Elf Wachleute aus NS-Zeit im Fokus der Justizbehörden

Bundesweit wird momentan gegen elf Wachleute aus Konzentrationslagern und Kriegsgefangenenlagern ermittelt.

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Symbolbild.
Symbolbild. | Foto: Über dts Nachrichtenagentur

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Bundesweit wird momentan gegen elf Wachleute aus Konzentrationslagern und Kriegsgefangenenlagern ermittelt. Das zeigt eine Recherche der "Welt" bei der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen sowie bei verschiedenen Staatsanwaltschaften.



Acht NS-Verfahren sind derzeit bei Staatsanwaltschaften anhängig. Die Beschuldigten sind zwischen 96 und 99 Jahre alt. In allen Fällen geht es um Beihilfe zum Mord. Anklagen wurden bislang nicht erhoben.

Auch in Niedersachsen wird ermittelt


So ermittelt die Staatsanwaltschaft Erfurt gegen einen früheren Wachmann des Konzentrationslagers Buchenwald, die Staatsanwaltschaft Hamburg gegen einen früheren Wachmann des KZ Neuengamme, die Staatsanwaltschaft Neuruppin gegen einen früheren Wachmann des KZ Sachsenhausen und die Staatsanwaltschaft Neuruppin gegen einen früheren Wachmann und eine frühere Wachfrau des KZ Ravensbrück.

Bei der Staatsanwaltschaft Berlin ist außerdem ein Verfahren gegen einen früheren Wachmann des Kriegsgefangenlagers Stalag 365 Wladimir-Wolynsk anhängig, bei der Staatsanwaltschaft Dortmund gegen einen früheren Wachmann des Kriegsgefangenlagers Stalag 358 Shitomir sowie bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle gegen einen früheren Wachmann des Kriegsgefangenlagers Stalag I B Hohenstein.

Verfahren wurden erstmals abgegeben


Es sind die ersten Verfahren gegen Wachleute aus Kriegsgefangenenlagern, die von der Zentralen Stelle an Staatsanwaltschaften abgegeben wurden. Hintergrund ist, dass sich die Rechtsprechung zu Verfahren gegen Wachleute aus Konzentrationslagern wegen Beihilfe zum Mord in den vergangenen Jahren konsolidiert hat.

Seit etwa zwei Jahren war die Zentrale Stelle dazu übergangenen, auch Personal von Kriegsgefangenenlagern zu überprüfen. Oberstaatsanwalt Thomas Will, Leiter der Zentralen Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen, hält die Übertragung der Rechtsprechung auf die Kriegsgefangenenlager für eine "logische und richtige" Weiterentwicklung. "Die in der Regel sowjetischen Kriegsgefangenen lebten auch im Rahmen einer systematischen Ermordung durch die Schaffung und Aufrechterhaltung lebensfeindlicher Verhältnisse", sagte er der "Welt". Man sei gespannt, wie die Staatsanwaltschaften und Gerichte damit umgehen.

Hinzu kommen drei Vorermittlungsverfahren, die bei der Zentralen Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen geführt werden: eines zum Konzentrationslager Groß-Rosen, eines zum Konzentrationslager Mittelbau-Dora und eines zum Kriegsgefangenenlager Stalag III C Alt-Drewitz. "Bei den sich noch im Hause befindlichen Vorermittlungen haben wir die Betroffenen zwar als lebend ermittelt, aber noch keine genaueren Informationen über Dienstzeiten und ausgeführte Funktionen", so Will.


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