde Euro an die Beschäftigten ausschütten.
Die im Flächentarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie vorgesehene Erhöhung von gut fünf Prozent für die Beschäftigten wird bei Volkswagen allerdings zunächst ausgesetzt. "Damit üben sich Beschäftigte in einem temporären Verzicht, verhindern damit aber gemeinsam den Kahlschlag an den VW-Standorten und helfen sich solidarisch gegenseitig", hieß es von der IG Metall.
2026 und 2027 entfällt zudem vollständig die Mai-Zahlung der Ergebnisbeteiligung, in den Folgejahren ab 2028 wird sie nur reduziert ausgezahlt, bis die Beschäftigten für das Geschäftsjahr 2030 wieder die volle Ergebnisbeteiligung erhalten sollen. Das bisher gezahlte erhöhte Urlaubsentgelt (rund 1.290 Euro) entfällt ebenfalls, dafür soll es ab 2027 einen Bonus für Mitglieder der IG Metall geben, der zunächst 254 Euro betragen und bis auf 1.271 Euro ab 2030 steigen soll.
Ein weiterer zentraler Punkt der Verhandlungen war die Zukunft der Standorte. Es wurde beschlossen, dass es vorerst keine Werksschließungen geben wird. Stattdessen sollen umfangreiche Investitionen in die Modernisierung und Transformation der Werke fließen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Besonders das Werk in Salzgitter soll von diesen Maßnahmen profitieren: Dort ist geplant, die Batteriezellenfertigung auszubauen und langfristig neue Arbeitsplätze zu schaffen.
Unstimmigkeiten und offene Fragen
Trotz der Einigung gibt es weiterhin Diskussionsbedarf. So ist die konkrete Umsetzung der Investitionspläne noch unklar. Die IG Metall fordert verbindliche Zusagen und Zeitpläne, während Volkswagen betont, dass die Planungen vom globalen Marktumfeld abhängen. Auch das Thema der Leiharbeiter wurde nur am Rande behandelt: Während die Gewerkschaft auf eine dauerhafte Übernahme drängt, bleibt Volkswagen hier vage.
Reaktionen aus der Region
Die Einigung wurde in der Region Braunschweig positiv aufgenommen. Besonders in Wolfsburg, dem Stammwerk des Konzerns, war die Unsicherheit spürbar. „Es ist ein wichtiges Signal an die Belegschaft und die Region, dass die Standorte erhalten bleiben“, sagte ein Vertreter der IG Metall.
Auch die Politik zeigte sich erleichtert. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil betonte, dass die Einigung nicht nur den Beschäftigten zugutekomme, sondern auch ein positives Signal für die Wirtschaft im Land sei.
Ein versöhnliches Jahresende
Mit der Tarifeinigung kehrt nun vor Weihnachten Ruhe bei Volkswagen ein. Die Beschäftigten können aufatmen, da Werksschließungen vom Tisch sind und Investitionen in die Zukunft der Standorte fließen sollen. Dennoch bleibt abzuwarten, wie die offenen Punkte im kommenden Jahr gelöst werden. Klar ist: Die Transformation der Automobilindustrie wird weiterhin intensive Verhandlungen erfordern.
Plan für Werksbelegung der VW-Standorte
IG Metall, Gesamtbetriebsrat und die Volkswagen AG haben sich im Zusammenhang mit den Tarifverhandlungen auf einen Fahrplan für die Werksbelegung verständigt. Dieser sieht laut IG Metall folgende Maßnahmen für die einzelnen Standorte vor:
Wolfsburg wird umgebaut und ist ab 2029 bereit für mehrere SSP-Flaggschiffe rund um den ID.Golf. Basis dafür ist der „Game-Changer“-Ansatz, der Ende des Jahrzehnts komplett neue Konzepte wie Großguss in die Fertigung bringt. Um Platz dafür zu schaffen, geht der Golf an einen anderen Standort. Aus Zwickau kommen ID.3 und Cupra born an die Montagelinie 1. Eine mögliche Produktions-Drehscheibe mit Zwickau bleibt erhalten. Tiguan und Tayron bleiben, so wie auch die Gelenkwelle.
Braunschweig: In der Löwenstadt sind Zukunftsthemen aus der SSP-Familie veranschlagt: Hilfsrahmen, Lenkung („Steer by Wire“) sowie die erste Scheibe der Batteriesystemmontage. Zudem steuert Braunschweig auch zukünftig die Modulmontage-Standorte für Fahrwerke und Achssysteme.
Salzgitter: Der zweite Zellblock (CP2) wird nicht mehr in Frage gestellt. Spätestens in der Planungsrunde 74 (im Jahr 2026) wird der Zeitpunkt entschieden – und der späteste SOP wird bestimmt vom Auslauf der Motoren. Sollte sich der Hochlauf der E-Mobilität verzögern, gibt es bei Bedarf erhöhtes Volumen vom EA211 zur Beschäftigungssicherung.
Chemnitz: Keine Änderungen: Chemnitz ist für die nächsten Jahre gut positioniert. Der Zukunftspfad ist bestätigt. Auf ein langfristiges Konzept für 2035 wird hingearbeitet. Wie Dresden und Zwickau auch, ist Chemnitz bereits ab 2026 im VW-Haustarif.
Dresden: Ende 2025 endet die Fahrzeugfertigung. Bisher hatte die Gläserne Manufaktur (GMD) als Teil der Erlebniswelt ID.3-Fahrzeuge aus Zwickau endmontiert (zuletzt etwa 6000 Stück pro Jahr). Für die Zeit ab 2026 wird nun ein alternatives Gesamtkonzept erarbeitet. Fest steht dafür bereits: Die Volkswagen AG wird auch in Zukunft mit eigenen Aktivitäten am Standort präsent sein.
Emden: ID.7 und ID.7 Tourer bleiben. Zusätzlich kommt ab 2026 das Komplettvolumen des neuen ID.4- ReSkin. Zweischicht ist so abgesichert, was zusammen mit der Beschäftigungssicherung Verlässlichkeit für Region und VW-Familien bedeutet. Zudem ist geregelt, dass ein weiteres Modell 2027 entschieden wird.
Hannover: ID. Buzz und T7 Multivan bleiben – somit sind die Verlagerungspläne des Vorstands abgewehrt. Die Space-Familie kommt. Die Transformation der Komponente läuft weiter wie verabredet.
Kassel: Die Zusagen für weitere E-Antriebe inklusive Pulswechselrichter (SSP-Plattform) stehen. Auch die Auslastung der Warmumformung und der Gießerei (inklusive Kompetenzcenter Großguss) ist gesichert.
Osnabrück: Das T-Roc-Cabrio läuft länger als bisher veranschlagt: nämlich bis Spätsommer 2027. Darüber hinaus ist es Ziel, eine wirtschaftliche Zukunftsperspektive für den Standort zu entwickeln.
Zwickau bleibt Elektromobilitätsstandort mit dem Audi Q4 e-tron und entsprechenden Produktaufwertungen. Es entsteht eine mögliche Drehscheibe mit Wolfsburg. Zudem entsteht Kapazität, um erneut Pionier im Konzern zu sein: diesmal für den Einstieg in die Kreislaufwirtschaft („Circular Economy“ – ein Trend zu Recycling-Themen entlang der gesamten automobilen Wertschöpfungskette). Und: VW Sachsen geht 2026 (statt 2027) in den VW-Haustarif.
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